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Florian Reus über die Angst vor dem Glücksgefühl

Florian Reus ist zwar mit 30 Jahren noch relativ jung für die ganz langen Ultraläufe. Dennoch hat der Sport- und Soziologiestudent schon jetzt die meisten Einzelmedaillen für den Deutschen Leichtathletik-Verband bei internationalen Meisterschaften in den Ultramarathon-Disziplinen sammeln können. Motiviert durch die Faszination für große Ziele und dem damit verbundenen Vorbereitungsaufwand hat er sich insbesondere auf den 24-h-Lauf beziehungsweise auf Distanzen mit einer ähnlichen Zeitspanne spezialisiert. Dementsprechend wird der für die LG Würzburg startende Wahlhesse auch bei der 32. Auflage des Spartathlons, welcher Ende September über 246 Kilometer von Athen nach Sparta führt, an der Startlinie stehen.

Für die-sportpsychologen.de berichtet:

Florian Reus

Florian Reus ist seit 2010 Mitglied der Ultramarathon-Nationalmannschaft des Deutschen Leichtathletik-Verbands (aktuell A-Kader) und war Sportler des Jahres der Deutschen Ultramarathon-Vereinigung 2013, 2012 und 2007.

Seine größten Erfolge: Vize-Weltmeister und Europameister im 24-Stunden-Lauf 2012 in Katowice (Polen) über 261,7km, Europameister und 3. Platz der Weltmeisterschaft im 24-Stunden-Lauf 2013 in Steenbergen (Niederlande) über 259,9km, 2. Platz beim Spartathlon 2013 – 246 Kilometer von Athen nach Sparta; 4 x Deutscher Meister im 24-Stunden-Lauf (Rekordmeister): 2012 in Stadtoldendorf über 255,4km , 2011 in Reichenbach/Vogtland über 246,3km, 2007 in Scharnebeck über 233,1km, 2006 in Reichenbach/Vogtland über 205,3km

 

Florian Reus, welche Rolle spielt die Psyche bei einem Wettkampf wie dem Spartathlon?

Dadurch, dass es bei solch einer langen Wettkampfdistanz praktisch unmöglich ist, ohne das Auftreten von Problemen und Krisen durchzulaufen, kommt der Psyche eine enorme Bedeutung zu. Genauso wie bei meiner Hauptdisziplin, dem 24-h-Lauf, habe ich natürlich auch beim Spartathlon den Anspruch an mich, eine der ersten Platzierungen zu belegen. Um dies zu realisieren, darf man sich aber praktisch keine Schwächeperioden, die mit größeren Zeitverlusten einhergehen, leisten. Dementsprechend ist es bei solchen Wettkämpfen immer mein Ziel, komplett ohne Sitzpausen oder Ähnlichem durchzulaufen. Dies stellt mental natürlich eine riesige Herausforderung dar, da in Schwächeperioden das Bedürfnis, das Laufen zu unterbrechen, fast grenzenlos ist. Vor allem in den einsamen Nachtstunden, in denen das vordere Läuferfeld beim Spartathlon weit auseinander gezogen ist und auch selbst in Griechenland die Temperaturen recht unangenehm werden können, ist mentale Stärke Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Ergebnis.

Wie bereitest Du dich mental auf diesen Wettkampf vor?

Das wichtigste in meiner mentalen Vorbereitung ist die Tatsache, dass ich mich gedanklich sehr stark mit dem jeweiligen Wettkampf auseinandersetze. Dabei versuche ich mich immer ein Stück weit in den Lauf hineinzuversetzen. Das sind zum einen Vorstellungen über ein erfolgreiches Abschneiden und den damit verbundenen Emotionen. Dies geschieht oft auch ganz unbewusst während einer lockeren Trainingseinheit, manchmal auch mit solch einem intensiven Nachspüren, dass die Herzfrequenzanzeige auf meiner Trainingsuhr förmlich in die Höhe schießt. Meist kann man in der letzten Woche vor einem wichtigen Wettkampf mit mir nicht mehr wirklich viel anfangen, da meine Gedanken ständig bei der bevorstehenden Aufgabe sind. In dieser Phase versuche ich mich dann aber auch ganz bewusst in die zu erwartenden Problemsituationen hineinzuversetzen. Meist ist es ja so, dass man mit etwas zeitlichem Abstand nach einem harten Wettkampf vergisst, welche Strapazen mit dem erfolgreichen Abschneiden verbunden waren. Stattdessen bleiben meist vor allem die schönen Erinnerungen erhalten. Dementsprechend versuche ich mich möglichst intensiv all die mit Sicherheit auftretenden Strapazen und auch Schmerzen vorzustellen. Nur durch die intensive Auseinandersetzung mit all diesen Begleiterscheinungen gelingt es mir, gerade in der Schlussphase eines langen Wettkampfes an die Schmerzgrenze zu gehen. An dieser Stelle muss ich auch dazu sagen, dass ich es in den Tagen vor dem Wettkampf vermeiden möchte, ausschließlich positive Stimmungen hinsichtlich des Wettkampfes aufkommen zu lassen. Dies mag vielleicht auf den ersten Blick etwas absurd klingen, jedoch habe ich meine besten Leistungen immer dann erbracht, wenn ich vor dem Wettkampf und den damit verbundenen Strapazen eine ganz gehörige Portion „Angst“ hatte. Das ging manchmal sogar soweit, dass ich nachts vor wichtigen Läufen nur sehr wenige Stunden geschlafen habe. Die Vorfreude ergibt sich stattdessen meist durch die große Spannung auf das zu erwartende Ergebnis von selbst.

Wenn es unterwegs beginnt schwer zu werden und weh zu tun – Wie gehst Du damit um?

Mein Ziel ist es, alle auftretenden Ereignisse im Wettkampf mit möglichst stoischer Ruhe hinzunehmen. Dies bezieht sich während des Wettkampfes im Übrigen auch auf die Vermeidung von übermäßigen Glücksgefühlen, da ich es auch schon erlebt habe, nach einem Hochgefühl wenige Stunden später in ein umso größeres Loch zu fallen. Ich glaube, dass mir heute in schwierigen Phasen meine Erfahrungen, die ich in mittlerweile etwa 15 Läufen mit einer Größenordnung von 24 oder mehr Stunden gesammelt habe, zu Gute kommen. Manchmal hat man schon nach der Hälfte des Rennens eine schwere Krise zu bewältigen. In solchen Momenten fällt es unwahrscheinlich schwer, den Glauben an ein gutes Endergebnis aufrechtzuerhalten. Stattdessen fällt man leicht in eine Stimmung der Resignation, bei der man sich den weiteren Rennverlauf als ständige Abwärtsspirale vorstellt, nach dem Motto: „Wenn ich jetzt schon keine vernünftige Geschwindigkeit mehr laufen kann, wird das mit noch mehr Kilometern in den Beinen nur noch schlimmer sein“. In solchen Situationen können mir auch Aufmunterungen von Betreuern, Mitläufern oder Zuschauern kaum helfen. Dementsprechend habe ich in der Anfangszeit meiner Ultramarathonkarriere auch mal den einen oder anderen Lauf vorzeitig abgebrochen, da ich es mir einfach nicht mehr vorstellen konnte, noch ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen und deshalb keinen Sinn mehr in der Quälerei sah. Heute hab ich auf Grund meiner selbst gemachten Erfahrungen das Wissen, dass man durchaus auch nach frühzeitigen Problemen wieder in das Rennen zurück finden kann. So versuche ich, in solchen Situation Ruhe zu bewahren und mich gedanklich genau auf diese erlebten Erfahrungen zu berufen. Außerdem stelle ich mir selbst in diesen Situationen gedanklich die Frage, was denn rein objektiv das beste Handeln für den Erfolg sei, wodurch mir nichts anderes „übrig bleibt“ als Ruhe zu bewahren und weiter zu laufen.

Was mir in Phasen der Schwäche außerdem sehr gut hilft ist die Tatsache, dass ich mir selbst vergegenwärtige, den leistungssportlichen Ultralauf nur als zeitlich begrenzte Lebensepisode auszuüben. Mit dem Wissen, dass ich solche Wettkämpfe mit der Motivation, ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen, nur einige Jahre betreiben möchte, fällt es mir leichter, an die totale Grenze zu gehen. So kam es durchaus schon vor, dass ich in der Endphase von 24-h-Läufen ein baldiges Ende der leistungsambitionierten Karriere beschlossen habe. Manchmal ist es also durchaus sinnvoll, sich selbst auszutricksen.

