Ein aktueller WDR Sport Inside Beitrag “Jungprofis in der Bundesliga: Noch früher ins Rampenlicht” sorgt für Aufsehen. Im Film von Matthias Wolf wird die Regeländerung kritisch beleuchtet, nach der in der Fußball-Bundesliga zukünftig ohne jegliche Einschränkung bereits 16-Jährige Kicker zum Einsatz kommen dürfen. Diese Veränderung hat Borussia Dortmund angestossen. Ein Verein, der zunehmend auf junge internationale Talente setzt. Aber zu welchem Preis? Zu dieser Frage wurde unter anderem Dr. René Paasch von Die Sportpsychologen (zum Profil) befragt. Wir empfehlen an dieser Stelle den Beitrag, der unter anderem auf Sportschau.de oder über die Sportschau-App zur Verfügung steht:
Die deutsche Floorball-Nationalmannschaft hat bei der WM in Schweden ein episches Spiel abgeliefert: Im Viertelfinale gegen den Gastgeber, der gleichzeitig Rekordweltmeister ist, stand es bis in die Schlussminuten 2:2-Unentschieden. Schweden wackelte, alle Fans trauten ihren Augen kaum, die deutsche Mannschaft stand knapp vor der größten Sensation in der Geschichte der Sportart. Das Viertelfinale, welches am Ende knapp verloren wurde, kostete dem Team dann aber auf mentaler Ebene das angepeilte Turnierziel. Ein Insiderbericht von mir als Sportpsychologe der deutschen Floorball-Nationalmannschaft.
Zum Thema: Ego-Depletion im Mannschaftssport
Die Floorball WM ist nun vorbei und die deutsche Mannschaft beendet dieses Turnier auf Platz acht. Das eigentliche Ziel war Platz fünf und damit verbunden die Qualifikation zu den World Games im kommenden Jahr. War dieses Ziel realistisch? Ja, davon waren alle Experten überzeugt, mit denen ich im Vorfeld gesprochen habe. Dass dies schwer werden wird, war klar, aber eben machbar. Auch wenn der Spielplan gegen uns sprach.
Denn die WM startete für Deutschland mit einem freien Tag. Ein wichtiger Regenerationstag nach den ersten Belastungen blieb der Mannschaft damit verwehrt. Los ging es gegen die Schweiz und unser Team verlor unglücklich – schlussendlich deutlich, aber auch nicht unerwartet. Dann wurde Norwegen klar mit 8:3 geschlagen und gegen Tschechien – wie erwartet – 0:8 verloren. Im Achtelfinale traf Deutschland auf Polen. In diesem Spiel zeigte die Mannschaft erneut ihre Klasse: Spiel vier in vier Tagen und ein klarer Sieg mit 10:2.
Ein episches Spiel gegen Schweden
Was dann folgte, kann man mit Fug und Recht ein episches Spiel nennen (siehe hierzu meinen Blogbeitrag „An Tagen wie diesen“). Die Partie gegen den amtierenden Weltmeister wurde mit 2:5 äußerst knapp und erst gegen Ende des Spiels verloren. In diesem Spiel bot das deutsche Team eine nie dagewesene Willens- und damit auch spielerische Leistung. Das war nun das fünfte Spiel in fünf Tagen und für einen kurzen Moment, an Tag fünf plus eins, hatte das Team die Möglichkeit „durchzuatmen“.
Ein freier Tag stand an. Und Family & Friends durften besucht werden. Eine „Mini-Auszeit“ für alle und dann kam die eigentlich wichtige Phase im Kampf um Platz fünf. Es wartete das sogenannte Halbfinale im Wettbewerb der vier Viertelfinalverlierer. Gegen die Slowakei musste also gewonnen werden, um in das Platzierungsspiel um Rang fünf und damit die World Games einzuziehen. Die Slowaken wurden im Vorbereitungsturnier in Polen geschlagen. Uns war bewusst, dass dieses Spiel natürlich schwer würde, aber eben auch DAS Schlüsselspiel ist, um Platz fünf erreichen zu können. Die Einstellung stimmte, der Optimismus war da – alle wollten, alle gaben erneut „Ihr Bestes“, aber das Spiel ging mit 1:4 verloren.
Volitional am Ende
Am Tag darauf ging es dann „nur“ noch um die „goldene Ananas“ – also um Platz sieben oder acht – und auch das ging verloren. Nicht weil die Spieler nicht wollten – nein, sie waren „volitional“ am Ende. Nicht körperlich oder, um es mit eher öffentlichkeitwirksamen Begriffen zu umschreiben: Dieser Leistungseinbruch war eher „mental“ als „körperlich“. In der Sportpsychologie nutzen wir für dieses Phänomen auch den Begriff „Ego-Depletion“ oder auch „Ich-Erschöpfung“.
