Vermeintlich gibt es im Sport keinen Platz für Fehler. Diese werden selten verziehen und enden meist in einer Niederlage. Die Angst, Fehler zu machen, schwingt somit die ganze Zeit latent mit. Sie zeigt sich nicht nur in Aussagen von Athletinnen und Athleten, sondern ist auch bei uns Zuschauern zu finden. Wie oft sass ich schon vor dem Fernsehen und dachte: „Gleich die Zielkurve: jetzt bloss keinen Fehler machen!“
Zum Thema: Der Weg von der Fehlervermeidung, hin zum erfolgreichen Handeln
Fehler zu machen gehört zum Leben. Sie sind notwendig, um das Lernen voranzutreiben. Doch was ist überhaupt ein Fehler? Umgangssprachlich verstehen wir unter einem Fehler die Abweichung vom Richtigen. Gerade im Sport ist oft „das Richtige“ schwierig zu definieren. Denn die Konsequenzen sind nicht immer zeitnah auszumachen. Während bei einem Tennis-Service ein Doppelfehler direkten Einfluss auf den Spielstand hat, können die negativen Auswirkungen einer falschen Trainingsplanung erst während der Saison ersichtlich werden.
Im Sport ist vieles auf Fehlervermeidung ausgelegt. In den meisten Sportarten basieren die Selektionsprozesse auf Ausschlusskriterien. Wer bestimmte Zielwerte nicht erreicht, scheidet aus. Aufnahmekriterien gibt es selten. Diese negative Haltung zu Fehlern setzt sich in den täglichen Trainingseinheiten fort. Bei Fehlern wird öfters sanktioniert als bei Erfolgen gelobt.
Leistungssteigerung in einer Fehlerkultur?
Viele Trainerinnen und Trainer sehen ihre Aufgabe, ja sogar die Legitimation ihrer Arbeit, im Aufdecken und Aufmerksammachen von Fehlern. Sie sind der Meinung, dass man nur dadurch Leistungssteigerung erreichen kann. Keine Frage, die richtigen Konsequenzen aus Fehlern ziehen zu können, ist unter Umständen sehr wichtig. Hinzu kommt, dass die Auseinandersetzung mit Fehlern zum richtigen Zeitpunkt geschehen muss.
Was ist die Wirkung dieser negativen Gesamthaltung? Wenn es keinen Platz für Fehler gibt, werden Lernprozesse eingeschränkt und die Entfaltung der Kreativität gehindert. Zudem wird bereits im frühen Kindesalter dafür gesorgt, dass sich anstatt eines gesunden Mutes, eine schleichende Versagensangst ausbildet. Ideen und kreative Lösungen werden nicht mehr ausgelebt, da sie auf Missgunst und negative Sanktionen treffen könnten.
Es lebe die Kreativität!
Da das Training von Wiederholungen der Übungen gekennzeichnet ist, sind somit auch unzählige Fehler möglich. Werden die Fehler ins Zentrum gerückt und dadurch allgegenwärtig gemacht, leidet darunter auch das Selbstwertgefühl. Keine Aufgabe erscheint mehr fehlerfrei machbar. Wie lässt sich aber gegensteuern?
Aus meiner Sicht geht es darum, das Augenmerk hin zum Erfolg zu richten. Somit ist die Hauptaufgabe des Trainings, seine mentalen und physischen Fertigkeiten zu verbessern. Im Fokus des Trainings sollte deshalb das Lösen von Aufgaben stehen. Denn ein Vermeiden eines Fehlers bedeutet nicht zwangsläufig ein erfolgreiches Handeln. Wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen, bleibt schlussendlich eine Handlung gänzlich aus. Es geht deshalb nicht um das Vermeiden von Fehlern, sondern vielmehr um das Kreieren neuer Lösungsstrategien, oder das Stärken bestehender erfolgreicher Handlungsmuster. Durch die permanente Auseinandersetzung mit dem Positiven werden zum einen physische, taktische und technische Fertigkeiten gefestigt und und zum anderen psychische Komponenten, wie Selbstvertrauen und positive Selbstsuggestion gestärkt. In der Umsetzung bedeutet dies, dass ein möglichst grosser Spielraum für kreative Strategien geschaffen, individuelle Lösungen zugelassen und Ängste, zwischendurch zu scheitern, abgebaut werden. Und somit im Sinne des Titels: In Fehler zu denken, verboten!
https://www.die-sportpsychologen.de/2017/02/07/cristina-baldasarre-fehler-und-zweifel-abhaken/
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