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Christian Reinhardt: Marco Reus „harte Zeit 2.0“

Eine Verletzung am Sprunggelenk, die er sich im letzten Testspiel vor dem Abflug nach Brasilien zuzog, kostete Marco Reus die WM-Teilnahme. Was folgte, war nach eigenen Angaben eine „harte Zeit“, in der er intensiv an seiner Genesung arbeitete – mit Erfolg. Im EM-Qualifikationsspiel gegen Schottland stand er bereits wieder von Beginn an auf dem Platz. Allerdings musste der Dortmunder Spieler nach einem rüden Foul in der Nachspielzeit erneut humpelnd das Spielfeld verlassen. Wieder hat es das betroffene Sprunggelenk erwischt.

Zum Thema: Wie Sportler eine Verletzung managen können

Verletzungen und Wieder-Verletzungen sind eine der häufigsten Krisen, mit denen Sportler zu kämpfen haben. Unabhängig vom sportlichen Niveau sind neben den physiologischen Beschwerden auch die psychologischen Konsequenzen entscheidend. In diesem Zusammenhang unterscheidet sich die Bundesliga nur geringfügig von der Kreisliga.

Die meisten gravierenderen Sportverletzungen gehen mit einem dreistufigen psychologischen Verarbeitungsprozess einher:

1. Die Akutphase

Die meisten Sportverletzungen sind mit einem großen Schmerz verbunden. Dieser Schmerz nimmt die Gedankenwelt meist voll in Anspruch. Man sucht eine Haltung, eine Position des betroffenen Körperteils, die den Schmerz zurückgehen lässt. Je nach Konstitution und Schweregrad der Verletzung kann hier sogar ein Schock auftreten. Es folgt (hoffentlich schnell) die medizinische Erstversorgung. Die Fragen der Ärzte/Physiotherapeuten ‚Wie ist das passiert?‘ ‚Wo sitzt der Schmerz?‘ ‚Tut das weh oder das…?‘ helfen hier, weil sie – auch wenn sie sich auf die Verletzung beziehen – ablenken.

2. Emotionale Reaktion

Zunächst erlebt der Sportler eine große Bestürzung. Auch wenn das Risiko, sich im Sport – insbesondere in einem zweikampfintensiven Sport – zu verletzen, relativ groß ist, rechnet man eigentlich nicht damit, selber betroffen zu sein. Der Betroffene kann sein Unglück gar nicht fassen. Es drängt sich der Gedanke auf, welche Konsequenzen die vermutete (meist gibt es so schnell noch keine finale Diagnose) Verletzung haben könnte. Diese möglichen Folgen will man nicht wahrhaben. Deshalb verdrängen viele Sportler anfänglich die Realität. ‚Nein, das kann nicht sein‘. Betroffene Sportler verbergen oft das Gesicht in ihren Händen., wie es beim EM-Qualifikationsspiel auch Reus tat. Häufig folgt auf diese Phase eine Stufe der Wut. Der Ärger kann dabei zielgerichtet gegen beteiligte Personen (Im Fall von Reus also auf Mulgrew), sich selbst (‚Warum habe ich mich nicht auswechseln lassen? Ich war zu erschöpft! ‘ ‚Ich habe zu früh angefangen!…‘), vermeintliche Schuldige (‚Der Bundestrainer hätte mich nicht zweimal aufstellen und so lange spielen lassen sollen.‘ ‚Der Arzt hätte mir noch keine Freigabe geben dürfen!…‘) oder ziellos auf alles und jeden abgewälzt werden. Es ist besonders für das medizinische Personal, Freunde und Familie wichtig zu wissen, dass Sie in einem solchen Fall eigentlich nicht das tatsächliche Ziel für den verletzten Sportler darstellen, sondern nur stellvertretend für die frustrierende Gesamtsituation fungieren.

Einige Sportler versuchen sogar, über ihr Schicksal (meist mit Ärzten oder Physiotherapeuten) zu verhandeln. ‚Wenn ich die Reha sehr intensiv mache, mich entsprechend ernähre, dann müsste ich doch schon wieder zum Zeitpunkt X auf dem Platz stehen können.‘ Diese Verhandlungen zeigen, dass die Realität der Verletzung noch nicht vollends akzeptiert wird. Das schließlich zunehmende Akzeptieren der Wahrheit führt oft zu einer depressiven Stimmungslage. Oft wollen weder der Sportler noch sein Umfeld das wahrhaben. Diese reaktive Depression stellt keine psychische Störung dar. Sie ist eine normale Reaktion auf ein belastendes Ereignis. Eine Verletzung ist traumatisierend und hat zur Folge, dass der Sportler seine Sportart für einen meist zunächst unbekannten Zeitraum nicht ausüben kann. Die fehlende körperliche Auslastung, führt zu einer erhöhten psychischen Anspannung. Diese Anspannung und der Wechsel vom Akteur zum Zuschauer, der eingeschränkte Kontakt zu Mitspielern, das abrupte Wegfallen von lang gesetzten Zielen und täglichen Routinen führt schließlich dazu, dass aus einer körperlichen auch eine psychische Krise wird. In dieser Phase ist das soziale Netzwerk des Sportlers sehr wichtig (Marco Reus hat z.B. erwähnt, wie wichtig die Unterstützung seiner Familie und Freunde für ihn war). Nach einiger Zeit hellt sich dann die Stimmung wieder auf und die Rehabilitation kann nun in Angriff genommen werden.

3. Akzeptanz und Bewältigung

Die Akzeptanz der Verletzung ist eine für den eigentlichen Reha-Prozess entscheidende Phase. Der Sportler überwindet seine intensive emotionale Reaktion und blickt positiver in die Zukunft. Hier ist es von entscheidender Bedeutung, die Rehabilitation systematisch zu planen. Eine realistische Zielsetzung mit vielen Teilzielen (wann werde ich was erreicht haben) hilft den Fortschritt sichtbar zu machen. Das motiviert. Der Blick darf nicht nur auf das obligatorische ‚Was kann ich noch nicht?‘ gerichtet sein und muss zum ‚Was kann ich schon wieder? Wie liege ich im Plan?‘ verschoben werden. Leistungssportler sind einen geregelten, auf ein Ziel hin ausgelegten Tagesablauf gewohnt. Es empfiehlt sich eine solche Ausrichtung auch im Rahmen der Reha zu etablieren. Eine Möglichkeit zu trainieren, auch wenn der Körper es noch nicht vollends zulässt, ist das Vorstellungstraining. Für das Gehirn macht es keinen großen Unterschied, ob man sich eine Bewegung nur exakt vorstellt oder sie tatsächlich durchführt. Es ist also möglich Bewegungen, Bewegungsabläufe sogar eine Taktik durch gezieltes Vorstellungstraining zu verbessern. Gleiches gilt auch für die Bewegung eines verletzten Gelenks. Videos, insbesondere vom eigenen Bewegungsablauf, sind hier hilfreich. Der Kontakt zur Mannschaft und zum Trainerstab sollte nicht abreißen. Es ist wichtig, sich weiterhin als Teil des Teams zu sehen. Sportler, die bereits eine ähnliche oder noch viel schlimmere Verletzung erfolgreich überwunden haben, können als Inspiration gesehen werden. Auch eine Beschäftigung mit der Verletzung kann helfen, ein exakteres Bild zu erlangen und die Erwartungen realistischer zu formulieren. Es klingt schwierig, aber letztlich ist eine Verletzung immer auch eine Chance. Es gibt viele Beispiele von Sportlern, die nach einer Verletzung stärker zurückkehren. Zum einen wächst man in der Krise und andererseits bietet eine Verletzung tatsächlich neue Möglichkeiten. Es bleibt mehr Zeit für Freunde und Familie. Gleichzeitig bietet sich auch die Chance an Aspekten der sportlichen Leistung zur arbeiten, die sonst wenig Beachtung finden. Ein solcher Aspekt ist beispielsweise die Entspannung. Sportliche Leistungsentwicklung beruht nicht nur auf Belastung, sondern auch der nötigen Erholung. Wer nicht ausreichend erholt ist, wird nicht mit der optimalen Anpassung auf Belastungsreize reagieren. Entspannungsverfahren können helfen, mit den Schmerzen und der Anspannung nach der Verletzung umzugehen und die nötige Erholung zu generieren. Viele Sportler, die während ihrer Reha mit diesen Verfahren in Kontakt kommen, nutzen diese auch im Trainingsalltag. Außerdem kann die spielfreie Zeit genutzt werden, um die eigenen taktischen Fähigkeiten zu verbessern. Nicht zu spielen heißt nicht, sich nicht weiterzuentwickeln.