Damit gemeint ist eine volitionale (willentliche) Erschöpfung, die das Phänomen beschreibt, dass bei aufeinanderfolgenden Aufgaben, die alle eine willentliche Anstrengung (Ich-Kontrolle bzw. Selbstkontrolle) erfordern, die Leistung in den darauf folgenden Aufgaben verringert ist. Die zentrale Annahme des Ich-Erschöpfungs-Modells besagt, dass alle willentlichen Anstrengungen (z. B. Ausdauer bei schwierigen Aufgaben) auf eine allgemeine innere Ressource (Volition, Wille) zugreifen, deren Kapazität begrenzt ist und daher durch Gebrauch kurzfristig erschöpft sein kann. Im Sport existieren hierzu einige spannende Experimente, die zeigen, dass Ego-Depletion mit höherer Wettkampfangst sowie schlechteren Entscheidungen im Spiel zusammenhängen (Furley et. al, 2013; Englert, 2017).
Schlüssel liegt in der Belastungssteuerung auf mentaler Ebene
Kann man diese Ressourcen optimieren? Ja, mit einer guten psycho-sozialen Vorbereitung, ähnlich dem körperlichen Training. Im Wesentlichen geht es auch hier um Belastungssteuerung auf einer mentalen Ebene.
Kann man Ego-Depletion kurzfristig eindämmen (wie in unserem Fall bei der Floorball-WM)? Nein, ein einziger Tag Erholung ist dafür zu kurz. Man müsste eigentlich das gesamte System aus der „Bubble“ herausnehmen und vor allen Dingen bewährte und bekannte Verfahren der Stressbewältigung umsetzen, d.h. auch gedanklich „kognitiv komplett aussteigen“. Hierzu gehören klassische Entspannungsverfahren, Achtsamkeitsübungen, ggf. Meditation, aber auch Tätigkeiten, die nichts mit dem zuvor erlebten und erschöpfenden Handeln zu tun haben. Dafür sind 24 Stunden zu kurz.
Philip Furley, Alex Bertrams, Chris Englert, Ana Delphia, Ego depletion, attentional control, and decision making in sport, Psychology of Sport and Exercise,Volume 14, Issue 6, 2013, Pages 900-904, https://doi.org/10.1016/j.psychsport.2013.08.006.
Chris Englert, Ego depletion in sports: highlighting the importance of self-control strength for high-level sport performance, Current Opinion in Psychology, Volume 16, 2017, Pages 1-5, ISSN 2352-250X, https://doi.org/10.1016/j.copsyc.2017.02.028.
Schon auf den ersten Blick ist Bogomil Poliakov (zur Profilseite) ein sehr interessanter Neuzugang im Team von Die Sportpsychologen: Pendelt der junge Mann doch zwischen der fränkischen Metropole Nürnberg und der bulgarischen Hauptstadt Sofia durch die Sportpsychologiewelt. Spannend sind auch seine eigenen sportlichen Erfahrungen, die er in seine Arbeit einfließen lässt. Etwa in Bezug auf Entspannungstechniken. Mehr dazu im Interview, welches Redaktionsleiter Mathias Liebing geführt hat.
Bogomil, du pendelst zwischen Nürnberg und Sofia. Was unterscheidet die fränkische Metropole und Bulgariens Hauptstadt auch in Bezug auf das sportpsychologische Arbeiten?
Also erstmal generell wird die fränkische Metropole durch ein gemütliches Lebensgefühl, traditionelle und leckere Küche, gesellige, bodenständige und herzliche Menschen, womit man auch ganz toll über alles mögliche reden könnte, wunderschöne Ausflüge ins Grüne, und zwar direkt mit den Öffis, v.a. mit den S-Bahnen (nach Bamberg, Bayreuth, Ansbach, in den Landkreis Nürnberger Land, in die fränkische Schweiz zum (Bier-)wandern, Klettern etc.) gekennzeichnet. Man kann entlang der vielen hervorragend ausgebauten Wege und Pfade schön wandern, radeln, an Sportgruppen in der Stadt, z.B. Capoeira, Feldenkrais etc., teilnehmen, in einem Sportverein am Tag der offenen Tür aktiv werden. Ich war zusätzlich Gründungsmitglied einer Zweigstelle der Capoeiragruppe in Ansbach. Leider war das Projekt kurzlebig. Ich habe Selbstverteidigung und Krav Maga danach in denselben Fitnessräumen bis zu einem wichtigen Schnittpunkt, genauer: meiner sportlichen Verletzung, trainiert. Man kann schön und gemütlich in die Therme im Nürnberger Umfeld fahren, nach Bad Windsheim, Bad Staffelstein usw., in tollen Hallenbädern der Stadtwerke, z.B. im Nordosten Nürnbergs, schwimmen und im Warmbecken nach dem Training die Muskeln entspannen.