Sportpsychologie bei Sportverletzungen

Im Spitzensport hat sich die Sportpsychologie zusammen mit den medizinischen Interventionen im Genesungsprozess sehr bewährt. Der Sportler wird dabei während und nach der Verletzung begleitet und ermutigt, die Pause sinnvoll zu nutzen und selbstsicher mit realistischen Zielsetzungen wieder in seinen Sport einzusteigen. Eine positive Einstellung und positive Selbstinstruktionen („Mir geht es schon deutlich besser, ich verbessere mich jeden Tag.“) wirken sich vorteilhaft auf den Heilungsprozess aus. Auch der Umgang mit Ängsten z.B. einer Wieder-Verletzung ist wichtig, wie es Marco Reus nun aktuell am eigenen Leib erfährt.

Umso besser ein Sportler mit seiner Verletzung und den psychischen Folgen umgeht, desto wahrscheinlicher ist der erfolgreiche Wiedereinstieg in den Sport! Es wäre daher äußerst sinnvoll dies zum Inhalt des Unterrichts an den Sportschulen zu machen.

 

Hinweis: Ich habe diesen Artikel mit einem relativ frischen Bänderriss geschrieben. Das Wissen um die psychologischen Folgen und Chancen einer Sportverletzung hat diese nicht angenehm gemacht, aber die Bewältigung deutlich vereinfacht.

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Ruud Vreuls: Malandas drei Punkte-Rettungsplan

Neue Saison, neues Glück. So dachte wohl auch Junior Malanda, Spieler des VfL Wolfsburg. Der gebürtige Belgier machte beim Pokal-Halbfinale gegen Dortmund im April ein Riesenspiel, versemmelte aber seine Großchancen. In den bisherigen Bundesliga-Spielen führte er dieses Muster nahtlos fort: Gute Leistungen, krasses Versagen vor dem Tor. In der Liga hat sich Malanda jetzt schon einen Namen gemacht – allerdings als „Tor-Tollpatsch“. Daran kann gearbeitet werden.

Zum Thema:  Worauf müssen Spieler achten, um einen wichtigen Torschuss erfolgreich zu verwandeln?

Bernard Malanda-Adje, wie sein vollständiger Name lautet, hat zum Anfang der Bundesliga-Saison da weiter gemacht, wo er letzte Saison aufgehört hat: Größte Chancen ungenutzt zu lassen, meistens auch noch auf eine ungeschickte Art und Weise. Für den neutralen Zuschauer vielleicht belustigend, für ihn und die Fans der Wölfe sehr ärgerlich. Es ist noch nicht sehr lange her, als der belgische U21-Nationalspieler zwei sehr große Chancen im Pokal-Halbfinale gegen Borussia Dortmund verpasst hatte. Diese Bundesliga-Saison hat er bereits in zwei Spielen wieder 100-prozentige Torchancen liegen lassen. Sowohl im Auftaktspiel gegen Rekordmeister FC Bayern München als auch gegen Eintracht Frankfurt gelang es ihm nicht, trotz bester Einschussmöglichkeiten, zu treffen. Hätten seine Schüsse das Ziel gefunden, wären die Wölfe momentan auf Platz zwei der Tabelle und Junior Malanda ein Stern am Bundesliga-Himmel der jungen Saison. Allerdings kann Malanda geholfen werden, der schlicht selbstsicherer im Spiel und vor allem vor dem Tor werden muss.

Zusätzlich zum sportlichen Training gibt es zahlreiche sportpsychologische Strategien, die man trainieren kann, um dieses Ziel zu erreichen. Selbstsicherheitstraining ist eine von diesen Strategien. Für dieses Training sind lediglich zusätzliche Videoaufnahmen notwendig, da in den meisten Fällen, wie bei Junior Malanda, die Körpersprache eine wichtige Rolle spielt und der Spieler sich dessen bewusst werden muss. Aufgepasst: Bei all seinen Torchancen war zu sehen, dass sein Kopf beim Schuss nach unten gerichtet war. Genau diese Körperausstrahlung zeigt, dass er – von außen betrachtet – mit der Situation überfordert war. In dieser wichtigen Situation scheint er selbst nicht von seinen eigenen Fähigkeiten überzeugt zu sein, so dass er sich während des Torschusses zu sehr auf die Gesamtsituation und zu wenig auf sein eigentliches Ziel fokussiert. Wenn man sich während so einer Situation auf das Ziel konzentriert, hat man idealerweise den Kopf oben und automatisch die Brust voraus. Diese drei Aspekte machen das Selbstsicherheitstraining aus: Kopf hoch, Brust raus, Fokus schaffen. (Hinweis: Im Blog von Christian Reinhardt wird die Bedeutung der Körpersprache noch tiefergehend erörtert.) Werden die drei Tipps (Kopf hoch, Brust raus, Fokus schaffen) umgesetzt, demonstriert dies nicht nur Selbstsicherheit nach außen, es wirkt sich auch auf die Person selber aus. Diese Strategie kann man während des Trainings gut üben und umsetzen. Ob es sich jetzt um einen Pass, einen Torschuss oder einen Elfmeter handelt, völlig egal – Ziel ist es, sich die drei Punkte vor Augen zu führen. Im Verlauf merken die Spieler, dass diese Umsetzung immer leichter fällt und sie sich in kurzer Zeit sicherer fühlen. So werden die Akteure schnell merken, dass der Ablauf der drei Punkte automatisch passiert. Sitzt der Automatismus, spart der Spieler im Ergebnis dessen sogar wichtige Zeit, die er nutzen kann, um sich schon auf die nächste Situation vorzubereiten.

Die Sache mit dem Druck

Mal ganz allgemein: Ein Spiel besteht aus vielen verschiedenen Situationen. Im Grunde genommen ist jede Situation im Spiel gleich, entscheidend ist nur, wie wichtig der Ablauf der Situation für das Spiel ist. Ein Beispiel: Ein Abstoß vom Torhüter ist im Grunde nichts anderes wie ein Torschuss, nur das Ergebnis ein anderes darstellt. Ein erfolgreicher Abstoß bedeutet, dass der Ball beim Mitspieler ankommt, ein erfolgreicher Torschuss allerdings wird ein Tor und hat damit mehr Bedeutung. Obwohl ein Torschuss somit im ersten Augenblick mehr Bedeutung hat, muss auch der entscheidende Pass  erfolgreich sein, um überhaupt die Möglichkeit eines Torschusses zu schaffen.

Die Chancen, die Junior Malanda bis jetzt verpasst hat, waren alle von großer Bedeutung. Und genau das wusste er auch als er versucht hat, den Ball ins Tor zu schießen. Er hat sich die Wichtigkeit, das Tor zu machen, vor Augen geführt, was dafür gesorgt hat, dass der Druck, das Tor auch wirklich zu treffen, enorm war. Im Leistungssportbereich ist der Druck, Leistung zu bringen, sehr hoch und Junior Malanda hat sich selbst wahrscheinlich noch mehr Druck auferlegt. Nun steckt er in einem Teufelskreis: Denn im Ergebnis hat er nicht nur kein Tor erzielt, sondern es ist noch mehr Stress bei Junior Malanda und ein erhöhter Druck beim nächsten Versuch entstanden.

Die Lösung für sein Problem steckt in einem Zitat von Johan Cruijff: „Jeder Nachteil hat auch seinen Vorteil.“ Denn im Spiel werden immer wieder solche Situationen auftreten und die Möglichkeit besteht natürlich auch, dass er erneut nicht treffen könnte. Junior Malanda kann allerdings selbst Einfluss darauf nehmen, wie er mit den Situationen umgehen wird. Wenn er sich während der Situation auf die drei vorher genannten Punkte des Selbstsicherheitstrainings konzentriert, wird der Druck automatisch weniger groß sein. Außerdem muss der Spieler lernen, solche Situationen zu relativieren. All diese Situationen finden auch im Training statt und können als Vergleich  dienen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird er die Chancen im Training fast alle erfolgreich zum Tor verwandeln, da hier der Druck nicht so groß ist, um das Tor unbedingt treffen zu müssen. Mit Hilfe von sportpsychologischen Strategien kann letztendlich dafür gesorgt werden, dass ein Spieler wie Junior Malanda diese Trainingsleistung auch auf den größten Fußballbühnen abrufen kann.

 

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Christian Reinhardt: The Walkout – Der richtige Weg im Tunnel

In der Regel dauert der Weg aus der Kabine in den Ring nur ein bis zwei Minuten. In den meisten Kampfsportarten gehören diese Meter aber zur Inszenierung des Kampfes und werden daher allen voran für das Publikum mit Theatralik aufgeblasen. Aber auch für die Athleten, betont Christian Reinhardt, ist der Gang in den Ring richtungweisend. Am Beispiel von Mixed Martial Arts (MMA) erklärt der Szene-Kenner die Bedeutung des Walkouts für Kampfsportler.