Das sportliche Angebot in und um Nürnberg ist für mich sowohl für Individualsportler als auch für Teamevents enorm und vielfältig.
Ich habe bis zum Beginn meiner freiberuflichen Tätigkeit als psychologischer Berater im Jahr 2022 vor allem Erfahrungen im klinisch-psychologischen Bereich gesammelt und mich mit verschiedenen Experten und Supervisoren im Feld der klinischen Psychologie und Psychotherapie vernetzen können. Seit Mitte 2022 bin ich in meiner alten Heimatstadt Sofia ansässig und seit ca. Anfang 2023 pendele ich zwischen Sofia und Nürnberg. Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen, jedoch schöpfe ich Kräfte aus sinnvollen privaten Aufgaben, die ich hier vor Ort neben der beruflichen Tätigkeit übernehmen kann. Der Fokus auf konstruktive Alltagsgestaltung hält mich auf Trab.
Damit zu Sofia: Das moderne Lebensgefühl ist durch Großstadtfeeling, Hektik, positiven Stress und eng bebaute Räume gekennzeichnet. Jeder eilt irgendwohin, keiner grüßt so richtig und nimmt sich selten Zeit für ein Schwätzchen. Das sportliche Angebot wächst beständig und ich bin überrascht über die Vielfalt und die kurzen Meldewege. Mittlerweile praktizieren z.B. in Wiener Akademien ausgebildeten Feldenkraispädagogen in Gruppen- und Einzelunterricht. Das Angebot an Capoeiravereinen, Physiotherapie- und klassische TCM Praxen war bereits vor ca. zehn Jahren groß. Die Infrastruktur von Hallenbädern ist ausbaufähig und manche Anlagen sind sanierungsbedürftig. Sanierungsstau in Sporthallen ist keine Ausnahme, jedoch könnte man top ausgestattete neue Sportanlagen finden, vorausgesetzt man nimmt sich ausreichend Zeit zum Recherchieren und zum Ausprobieren. Saunalandschaften gibt es auch zu Genüge. Klassischerweise werden Gruppensportarten wie Fußball, Basketball, Volleyball (auch die internationalen Erfolge) gesellschaftlich hoch angesehen und die Sportler erreichen auch mal Kult- und Werbungsstatus (Dimitar Berbatow mit einer Akademie für Jugendtalente oder Hristo Stoitschkow mit dem Ball D’Or sind nur einige bekannte Beispiele).
Allerdings fehlt auch dem Fußball Berufsverband an Mitteln für Drittprojekte, was ein brandaktuelles Thema in den lokalen Sportmedien ist. Kurzum: Hervorragende Leistungen von Einzelsportlern und Krisen durch fehlende Finanzierungen für Ausbildung und Training im Gruppensport prägen das sportliche Bild vor Ort.
Deswegen stellt sich das sportliche Arbeiten vor Ort in Sofia vor allem als eine Privatinitiative dar, dass heißt üblicherweise in einer (sport-)psychologischen Privatpraxis mit Einzelpersonen oder als Zusammenarbeit mit NGO-Initiativgruppen, z.B. mit einer Jugendtalentakademie usw.
Du arbeitest sportpsychologisch gern und häufig digital. Welche Vorteile bietet die digitale sportpsychologische Praxis im Gegensatz zur Arbeit in Präsenz?
Meine digitale sportpsychologische Praxis bietet mir die Vorteile der räumlichen und zeitlichen Flexibilität. Ich könnte morgens und abends, z.B. ab 17 Uhr nach den üblichen Arbeitszeiten, Beratungstermine anbieten. Ich kann die Beratungsschwerpunkte und -ziele gemeinsam mit den Kunden bestimmen und Beratungsprozesse flexibel begleiten, z.B. intensive wöchentliche Beratungen zu Beginn oder phasenweise Follow-Up Termine je nach Bedarf der Kunden anbieten.
Ich kann mir mehr oder minder die Fort- und Weiterbildungsthemen und -zeitpunkte frei wählen bzw. mit Supervisoren vor Ort oder digital absprechen und daran teilnehmen.
Mit Hilfe der Online-Praxis konnte ich meinen Lebensstil mit dem Beruf relativ erfolgreich vereinbaren. Ich nehme mir beispielsweise lieber drei Mal in der Woche Zeit fürs entspannte Kochen als auswärts zu essen. Das ist mir wichtig!
Anfangs dachte ich, dass ich im Gegensatz zur Präsenzarbeit mehr reisen könnte und möchte. Das ist allerdings abgesehen von Fortbildungen und wenigen Auszeiten im Vergleich dazu fast identisch geblieben, was ja okay ist, denn Routine und Struktur im Alltag erlebe ich für mich nahezu ausschließlich positiv. Die Freiberuflichkeit beansprucht sogar verhältnismäßig mehr mentale “Präsenzzeit” von mir, denn die Nachrichten trudeln schnell ein und ich bin gerne für alle Anfragen irgendwie schon bald ansprechbar.
Du praktizierst selbst interessante Entspannungstechniken, zum Beispiel das “stille Sitzen”. Beschreib bitte bitte die Methode und welche Erfahrungen machst du damit?
Da ich bisher keine Schwimm- und Saunalandschaft für geeignet erklärt habe, konzentrierte ich mich auf Entspannungstechniken, die mir in der Vergangenheit zu mehr Ruhe verholfen haben. Mit dem stillen Sitzen bezeichne ich eher eine klassische Form der Meditation und Kontemplation. Die klassische Meditation bezieht sich vor allem auf die privaten Ich-bezogenen Erfahrungen, z.B. die Wahrnehmung der eigenen Gedanken, Emotionen, Körperempfindungen und Impulse, z.B. nehme ich manchmal einseitige Muskelverspannungen während der 25 minütigen Sitzeinheiten wahr. In der Regel geht es mir danach körperlich und mental besser. Ich kann freier atmen und mich schwungvoller bewegen. Genauso ordnen sich meine Gedanken, dazu lasse ich einige negative Gedankenkreise automatisch von mir fallen.
Die Grenzen zwischen Meditation und Kontemplation sind sehr fließend und theoriegeleitet. Dazu empfehle ich ein klassisches Werk von W. Massa “Kontemplative Meditation. Die Wolke des Nichtwissens. Präzise Anleitung zur kontemplativen Meditation in Parallele zum Zen.” Also beim kontemplativen, stillen Sitzen geht es darum, alle privaten Erfahrungen von sich zu weisen (“unter die Wolke des Vergessens zu stellen”), mit dem konzentrierten, sinnenhaften und emotionalen Fokus (mit einem “liebenden Aufmerken”) und wenn nötig mit einem fokussierenden Wort, sich an die Ganzheit der Erfahrung (“die Wolke des Nichtwissens zu durchbrechen”) zu richten. Sobald ich Sorgen und anderweitige Emotionen auf die Wolke werfen kann, stellt sich häufig eine entspannende Wirkung ein. Ich übe mich in einer Kombination aus emotionaler Durchlässigkeit und professioneller Distanz.
Neben der oben beschriebenen kontemplativen Entspannung könnte man sich genauso gut durch ein aktives Leben auf die Ganzheit der Erfahrung im Alltag fokussieren, z.B. im sportlichen Flow wird man ja teilweise ein Teil vom Ganzen der Erfahrung, Grenzen der eigenen Leistung verschwimmen und manchmal werden Höchstleistungen erbracht usw. Wobei die Flow-Erlebnisse (“die Gipfelerfahrungen”) kein eigentliches Ziel, sondern Nebenprodukte der Meditation, Kontemplation und des aktiven Lebens darstellen und ruhig schnell von sich gewiesen werden könnten.
Ich habe wirklich schon viel erlebt in meiner eigenen sportlichen Karriere, aber auch in meiner fast 30-jährigen Laufbahn als Sportpsychologe. Und eigentlich fällt mir auch immer etwas ein, was ich sagen könnte, aber am ersten Viertelfinaltag der Floorball-WM 2024 erlebte ich etwas, was so besonders war, sowohl sportlich auch als „mental“, dass selbst mir die Worte fehlen. Ich war sprachlos und ich suche noch immer eine Erklärung für das, was dieses deutsche Team in Malmö gezeigt hat. Aber beginnen wir mal etwas früher.
Zum Thema:Turnierbeobachtungen eines Sportpsychologen
Wer meinen Blog-Beiträgen folgt, weiß, dass ich aktuell in Malmö bei der Floorball WM bin und die deutsche Herren-Nationalmannschaft begleite und berate. Kennen gelernt habe ich das Team und Staff vor knapp einem halben Jahr auf zwei Zusammenzügen der Mannschaft in der Slowakei und in Polen. Schon da habe ich gesehen, dass diese Mannschaft eine besondere ist. Keine Animositäten, sehr diszipliniert und offen in der Kommunikation, das Trainer-Athleten-Verhältnis sehr balanciert und alle hatten den Blick nach Malmö gerichtet.