Für die-sportpsychologen.de berichtet Christian Reinhardt:

Die Mixed Martial Arts (MMA) sind, und waren schon immer, ebenso eine physische wie auch eine psychologische Herausforderung. Es bedarf keiner großen Vorstellungskraft, um nachvollziehen zu können, dass ein Kampf gegen einen gut trainierten Gegner in einem Käfig inmitten einer aufgeheizten Menge eine extreme Beanspruchung darstellt. Dazu kommen noch die mit einem Sieg oder einer Niederlage verbundenen Konsequenzen. Ein Sieg kann Ruhm und Ehre bedeuten, während eine Niederlage neben den gesundheitlichen Folgen auch das Karriereende und ggf. sogar existenzielle Probleme zur Folge haben kann. Es ist daher für einen MMA-Kämpfer von entscheidender Bedeutung seine Fähigkeiten auch unter diesen Bedingungen abrufen zu können. Der ehemalige UFC Welterweight Champion George St. Pierre prägte in diesem Zusammenhang den Satz: „The best fighter never wins, it’s always the guy who fights the best“ [Am Ende gewinnt nicht der beste Kämpfer, sondern der, der am besten kämpft].

Bis zu seinem (vorläufigen?) Karriereende folgte er diesem Credo. Seine Vorbereitungen auf Kämpfe waren so akribisch, dass Kritiker sie als „zwanghaft“ bezeichneten. In jedem Fall war er damit sehr erfolgreich (25 Siege – 2 Niederlagen). Ein Aspekt, der im Rahmen der Vorbereitung auf einen Kampf wichtig ist, jedoch oft vergessen wird, ist der ‚Walkout‘ ,also der Weg von der Kabine zum Käfig. Abhängig von den örtlichen Gegebenheiten und dem Verhalten der Sportler dauert dieser Prozess lediglich ein bis zwei Minuten und scheint in erster Linie rein funktional. Schließlich müssen die Kämpfer ja irgendwie in den Käfig/Ring kommen. Tatsächlich ist dieser Moment im Hinblick auf den Kampf von enormer Bedeutung. Um seine Fähigkeiten in einem Wettkampf optimal abrufen zu können, ist die Vorbereitung, vor dem Kampf in die richtige mentale Verfassung zu kommen (Vorstartzustand),  einer der entscheidenden Aspekte einer Höchstleistung.

Unmittelbar vor dem Walkout sind die Sportler meist so angespannt, dass selbst erfahrene Kämpfer beginnen an sich selbst zu zweifeln. Die physiologische Aktivierung, die Erkenntnis der Bedeutung des bevorstehenden Wettkampfes und die damit verbundenen emotionalen und kognitiven Prozesse haben mitunter gravierende Auswirkungen. Chael Sonnen berichtet in seinem Buch „The Voice of Reason: A VIP-Pass to Enlightenment“ (S.148), dass die Anspannung bei ihm so groß ist, dass er eine ganze Reihe von Missempfindungen verspürt: Sein Sehvermögen ist teilweise so eingeschränkt, dass er nur vage die Formen in seinem Umfeld erkennt und auch sein Hörvermögen ist stark eingeschränkt. Die meisten Kämpfer berichten ähnlich intensive Vorstartzustände, die allesamt natürlich wenig geeignet sind sportliche Höchstleistung zu generieren. Der Walkout ist deshalb für den Sportler so wichtig, weil er eine Möglichkeit bietet, diesen unproduktiven Erregungszustand in einen produktiven Vorstartzustand zu überführen. Jeder hat schon einmal die Erfahrung gemacht, dass er vor einer Aufgabe stand, die ihm Angst eingeflößt oder ihn zumindest beunruhigt hat und bei der tatsächlichen Durchführung dann jedoch verhältnismäßig ruhig und konzentriert war. Diese Transformation des Gefühlszustandes kann zufällig geschehen. Wir sehen oder bemerken etwas, das uns Sicherheit gibt. Bei einem sportlichen Wettkampf auf absoluten Spitzenniveau sollte jedoch nichts dem Zufall überlassen werden. Es ist daher ein elementarer Teil des sportpsychologischen Trainings von Athleten wie St. Pierre einen optimalen Vorstartzustand herbeizuführen.

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Das geschieht in 7 Schritten:

1. Aktive Auseinandersetzung mit dem Thema

Die emotionalen Reaktionen auf die Stresssituation im Vorfeld des Kampfes können an den Reserven eines Athleten zehren und die Leistung negativ beeinflussen. Gleichzeitig sind sie aber völlig normal. Fast jeder Mixed Martial Artist erlebt (in unterschiedlicher Ausprägung) solche Reaktionen. Die „Entpathologisierung“ dieses Zustandes ist von entscheidender Bedeutung. Der Sportler muss wissen: Mit mir ist alles in Ordnung. Das, was ich erlebe ist normal und es gibt Strategien, die ich erlernen kann um damit umzugehen. UFC Halbschwergewichtschampion Jon Jones sagte in einem Interview, dass einer der wichtigsten Sätze seines Coach Greg Jackson für ihn ‘Be comfortable being uncomfortable’  (www.bloodyelbow.com) sei.

2. Dem Körper antworten

Die Erhöhung der physiologischen Aktivierung ist grundsätzlich nichts Schlechtes. Das Problem liegt in der Deutung dieser Veränderungen als Angst, Ärger und Besorgnis. Diese negativen Emotionen führen ihrerseits zu einer weiteren Aktivierung, was wieder in mehr negativen Emotionen resultiert usw. Der Schlüssel zum Durchbrechen dieses Teufelskreises liegt darin, die körperlichen Veränderungen auf eine rationale Art und Weise zu analysieren und die Emotionen in eine positive Richtung zu lenken. Beispielsweise kann die zunehmende Aktivierung als sinnvolle, freudige Erregung mit der sich der Körper für die anstehende Leistung bereit macht, interpretiert werden. Die körperlichen Signale nutzen professionelle Athleten als Hinweisreize, sich auf zuvor festgelegte, handlungsrelevante Dinge zu konzentrieren (Kampfstrategie, Trainingsroutinen).

3. Sich selbst kennen und steuern lernen

Es ist wichtig, sich selbst zu kennen. Welche Gedanken und Handlungen sind für mich leistungsfördernd? Wie soll meine Körperwahrnehmung sein? Was ist für mich das optimale Erregungsniveau? Wie kann ich meine Aktivierung steuern? Hinsichtlich der Aktivierungsregulation sind natürlich Entspannungsverfahren hilfreich. Da jeder Mensch einen etwas unterschiedlichen Zugang zu diesen Verfahren hat, empfiehlt es sich einige Verfahren auszuprobieren, um das für sich passendste zu finden. Darüber hinaus trainieren die meisten Spitzensportler Handlungsroutinen in Stresssituationen. Das kann bspw. ein eingeübter Satz („Das mein Körper, der sich darauf vorbereitet eine Höchstleistung abzurufen!“) in Verbindung mit einer positiven Vorstellung (z.B. ein zurückliegender oder zukünftiger Sieg). Für Entspannungsverfahren und Handlungsroutinen gilt, dass beide regelmäßig und in der letzten Form praxisnah trainiert werden müssen. Ein Verfahren, dass stets in einem ruhigen Raum mit entspannender Musik trainiert wird, wirkt in einer Arena mit 20.000 Zuschauern wahrscheinlich nicht zufriedenstellend. Deswegen ist es wichtig die Techniken unter den Bedingungen zu perfektionieren, denen sich der Sportler im Zweifelsfall gegenüber sieht. Das ist z.B. als Zuschauer bei einem Kampf in der Arena oder hinter den Kulissen möglich. Letztlich werden diese Techniken nicht die ganze Anspannung lösen, jedoch helfen, die Emotionen in positivere Bahnen zu lenken. Diese Fähigkeit kann im Spitzensport den Unterschied zwischen gewinnen und verlieren ausmachen.

4. Kabine

Durch die Entwicklung einer festen Aufwärmroutine kann die Unsicherheit reduziert und die Aufmerksamkeit des Sportlers auf geeignete Schlüsselreize wie bspw. die Technik und das Körperbewusstsein gerichtet werden. Der Vorteil einer eingeübten Routine ist, dass der Kämpfer den Ablauf perfekt kennt. Zu wissen, was wann passiert und wie man darauf reagiert, das Gefühl etwas Vertrautes zu haben, gibt Sicherheit. Gleichzeitig wird mit der physiologischen Aktivierung der vorliegenden psychologischen Aktivierung entsprochen, was wiederum stresslindernd wirkt. Außerdem ist es gut, Bilder, Symbole, Sätze oder ähnliches in der Kabine anzubringen, die den Sportler an die eigenen Fähigkeiten erinnern und motivieren. Jon Jones hat angeblich immer einen Zettel mit einem Spruch, auf den er sich zu Beginn des Trainingscamps mit seinem Team geeinigt und den er wie ein Mantra verinnerlicht hat, in der Kabine hängen. Viele Kämpfer haben darüber hinaus Fotos von ihren Erfolgen oder der Familie dabei. Ebenso wie eine standardisierte Aufwärmroutine helfen natürlich auch sonstige feste Abläufe in der Kabine. Carlos Condit schaut sich immer selbst im Spiegel lange in die Augen um seine Entschlossenheit zu festigen. Fabricio Werdum betet gemeinsam mit seinem Team…

5. Musik

Das Auswählen der Musik, zu der der Sportler seinen Weg zum Käfig beschreiten wird, mag an dieser Stelle als recht banaler Punkt wirken. Allerdings hat Musik einen großen Einfluss auf unser Befinden. Die Musik sollte also im Hinblick auf den angestrebten Zustand ausgewählt werden. Die wenigsten Menschen würden z.B. ein Deathmetal Album für eine Yogastunde aussuchen. Für einen Kämpfer empfiehlt es sich einen Titel auszuwählen, der nicht permanent im Radio gespielt wird, und ihn im Verlauf des Trainingscamps immer mal wieder laut einzuspielen. Vorzugsweise nach sehr gelungenen Trainingseinheiten oder bei der Betrachtung großer Erfolge. Auf diese Weise verbindet der Sportler die Musik automatisch mit einem positiven Gefühlszustand. Neben dem optimalen Vorstartzustand unterliegt die Auswahl der Musik noch anderen Überlegungen. So ist es natürlich für einen Sportler auch wichtig, sich einen Namen zu machen (ein stets gleicher Walkout-Song stellt gewissermaßen ein Markenzeichen dar).  Musikgeschmack kann sich natürlich ändern. Chael Sonnen hat in diesem Zusammenhang schon mehrfach erwähnt, dass er seinen Einlaufsong (Daryle Singletary: Too Much Fun) eigentlich nicht mehr mag, aber entschieden hat ihn nicht zu ändern, da er nicht mit der Routine brechen will.

6. Walkout

Zu den einfachsten und häufigsten Strategien, denen sich Sportler bedienen um ihren Befindlichkeitszustand zu verändern, zählen der Settingwechsel (das Gehen an einen anderen Ort) und das Hören von Musik. Die Kombination beider Möglichkeiten bietet der Walkout. Der Gang durch die Katakomben kann allerdings auch verwirrend und ablenkend sein. Das Betreten der Arena und der Weg zum Käfig ebenso. Es ist daher wichtig sich auf diesen Weg vorzubereiten. Der Sportler muss sich unbedingt mit der Sportanlage vertraut machen. Im Rahmen des sportpsychologischen Trainings besteht die Möglichkeit, durch Vorstellungsübungen (Visualisierungen) den Walkout zu simulieren. Für das Gehirn ist der Unterschied zwischen einer realistischen Vorstellung und dem tatsächlichen Erleben einer Situation sehr gering. Entscheidend ist dabei die Qualität der Visualisierung. Die Vorstellung muss möglichst detailgetreu sein. Dabei gilt es alle Sinneseindrücke zu berücksichtigen: Was werde ich sehen (evtl. kaum etwas, weil das TV-Licht stark blendet)? Was werde ich hören (das dumpfe Hallen meiner Musik in der Arena, das gedämpfte Publikum, mein Team…)? Was werde ich riechen (auch das ist wichtig!) und was fühlen (Temperatur, ermutigendes Klopfen auf den Rücken…)? Wie verläuft der Weg durch die Katakomben? Beim Eintritt in die Arena verändern sich alle Sinneseindrücke. Was rieche, höre, sehe und fühle ich hier? Wird mir das Publikum gewogen oder eher gegen mich sein. Wie viel Platz habe ich auf dem Weg zum Käfig? Während einige Kämpfer die Reaktion des Publikums brauchen, um sich sicherer zu fühlen und teilweise sogar noch die Stimmung anheizen (z.B. Alistair Overeem), versuchen andere sich davon so weit wie möglich abzuschotten (z.B. Tyron Woodley). Was dem Sportler mehr hilft, muss er für sich herausfinden.

7. Im Käfig

Am Ende des Walkouts steht der Einzug in den Käfig. Wenngleich die Richtlinien für den Käfig im Allgemeinen sehr eng gefasst sind, gibt es immer wieder kleine Unterschiede. Aus diesem Grund muss sich im Vorfeld mit dem aktuellen Kampfplatz vertraut gemacht werden. Dabei ist auch der Zeitpunkt des Kampfes wichtig. Bei einem Kampf gegen Ende der Veranstaltung wird beispielsweise der Boden nicht mehr die gleiche Sauberkeit und Griffigkeit haben wie vor den Kämpfen. Für die Zeit im Käfig vor dem offiziellen Teil sollte auch eine Routine entwickelt werden. Streng genommen zwei: eine für den Fall, dass der Sportler als Erster die Arena betritt und noch auf den Einzug des Gegners warten muss und eine, für den Einzug als Zweiter.

 

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Es ist bekannt, dass die intensive Beobachtung des Walkouts eines Gegners negative Auswirkungen auf die Konzentration haben kann, vor allem, wenn die Aufmerksamkeit darauf gerichtet wird, wie technisch gut (sicher) der andere seinen Einzug in die Arena absolviert. Diese Erkenntnis kann auf zwei Arten verwandt werden. Einerseits unterliegt nur der eigene Walkout der Kontrolle des Sportlers, deshalb sollte die Aufmerksamkeit nur darauf gelenkt werden. Andererseits kann man natürlich auch versuchen den Konkurrenten bei seinem Walkout, seiner Vorbereitung auf den Kampf zu stören. Anderson Silva hat mehrfach geäußert, dass für ihn der Kampf mit dem Walkout beginnt. Insofern verwundert der Bericht von Chris Weidman nicht, der sich als Herausforderer bei UFC 162 bei seinem Walkout gestört sah, da hinter ihm und seinen beiden Trainern bereits Anderson Silva mit seinem gesamten (deutlich größeren) Team wartete und sich lautstark bemerkbar machte. Beim Rückkampf (UFC 168) wartete Silver (der nun der Herausforderer war) auffällig lange mit seinem Walkout und irritierte Weidman so erneut. Neben der Irritation des Kontrahenten sind natürlich auch Dominanzsignale sehr wichtig. Dabei geht es nicht darum tatsächlich absolut sicher und von der eigenen Überlegenheit überzeugt zu sein, sondern darum diesen Eindruck zu erwecken.

 

Quellen:

Sonnen, C. (2012). The Voice of Reason: A VIP-Pass to Enlightenment. Victory Belt Publishing. Auberry, California.

metroPCS: https://www.youtube.com/watch?v=9GzhFMATMVA

metroPCS: https://www.youtube.com/watch?v=t2fe0A4F5_4

 

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Elvina Abdullaeva: Wenden in der Sackgasse

Ana Ivanovic`s frühes Ausscheiden bei den US Open kam schon fast überraschend. Denn schließlich meldete sich die frühere Nummer 1 im Damentennis in dieser Saison nach einer langen Durststrecke eindrucksvoll zurück: Drei Turniere (Monterrey, Birmingham und Auckland) konnte sie bereits gewinnen und bei den Australien Open erreichte sie das Viertalfinale. Damit ist Ivanovic wieder in die Top-Ten der Welt zurückgekehrt. Der Grund dafür ist die richtige Verarbeitung ihrer starken sportlichen Krise, die ohne einen einzigen Turniersieg knapp 32 Monaten andauerte.

Zum Thema: Gehören berufliche Krisen dazu?

Berufliche Krise – ist das wirklich so gefährlich? Denn Krisen – seien es Wirtschafts-, Alters-, Familien- oder berufliche Krisen – sind eigentlich ganz normal; ja, sie sind sogar unumgänglich, da sie eine essentielle Phase des Entwicklungsprozesses darstellen. Die Botschaft einer Krise ist es, die betroffene Person darauf aufmerksam zu machen, dass die bisher gut funktionierenden Mechanismen ihren Vorrat erschöpft haben und veraltet sind. Wenn diese Botschaft ruhig wahrgenommen und rational verarbeitet wird, dann ist diese Krise keine Katastrophe. Bei Ana Ivanovic war das leider nicht der Fall. Nach dem Triumph bei den French Open 2008 dachte sie, dass der Erfolg eine selbstverständliche Sache sei und dies auch so bleiben werde. Doch die Gegnerinnen hatten die Spielweise von Ana Ivanovic analysiert, konnten somit ihre Schläge erahnen und besiegten sie schlussendlich. Ivanovic konnte immer weniger Erfolge verbuchen und schlidderte in eine starke, am Ende 32-monatige, Krise ohne einen einzigen Turniersieg. Die serbische Tennisspielerin flog aus den Top 20 heraus, was ihr wie eine Katastrophe vorkam. Dauerhaft versuchte Ana Ivanovic, fast manisch, diese Krise zu überwinden. Sie schuftete, wechselte mehrere Trainer, versuchte ihren Stil umzustellen, grübelte ununterbrochen und ist dadurch in eine Sackgasse geraten, wie die Süddeutsche Zeitung kürzlich in einem Portrait skizzierte. Das Schlimmste: Es gab keine Spur der Besserung.