Betrachtet man die Ergebnisse dieser Vorbereitungsturniere, dann könnte man zusammenfassen: Vieles läuft – wie erwartet, aber dennoch ist „Luft nach oben“. Im Prinzip ordneten sich die Jungs unter den Top-8-Teams der Welt ein. So waren eben auch die Ergebnisse. Schon in dieser Zeit hatte ich einige individuelle Gespräche, konnte einiges an Psychoedukation umsetzen, die Trainer in Sachen Kommunikation beraten und natürlich haben wir auch Entspannungsverfahren ausprobiert, die vor allen Dingen die mentale Erholung unterstützen sollten.
Fehler in Malmö erkannt
In Malmö angekommen war die Vorfreude groß und natürlich war auch bei einigen Spielern die Anspannung anzusehen, die aber regulierbar war (und ja auch irgendwie dazu gehört). Wir trainierten einmal, und spielten dann. Das erste Gruppenspiel gegen die Schweiz sollte bestenfalls gewonnen werden, aber auch eine Niederlage wäre kein Beinbruch. Die 2:8-Niederlage klingt schlimmer als sie war. Im Debriefing wurden die Fehler eindeutig erkannt und von den Trainer sowie vom Team offen angesprochen. Das Ergebnis: Keinerlei Spannungsverlust, kein Stimmungsabfall und eine weiterhin positive Sicht nach vorn.
Es folgte ein sehr starker 8:3-Sieg gegen Norwegen. Auch das ist durchaus nicht selbstverständlich. Bis 2018 kassierte man noch zweistellige Niederlagen gegen Norwegen. Die jüngsten drei direkten Vergleiche wurden jedoch mit einem Sieg abgeschlossen. Auf dem Feld war eine geschlossene Gruppe zu beobachten, die Lösungen nach vorn entwickelte und umsetze. Damit war dann auch schon eine gute Grundlage für das weitere Turnier gesetzt.
Keine Klatsche, trotz 0:9
Am abschließenden Gruppenspieltag darauf ging es wieder gegen eine Top-4-Nation: Tschechien. Die 0:9-Niederlage könnte man auf den ersten Blick als eine „Klatsche“ bezeichnen, war sie aber nicht. Die Tore fielen im Wesentlichen auf der Basis individueller Fehler – das System an und für sich spielte stabil. Auch hier half das sehr offene und konstruktive Debriefing dieses Spiels. Das Team konnte einen „Haken“ dransetzen und das Gelernte mitnehmen.
Das Playoff-Match gegen Polen um den Einzug ins Viertelfinale wurde ziemlich souverän mit 10:2 gewonnen werden und im Debriefing wurden vor allen Dingen auf die eigenen Stärken fokussiert, insbesondere auf unsere Defensiv-Stärke. Und nun ging es – früher als erwartet – im Viertelfinale gegen Weltmeister Schweden.
Innen- und Außensicht
Das Team wusste natürlich genau, was und wer da kommt. Die deutschen Niederlagen seit 2004 bewegten sich so zwischen 0:13 und 4:19 vor zwei Jahren. Niemand gab im Vorfeld einen Pfifferling auf die deutsche Mannschaft in diesem Spiel. Innerhalb des Systems sah es ganz anders aus. Die Trainer stellten die Truppe aus meiner Sicht optimal ein. Vor allen Dingen ging es darum, so lange wie möglich mithalten zu können. Eine stabile Abwehrleistung zu zeigen und schnelle sowie konsequente Entscheidungen zu treffen, wenn es nach vorn gehen sollte. Und genau das ging direkt in die Köpfe der Spieler.
Hinzu kam der enorm hohe Mannschaftszusammenhalt, der sich im vergangenen Jahr entwickelt hat sowie die Freude – und auch hier bei den Rookies – gegen die Schweden spielen zu dürfen. Die Atmosphäre schon im Bus zur Anfahrt war sehr speziell. Der Gang durch die Katakomben in die Kabine war fokussiert, das Warm-Up zunächst gelassen und mit viel Spaß umgesetzt und das strukturierte Warmup erfolgte sehr konzentriert. Was ich dann beim „Walk-In“ in den Augen der Jungs gesehen habe, war sehr besonders. Der Respekt vor dem Top-4-Gegner, den sie noch beim Schweiz- und beim Tschechien Spiel hatten, war komplett verschwunden. Und dann folgten 60 Minuten „Weltklasse-Floorball“ vom Feinsten.
Energie mit Händen zu greifen
Das Team spielte – wie ein echtes und unglaublich überzeugtes Team. Da war eine Abwehrwand, die für die Schweden kaum zu überwinden war. Jeder erfüllte seine Aufgabe, das sehr physische Spiel der Schweden wurde angenommen und genau so zurückgegeben. Am Ende des 1. Drittels stand es 1:1. Die Energie, die in der Drittelpause in der Kabine in der Luft lag, ließ sich deutlich spüren – beinahe mit Händen zu greifen. Und trotzdem – sie blieben „auf dem Boden“ und wollten genau da weiter machen, wie man begonnen hat.
Im zweiten Drittel gab es keinen Bruch. Die Mannschaft machte genau da weiter, wo das erste Drittel endete. Jeder lief für jeden, jeder hielt dagegen mit allem, was er hatte. Das Abwehrbollwerk stand wie eine Wand und ein Rookie erlaubte sich kurz nach dem 1:2-Rückstand, erbarmungslos zurückzuschlagen: Ausgleich 2:2. So ging es in die Drittelpause und ich konnte das erste mal ein kleines Lächeln auf den Gesichtern einiger Spieler sehen. Aber immer noch war diese starke Präsenz zu spüren. Körperlich – mental – Energie pur. Und allen war in dieser Drittelpause klar, dass an diesem Tag etwas außergewöhnliches passieren konnte.
Nervöse Schweden
Und das nach fünf Spielen an fünf aufeinanderfolgenden Tagen (die Schweden hatte zuvor zwei Tage Pause) – also in einer reinen objektiv zu betrachtenden physischen und psychischen Ausnahmesituation. Und die Jungs gingen auf das Feld mit entschlossenem Blick, und der Überzeugung alles zu geben, was sie noch hatten. Und so ging es weiter. Nach 50 Minuten rieb ich mir ungläubig die Augen – es stand noch immer 2:2. Was wäre hier wohl los, wenn wir in Führung gehen würden?
Die Bank der Schweden verhielt sich zunehmend nervöser. So richtig fand man keine Lösung gegen diese Deutschen. Dann fiel das 3:2 der Schweden und es hätte sein können, dass das Team jetzt einbricht. Nichts davon war zu sehen. Die Jungs, fighteten, rannten und unterstützen sich gegenseitig weiter, als stünde man in einem Finale.
Unbändiger Wille, bis zum Schluss
In den letzten Minuten fiel dann das 4:2 und das 5:2, weil der Coach den Goalie zugunsten eines zusätzlichen Feldspielers einsetzte. Man kassierte sogar noch eine Zwei-Minuten Strafe kurz vor Schluss und die Jungs stellten auf Manndeckung um. Was für eine mutige und energieaufwendige Entscheidung. Da unten spielte ein Mannschaft mit einem unbändigem Willen. Und die Uhr tickte nach unten – das Team lief und kämpfte.
Am Ende steht da eine 2:5-Niederlage. Gegen Schweden. Nie, niemals zuvor war es so knapp. Hätte man das den Jungs am Anfang des Spiels angeboten, wahrscheinlich hätten sie es genommen. Aber nach dem Spiel: Nein! Alle wussten, hier wäre an einem Tag wie diesem in Malmö mehr drin gewesen.
Kein Glück, ein Wunder
Ein kleines Detail fällt mir noch ein. Am frühen Nachmittag im Kabinengang. Da wünschten uns die Polen „Good Luck“. Daraufhin sagte einer unserer Trainer: “We don`t need luck, we need a fucking miracle“. Diese Märchen lag in der Malmö Arena wirklich in der Luft.
Im schwedischen Malmö findet in der ersten Dezemberhälfte die Floorball-WM statt. Der tschechische Profi Matej Havlas wurde in einem Interview im Fachmagazin unihockey.ch auf die leeren Ränge und die fehlenden Zuschaueremotionen in den Vorrundenspielen angesprochen. Seine Antwort: Es sei für das Team und den Staff schwieriger, die nötige Spannung zu finden, wenn die Emotionen von aussen fehlen. Schauen wir uns das mal aus sportpsychologischer Sicht an.