Ivanovic’s Erfolgsgeheimnis ist loslassen

Wenn man sich dauerhaft starr auf eine Sache fixiert und sich nur damit beschäftigt, kann es zum Gefühl des Ausgebranntseins kommen. Keine neuen Kräfte, keine neuen Ideen – im Ergebnis bleiben die Betroffenen in ihrer Entwicklung stehen. So war es auch bei Ana Ivanovic. Aber: Sowohl das Gehirn als auch den Körper sollte nie ununterbrochen mit nur einer Sache beansprucht werden. Der Mensch muss regelmäßig eine Abwechslung, sogenannte Schleusen, zur Verfügung haben (vgl. Ebersprächer, 2009). Schleusen sind eine Reihe von persönlich angenehmen Situationen, die demjenigen helfen sich nach einigen anstrengenden Erlebnissen, einem schwierigen Tag oder einer schwierigen Woche abzulenken und zu erholen. Eigene Schleusen kann man in den Dingen finden, die einem Spaß machen. Das kann unter anderem eine Ablenkung durch eine Aktivität oder Kommunikation über außersportliche Sachen sein.

Als Ana Ivanovic dies für sich verstanden hat, kam es zum Wendepunkt. Wie die serbische Tennisspielerin selbst erzählt, kam es erst dann zu einer Verbesserung als sie mit ihren Versuchen abgebrochen hat, die sportliche Krise fanatisch überwinden zu wollen. So reduzierte sie den Druck auf sich selbst und hat den Platz für neue Kräfte frei gemacht. Schlüsselmittel hatte Ivanovic in neu entdeckten, angenehmen Aktivitäten (Schleusen) gefunden und hält bis heute daran fest. In ihrer Auszeit nimmt sie zahlreiche Angebote in New York in Anspruch. Sie selbst kommentiert es so: “Es ist die ideale Stadt, um sich abzulenken. Ich kann eine Show sehen oder ins Kino gehen…”. Auch Gespräche mit ihrem aktuellen Trainer über andere Dinge als über Tennis lenke sie von dem unnötigen Grübeln über die nächsten Spiele ab. Kein Leistungssportler bleibt sein ganzes Leben ein Leistungssportler. Niemand kann sein Leben dauerhaft nur mit der Arbeit verrichten, dabei einen beruflichen Erfolg erwarten und am Ende gesund bleiben. „Das ist mein Leben – und wenn man jede einzelne Woche im Jahr ernst nimmt, dann fängt man an, es nicht mehr zu mögen.“ Ana Ivanovic hat nach zweieinhalb Jahren ununterbrochenen ergebnislosen Kampfes verstanden, wie sie für sich Erfolg wahrscheinlicher macht. Oder wie sie selbst sagt:„Es ist wichtig, das Leben auch zu genießen“.

Quellen:

Eberspächer, H. (2009). Ressource Ich: Stress-management in Beruf und Alltag. (3. Aufl.) München: Hanser.
Schmieder, J. 24.August 2014. Ein Fall fürs Kleinhirn. Süddeutsche Zeitung.

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Prof. Dr. Oliver Stoll: Die Gefahr im Flow

Kürzlich fand in den franzöischen Alpen der sogenannte UTMB statt. Der Ultra-Trail du Mont-Blanc   ist ein Ultramarathon, der auf Trails von Chamonix aus entgegen dem Uhrzeigersinn rund um die Mont-Blanc-Gruppe führt. Erstmals 2003 ausgetragen und von den Trailers du Mont Blanc organisiert, zählt er mit einer Streckenlänge von ca. 168 km, mehr als 9000 zu überwindenden Höhenmetern und einem Zeitlimit von 46 Stunden zu den anspruchsvollsten Bergmarathons weltweit. Fast gleichzeitig startete der Transalpine-Run, ein 8-Tage-Etappen-Rennen über das Alpenmassiv. 

Zum Thema: Warum Flow-Zustände eine Medaille mit zwei Seiten darstellen?  

Während solcher Wettkämpfe berichten Athleten oftmals von sogenannten Flow-Erlebnissen. Dieses Phänomen ist schon länger Gegenstand sportpsychologischer Forschung und Anwendung. Die Arbeiten von Csikszentmihalyi (1975) stellen den Ausgangspunkt der mittlerweile vier Jahrzehnte währenden Forschung zum Flow-Erleben dar. Sein Flow-Konzept stößt vor allem in jenen Anwendungsfeldern auf großes Interesse, die nach motivationspsychologischen Erklärungen für die Aufnahme und Aufrechterhaltung selbstbestimmter und auf Vergnügen abzielender Aktivitäten suchen.

Csikszentmihalyi schreibt das Auftreten von Flow-Erfahrungen nicht einer besonderen Tätigkeitsform zu, sondern versteht es als ein generelles Phänomen, das Menschen erleben können, wenn sie in ihrer Tätigkeit völlig aufgehen. In der wettkampforientierten, sportpsychologischen Anwendung gilt das Erreichen sogenannter Flow-Zustände als ein erstrebenswerter Zustand. Gerät ein Athlet in einen solchen Flow-Zustand, dann erlebt er den dies als sehr befriedigend, glatt laufend und sehr effektiv ohne willentliche Kontrollnotwendigkeit. Rheinberg bezeichnet Flow als „den Zustand des reflexionsfreien, gänzlichen Aufgehens in einer glatt laufenden Tätigkeit“ (Rheinberg, 2004, S. 156).

Die präfrontale Hirnregion wird herunter reguliert

In Csikszentmihalyis ursprünglichem Modell (1975) stellt sich der Flow-Zustand nur in einem begrenzten Bereich ein – dem Flow-Kanal. Dazu muss die Anforderung der zu bewältigenden Aufgabe im Gleichgewicht mit der eigenen Fähigkeitsbeurteilung liegen. Wenn diese Bedingung nicht erfüllt wird, dann erlebt der Handelnde entweder Langeweile (Fähigkeiten übersteigen die Anforderungen) oder Angst (Anforderungen liegen deutlich über den Fähigkeiten). Lange wurde ein Zusammenhang zwischen dem Erreichen solcher Zustände und dem sportlichen Leistungserfolg angenommen, empirisch ist dieser Zusammenhang jedoch nicht konsistent nachweisbar. Eindeutig nachgewiesen ist jedoch, dass Athleten, die diese Flow-Erfahrungen erleben diesen als sehr befriedigend und angenehm empfinden. Mitunter werden diese Zustände auch als „Glücksmomente“ beschrieben. Dies kann als die „goldene Seite dieser Medaille“ bezeichnet werden.

Andererseits wissen wir aber auch, dass bei Personen, die diesen Zustand erleben, die präfrontale Hirnregion herunter reguliert  ist. Diese Hirnregion ist verantwortlich für rationale Analyse auftretender Probleme sowie generell für das bewusste Steuern und Regulieren von Konzentration und Aufmerksamkeit (Dietrich & Stoll, 2010)  und genau dies kann dazu führen, dass Athleten in solchen Zuständen nur unzureichend schnell oder gar nicht wichtige Entscheidungen fällen oder gefährliche Situationen falsch einschätzen. Während Läufen durch alpines Hochgebirgsgelände kann dies dramatische Folgen nach sich ziehen. Flow-Erlebnisse sind somit ambivalent einzuschätzen. Sie helfen die Motivation aufrecht zu erhalten, können aber mitunter auch dazu führen, dass insbesondere in sportlichen Leistungssituationen nicht die notwendige kognitive Fähigkeit vorhanden ist, um siegen zu können – Flow-Erlebnisse sind Medaillen mit zwei Seiten.

Quellen:

Csikszentmihalyi, M. (1975). Beyond boredom an anxiety. San Francisco: Jossey-Bass.

Dietrich, A. & Stoll, O. (2010). Effortless Attention in Sports Performance. In B.J. Bruya (Ed.), Effortless Attention: A New Perspective in the Cognitive Science of Attention and Action (pp. 159-178).Cambridge:  MIT Press

Rheinberg, F. (2004). Motivation (5. Aufl.). Stuttgart: Kohlhammer.