Zum Thema: Die Herausforderung der mentalen Spannung im Sport: Ohne Zuschauer im Stadion
In leeren Stadien fehlt die emotionale Unterstützung der Zuschauer. Im Fussball wird oft vom “12. Mann” gesprochen. Die Zuschauer im Stadion erzeugen eine Atmosphäre, die Spieler dazu anspornt, ihr Bestes zu geben. Jubel, Applaus und allgemeine Aufregung setzen Adrenalin frei, was im Ergebnis die Leistung positiv beeinflussen kann. Fehlen diese externen Reize, müssen Sportler mehr auf ihre inneren Ressourcen zurückgreifen, um die nötige Anspannung und Fokussierung zu erreichen. Dies erfordert verstärkte interne Motivationsstrategien und Selbstdisziplin – was den psychologischen Druck erhöht.
Eigenverantwortung reloaded
Ohne Zuschauer fällt es den Sportlern schwerer, sich selbst zu motivieren. Die Eigenverantwortung für das Aufrechterhalten der mentalen Spannung wächst. Dies führt zu einer intensiveren inneren Auseinandersetzung, bei der die Sportler ständig an sich arbeiten müssen, um die erforderliche mentale und emotionale Stärke aufrechtzuerhalten. Es ist, als müsste man ein inneres Feuer am Brennen halten, ohne dass externe Funken hinzugefügt werden. Die Emotion kann sich ein Team zum Beispiel geben, indem es positive Aktionen auf dem Feld bejubelt. Dies kann man sehr oft im Unihockey (so heisst es in der Schweiz, in Deutschland mittlerweile Floorball) beobachten.
Auch der Trainerstab spielt eine zentrale Rolle dabei, die nötige Spannung und Motivation innerhalb des Teams zu erhalten. Ohne die unterstützende Atmosphäre eines Publikums müssen Trainer und Betreuer zusätzliche Anstrengungen unternehmen, um die Spieler mental auf das Spiel vorzubereiten und ihnen den nötigen Ansporn zu geben. Dies kann durch gezielte Motivationsgespräche, Visualisierungstechniken und die Schaffung von simulierten Wettkampfsituationen erfolgen.
Praktische Beispiele aus der Sportpsychologie
Visualisierung: Athleten können sich vorstellen, wie sie erfolgreich sind, um ihre mentale Stärke zu stärken. Zum Beispiel kann ein Unihockeyspieler sich vorstellen, wie er ein Tor erzielt oder einen Schuss blockt, um seine Konzentration zu verbessern.
Atemtechniken: Durch gezieltes Atmen können Sportler ihre Nervosität reduzieren und sich besser konzentrieren. Ein Beispiel wäre das tiefe Ein- und Ausatmen, um sich zu beruhigen.
Positive Selbstgespräche: Athleten können sich selbst ermutigende Worte zuflüstern, um ihre Motivation zu steigern. Zum Beispiel: “Ich kann das schaffen, ich bin stark.”
Rituale und Routinen: Regelmässige Routinen vor dem Wettkampf können helfen, den “Wettkampfmodus” einzuleiten. Ein Beispiel wäre das Tragen bestimmter Kleidung oder das Durchführen bestimmter Übungen vor dem Spiel. Oft haben Teams bei einer WM-Kampagne ein Motto und kreieren über die Geschichten dazu die nötigen Emotionen. Oder das gegenseitige Pushen bei gelungenen Aktionen führt dazu, dass das Erregungsniveau im Körper angeregt wird resp. erhalten bleibt.
Netzwerk für Sportpsychologie
Wir hier im Netzwerk Die Sportpsychologen verfügen über viel Erfahrung im Floorball bzw. Unihockey. Kommt gern auf uns zu, wenn ihr auch mental durchstarten wollt. Wir freuen uns in jedem Fall schon auf die WM-KO-Phase, in der sicher dann auch in Malmö die Hallen voller werden dürften.
Am Samstag, den 25. Januar, bieten Die Sportpsychologen in Berlin eine Fortbildung zum Thema Psychotraumatologie im Sport an. Klaus-Dieter Lübke Naberhaus (zum Profil), Arzt, Therapeut, Trainer, Coach und sportpsychologischer Coach, führt durch die Fortbildung. Er vermittelt Grundwissen und liefert praxisrelevante Werkzeuge für SportpsychologInnen, sportpsychologische ExpertInnen und qualifizierte Mentaltrainerinnen. Explizit eingeladen sind auch Studierende aus dem Themenfeld Sportpsychologie.
Die Veranstaltung findet in der Geschäftsstelle von Alba Berlin statt. Die Unterstützung wird durch Elisa Lierhaus (zum Profil) von Die Sportpsychologen möglich, welche in der Frauen-Abteilung des Berliner Basketballclubs als Sportpsychologin arbeitet. Im Anschluss an die Fortbildung haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, das Basketball-Bundesligaspiel der Alba Frauen gegen die TK Hannover Luchse zu verfolgen.