 

 

 

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Philippe Müller: Die späten Neuen

Die großen europäischen Fußballligen haben den Spielbetrieb wieder aufgenommen. Dennoch ist auf dem Transfermarkt noch Hochkonjunktur angesagt. Bis zur Schließung des Transferfensters wird intensiv verhandelt und gern noch einmal munter eingekauft. Die Neuzuzügler treffen dabei auf eine bestehende und funktionierende Mannschaft. Sie müssen möglichst schnell in dieses Gefüge eingegliedert werden.

Zum Thema: Worauf im Profi-Fußball bei der Integration von späten Neueinkäufen geachtet werden sollte.

Durch die in den letzten Jahren fortschreitenden Migrations- und Globalisierungsprozesse nimmt die Vielfalt an Nationalitäten im deutschen Sportsystem zu (Rolufs, 2011). In der Bundesliga kann dieser Trend schon lange beobachtet werden (interaktive Grafik. Quelle: Transfermarkt.de: http://www.bpb.de/fsd/bundesliga/auslaenderanteil/#) Dies führt dazu, dass Vereine mit neuen Problemstellungen in den Bereichen Lebenssituationen, Interessen und Voraussetzungen konfrontiert werden. Die Heterogenität führt jedoch nicht nur zu Nachteilen. Gelingt es, die Entstehung von Konflikten und mangelndem Zusammenhalt zu vermeiden, kann die Heterogenität zu einer Leistungszunahme, größerer Kreativität und neuen Problemlösestrategien führen (Cunningham, 2004).

Besonders bei ausländischen Spielern, die spät zu einem neuen Verein stoßen, hat die Eingliederung in das Umfeld eine tragende Rolle. Dies betrifft sowohl die Integration in die Mannschaft als auch das Zurechtfinden in der neuen Umgebung. Eine gute Betreuung sowohl auf als auch neben dem Platz ist deshalb wichtig. Eine gute Lösung besteht darin, einheimische Führungsspieler mit dieser Aufgabe zu beauftragen. Sie ermöglichen es den Anschluss ans Team und das Zurechtfinden im Alltag zu unterstützen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil stellt die Sprache dar. Einerseits ist sie für die Kommunikation innerhalb der Mannschaft und andererseits für die Verständigung mit den Vereinsverantwortlichen, den Medien und den Fans von großer Bedeutung.

Bestehende Strukturen werden durchbrochen

Nebst der individuellen Integration der Neuankömmlinge muss die Mannschaft neu geformt werden. Jeder Spieler und Trainer nimmt eine bestimmte Rolle und Position im Team ein. Diese beinhalten jeweilige Aufgaben, Anforderungen und Erwartungen und sind mit unterschiedlichen Machtverhältnissen ausgestattet. Diese müssen von den Teammitgliedern akzeptiert werden. Durch die Neuverpflichtungen werden die bestehenden Strukturen durchbrochen. Die Spieler werden mit neuen Rollen konfrontiert. Zum Beispiel kann dies für ein Spieler bedeuten, dass auf seiner Position mehr Konkurrenz herrscht, oder dass er vom Stamm- zum Einwechselspieler degradiert wird. Aus solchen Situationen können Rollenkonflikte entstehen, die dem Mannschaftszusammenhalt und letztendlich der Leistung schaden.

Um diesen Konflikten vorzubeugen, ist vor allem eine gute Kommunikation notwendig. Gründe für den Transfer müssen der Mannschaft offen mitgeteilt werden, sowie die Vorteile hervorgehoben werden. Mit den betroffenen Spielern sollte zudem eine Lösung gefunden oder ein Kompromiss getroffen werden. Nur so kann die Akzeptanz der gesamten Mannschaft erreicht werden. Dass in diesem Punkt noch einiges Potential und Nachholbedarf steckt, zeigen die täglichen Medienberichte. Es ist keine Seltenheit, dass unzufriedene und übergangene Spieler die letzten Tage im August nutzen, einen neuen Verein zu finden, bei dem sie das Gefühl vermittelt bekommen, gebraucht zu werden. Dass dies wiederum den selben Prozess in der neuen Mannschaft auslösen kann, ist ihnen wohl nicht bewusst. Die Spirale kann nur durch geeignete Integrationsmaßnahmen gestoppt werden. Oder sie wird sich weiter drehen, bis der Transfermarkt geschlossen ist.

Literatur:
Cunningham, G. B. (2004). Strategies for Transforming the Possible Negative Effects of Group Diversity. Quest, 56, 421-438.
Rulofs, B. (2011). Diversity Management — Perspektiven und konzeptionelle Ansätze für den Umgang mit Vielfalt im organisierten Sport. In S. Braun & T. Nobis (Hrsg.), Migration, Integration und Sport (S. 83-97). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

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Sebastian Reinold: Fitness-Ziele erreichen, Teil4

Nichts ist so motivierend wie das Erleben von Erfolgserlebnissen. Erfolg haben muss dabei nicht das Erreichen eines großen Ziels bedeuten, sondern kann auch der stetige Fortschritt sein. Wie Sie Ihren Fortschritt und Erfolg in Ihrem Fitnesstraining auf unterschiedliche Art und Weise sichtbar machen können, erklärt Ihnen diese Themenreihe. Im dritten Teil wurden verschiedene Ziele mit Messfaktoren in Verbindung gebracht, im zweiten Teil wurden Ihnen die Methode der Videoselbstdokumentation vorgestellt, im ersten Teil ging es um den Umgang mit Fortschritten.

Zum Thema: Fühle ich mich schon besser?

Eine nicht unerhebliche Menge von Personen gibt an, dass sie durch Sport erholen wollen und Stress abbauen wollen. Einer Studie von Sudeck, Lehnert und Conzelmann (2011) zufolge sind dies immerhin 45%. Dieses Ziel scheint neben der Verbesserung der Gesundheit ein sehr wichtiger Beweggrund zu sein, Sport zu treiben. Das Wohlergehen, wozu Stressfreiheit gehört, ist allerdings ein Teil der Gesundheit, nämlich der psychischen Gesundheit.

Die Stimmung, das aktuelle Wohlbefinden und das Stresserleben sind Faktoren, die sich ebenfalls messen lassen, wie die in Teil 3 dieser Serie genannten Größen. Manche Menschen haben überhaupt kein Problem damit, ihre aktuelle Gefühlslage zu spüren und auszudrücken. Den anderen kann ein wenig dabei geholfen werden.

Eine Maßnahme, die Sie ganz allein durchführen können, um zu überprüfen, ob Sport eine Wirkung auf ihr Wohlergehen hat, ist, in sich hineinzuhören. Bewerten Sie sich doch auf die folgende Frage mit Hilfe der abgebildeten Skala: In diesem Moment fühle ich mich…

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Wenn Sie diese vor und nach dem Sport ausfüllen, können sie kontrollieren, ob sich eine Veränderung ergeben hat. Auch wenn es hier um Gefühle geht, sollen diese mit etwas mehr Tatsachen beschrieben werden. Dies hilft, eine Veränderung nicht nur zu fühlen, sondern auch faktisch belegen zu können.

Für die Personen, die es noch genauer wissen wollen, ob sich ihr Sporttreiben auf das Wohlergehen, vor allem in etwas längerer Hinsicht, ausgewirkt hat, besteht die Möglichkeit sich vom Sportpsychologen beraten zu lassen. Das psychische Wohlergehen kann durch Fragebögen, wie den Erholungs-Belastungs-Fragebogen (EBF) oder den Fragebogen zur wahrgenommene körperliche Verfassung (WKV) gemessen werden.

Literatur:

Kallus, K. W.  (1995). Erholungs-Belastungs-Fragebogen. Frankfurt: Swets Test Services.

Kleinert. J. (2006). Adjektivliste zur Erfassung der Wahrgenommenen Körperlichen Verfassung (WKV). Skalenkonstruktion und erste psychometrische Befunde. Zeitschrift für Sportpsychologie, 13, 156-164.
Wilhelm, P. & Schoebi, D. (2007). Assessing mood in daily life. Structural validity, sensitivity of change, and reliability of a short-scale to measure three basic dimensions of mood. European Journal of Psychological Assessment, 23, 258–267.

 

Erster Teil: Warum macht es Sinn, seine Leistungen im Fitnesssport zu messen?

Zweiter Teil: Wie sehe ich, ob ich schon besser aussehe?

Dritter Teil: Welcher Messfaktor gehört zu meinem Ziel?

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Ina Blazek: Sportlichen Erfolg organisieren

Die 15 Jahre junge Amerikanerin Catherine Bellis sorgte bei den US Open in New York bereits in der ersten Runde für die vielleicht größte Turnier-Überraschung. Das Tennis-Talent schaltete bei ihrem Premieren-Match die Australian-Open-Finalistin und an Nummer zwölf gesetzte Slowakin Dominika Cibulkova mit 6:1, 4:6, 6:4 aus. Bellis kommentierte ihren Erfolg mit den Worten: „Als ich in das Match gegangen bin, habe ich mir schon gedacht, dass es eine großartige Erfahrung wird.“ (Focus Online)

Zum Thema: Wie lassen sich richtige Rahmenbedingungen für sportlichen Erfolg schaffen?

Im heutigen Beitrag diskutiere ich die Bedingungen für junge Leistungssportler, die einen solchen Erfolg möglich machen. Gerade im Kindes- und Jugendalter fördert Sport die Gesundheit, die Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit der Athleten. Wer aber erfolgreich sein und vor allem bleiben möchte, muss auch die Sicherung und Entwicklung der Belastbarkeit im Auge behalten, um die Ausbildung von Fertigkeiten, den motorischen Leistungen und auch die Motivation für den Sport positiv zu beeinflussen (dgsp).

Hierfür ist das gesamte Umfeld der Athleten gefragt. Lehrer, Trainer, Arzt und Physiotherapeut sollten eng mit den Eltern zusammenarbeiten, um möglichen Überlastungsschäden vorbeugen zu können. Um die Belastbarkeit zu sichern, erfordern sportliche Leistungsanforderungen ein richtiges trainingsmethodisches Handeln und die Beachtung individueller biologischer Zustandsgrößen. Hier sind vor allem entwicklungsbedingte Leistungsunterschiede in der Trainingsgruppe zu akzeptieren. Experten sind sich einig, dass Prävention ein immanenter Bestandteil der sportlichen Ausbildung im Leistungssport ist (dgsp).

Kinder- und Jugendalter entscheidend für psychische Stabilität

Um die gewünschten Anpassungen und Leistungssteigerungen erzielen zu können, ist ebenfalls eine sportartgerechte Lebensweise nötig. Hierfür werden die Grundlagen natürlich im Elternhaus gelegt. Ergänzend können professionelle Strukturen helfen, um die Athleten in den verschiedenen Bereichen (Ernährung, Psychologie) zu informieren und zu begleiten. In Deutschland setzen verschiedene Projekte, die durch das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) gefördert werden, genau hier an und helfen, diese Strukturen bereits im schulischen Alltag der Leistungssportler zu geben. Nähere Informationen hierzu finden Sie unter:

http://www.bisp-sportpsychologie.de/SpoPsy/DE/Home/Workshop_Eliteschulen.html

Gerade im Kinder- und Jugendalter werden die Grundlagen für psychische Stabilität gelegt, die auch im Leistungssport über Erfolg oder Niederlage entscheiden kann. Also lohnt sich die sportpsychologische Begleitung bereits ab dem Eintritt in die Sportschule, um auch die psychische Belastbarkeit von Beginn an zu „trainieren“. Denn wie bereits im vorhergehenden BLOG (Link: Ina Blazek: Glück ist kein Zufallsprodukt”) erläutert, ist der Umgang mit Druck und Wettkampfsituationen auch für eher ängstliche oder pessimistische Athleten positiv zu beeinflussen, um langfristig die Motivation und den Willen zum Siegen aufzubauen. Denn wenn junge Athleten sich von Versagensängsten und Erfolgsdruck frei machen können, ist alles möglich – wie uns dies Catherine Bellis bei den US Open eindrucksvoll bewiesen hat.

Quellen:

http://www.dgsp.de/_downloads/allgemein/Praevention%20von%20Ueberlastungsschaeden-Logo-aktuellx.pdf

http://www.focus.de/sport/videos/catherine-bellis-wie-anna-kournikova-15-jaehriges-tennis-girl-begeistert-bei-us-open_id_4088427.html

 

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Katharina Petereit: Wettkampf vorbei – und nun?

Sowohl die Leichtathletik- als auch die Schwimm-EM sind nun vorbei. Die Leichtathleten konnten insgesamt sieben und die DSV-Athleten 22 Medaillen verzeichnen. In beiden Verbänden sind Sportpsychologen tätig, welche bereits mit einzelnen Athleten arbeiten. Die Sportpsychologie hat sich hier mittlerweile etabliert und wird aktiv in der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung genutzt. Doch vor allem die Nachbereitung von Wettkämpfen ist ein wesentlicher Aspekt in der sportpsychologischen Arbeit. Für viele Leichtathleten, die nicht bei den großen Meetings starten oder gestartet sind, war die Europameisterschaft der Saisonhöhepunkt. Auf diesen wurde lange hintrainiert, doch was folgt nach dem Wettkampf?

Zum Thema: Die Bedeutung der sportpsychologischen Nachbereitung

Die Wettkampfvorbereitung beinhaltet neben dem physischen Training unter anderem das Herausarbeiten von Zielen und Maßnahmen zur Erreichung dieser. Im Wettkampf geht es dann darum, die beste Leistung auf den Punkt abzurufen und das gesetzte Ziel zu erreichen. Einige Athleten sind erfolgreich, einige nicht. Es gibt Gewinner und Verlierer. Die gesetzten Ziele werden eben erreicht oder nicht. In beiden Fällen muss eine sportpsychologische Nachbereitung stattfinden. Hier ist es wichtig, im Anschluss an den Wettkampf nach der Gefühlslage, Schwierigkeiten oder gar Ängsten zu fragen und mit dem Sportler die Gründe für den Erfolg oder Misserfolg herauszustellen, um daraufhin geeignete sportpsychologische Interventionen zu erarbeiten.

Ursachenzuschreibung

Die Gründe für den Erfolg oder Misserfolg sollte der Athlet mit dem Trainer und einem Sportpsychologen besprechen und auswerten. Hier geht es darum, dass die Ursachenzuschreibung funktional erfolgt. Das heißt, dass der Sportler einen Erfolg mit stabilen und internalen Faktoren wie „Fähigkeit“ und „Anstrengung“ begründen sollte. Gründe für einen Misserfolg sollte er instabilen und externalen Ursachen wie „starker Gegner“ oder „Wetterbedingungen“ zuschreiben. Hierbei sollten die Gründe ohne Frage realistisch bleiben. Die Auswirkungen der funktionalen Ursachenzuschreibung äußern sich dadurch, dass die Erfolgserwartung steigt, positive Emotionen überwiegen und negative Gefühle wie Scham sinken. Zudem können Athleten mithilfe einer Wettkampfnachbereitung besser mit ihrem Ergebnis umgehen, es in ihre Karriere einordnen und offiziell mit dem vergangenen Wettkampf abschließen.

Nachbereitung = Vorbereitung

Eine Nachbereitung ist Voraussetzung für die nächste Trainings- und Vorbereitungsphase. Es können Situationen im Wettkampf auftreten, die den Athleten extrem unter Druck setzen, wie beispielsweise der Messfehler bei der Weitspringerin Melanie Bauschke, der Wechselfehler bei der Sprint-Staffel der Frauen über 4×100 m oder auch eine langsame Zeit der Startschwimmerin Jenny Mensing bei der 4×100-m-Lagenstaffel. Solche Ereignisse sollten detailliert besprochen und ausgewertet werden. Mithilfe von Videoanalysen können bestimmte Situationen veranschaulicht und reflektiert werden. Die Erfahrungen und Emotionen fließen zwar automatisch in die nächsten Trainingseinheiten mit ein, sollten aber dennoch gründlich besprochen und funktional genutzt werden.

Eine Auseinandersetzung mit Erfolg und Misserfolg motiviert den Athleten, gibt ihm Selbstvertrauen und führt dazu, dass er lernt, sich auch auf unkontrollierbare Bedingungen einzustellen. Zudem sollten die gesetzten Ziele mit den Ergebnissen abgeglichen werden, so dass diese gegebenenfalls abgehakt, verändert oder neu definiert werden können.

Eine solche Nachbereitung sollten nun auch die Leichtathleten und DSV-Athleten in Angriff nehmen, um auf Basis dieser in eine optimale Vorbereitung zu starten.

 

Weiterführende Literatur:

Loosch, E. (1997). Psychologische Aspekte der Zweikampfsportarten. In: Mosebach, U. (Hrsg.): Judo – Wurf und Fall. Beiträge zur Theorie und Praxis der Kampfsportart Judo. 76-90.

Stoll, O. & Alfermann, D. (2010). Sportpsychologie. Ein Lehrbuch in 12 Lektionen. Aachen: Meyer & Meyer Verlag.

 

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