Fortbildung
Wir haben Klaus-Dieter Lübke Naberhaus (zum Profil) gefragt, was alle Teilnehmenden von der Fortbildung erwarten dürfen:
“Sport, vielleicht sagen wir auch besser körperliche Betätigung, ist mittlerweile eine anerkannter Wirkfaktor in der Therapie zahlreicher psychischer Störungen, teilweise mit vergleichbaren Wirkungen von Psychopharmaka. Dies gilt auch für die Traumafolgestörungen.
Doch gerade der Leistungssport kann auch Verursacher psychischer Störungen sein, wie z.B. Depressionen, Burn Out und Essstörungen. Traumatische Erlebnisse im Sport können Auslöser sein und auch zu Traumafolgestörungen wie PTBS und Angststörungen führen. Die traumatischen Erlebnisse können zum Beispiel Verletzungen sein, Folgen von Mobbing oder auch die Art und Weise der Trainingsführung und der bestehende Leistungsdruck.
In diesem Workshop wollen wir uns gemeinsam mit den Grundlagen der Psychotraumatologie befassen, mit dem, was das sportpsychologische Coaching hier leisten kann und wann es auch Zeit ist, den Sportler in Hände eines erfahrenen Traumatherapeuten zu geben.”
Infos
Sa., 25. Januar, Berlin
13:00 – 17:00 Fortbildung von Klaus-Dieter Lübke Naberhaus von Die Sportpsychologen (zum Profil)
Thema: Psychotraumatologie im Sport
Ort: Konferenzraum in der Geschäftsstelle von Alba Berlin, Cantianstraße 24, 10437 Berlin (Prenzlauer Berg)
Qualitätssicherung: Auf Anfrage werden 6 Fortbildungspunkte (asp) angerechnet.
Kosten:
für ProfilinhaberInnen von Die Sportpsychologen: kostenlos (hier Mitglied werden),
Es ist zugegeben eine kleine Weile her, da bekam die deutsche Fußball-Nationalmannschaft reichlich medialen Ärger, dass sie für die Strecke zwischen Stuttgart und Basel den Flieger anstelle eines Busses genommen hat. Für Floorball-Nationalspieler sieht die Sportwelt anders aus: Dies beschreibe ich in diesem Text. Und ich zeige auf, was es für ein Vergnügen ist, in einem solchen Arbeitsumfeld sportpsychologisch tätig sein zu dürfen. Ich genieße es gerade sehr, in der ersten Dezemberhälfte 2024 das deutsche Nationalteam bei der Floorball-WM in Malmö zu begleiten. Aber erst einmal muss ich erklären, was es mit dem Titel des Beitrags auf sich hat.
Zum Thema: Auftragsvorbereitung, Beziehungsaufbau und Resilienz in der Zusammenarbeit mit Auswahlmannschaften
Alles begann im Mai, anlässlich des Final4 von Floorball Deutschland, an dem wir eine kleine Satelliten-Tagung für junge Sportpsychologinnen und Sportpsychologen durchführten und wir zu einer Trainerfortbildung eingeladen waren. Da sprach mich der Bundestrainer Martin Brückner an, ob ich nicht Lust hätte, die Mannschaft bis hin zur WM sportpsychologisch zu unterstützen. Ich habe nicht lange nachgedacht und zugesagt.
Floorball und ich – wir sind ja doch irgendwie alte Freunde. Aber das ist eine andere Geschichte. Nach nun zwei Trainingslagern in der Slowakei und in Polen (samt Turnier) in diesem Jahr, geht es nun los. Natürlich musste ich die Spieler alle erst einmal kennenlernen und mir ein Bild von diesem „System“ machen. Alles fühlt sich ganz gut an, gerade. Was wird auf uns zukommen?
Erholung steuern als sportpsychologische Aufgabe
Ab Sonntag, den 8. Dezember, jeden Tag ein Spiel. Und wir beginnen gegen einen besonderen Gegner – gegen die Schweiz. Ein Team, das zu den Top-4 Nationen gehört und eine Mannschaft ist, die Deutschland noch nie geschlagen hat.
Aber, was wird wohl meine Aufgabe als Sportpsychologe sein? Das weiß ich schon sehr genau. Jeden Tag spielen bedeutet eine hohe Belastung für die Spieler, sowohl physisch als auch psychisch und darum wird es wohl im Schwerpunkt bei mir gehen. Die Spieler müssen schnell zur Ruhe kommen, nicht lange grübeln und möglichst schnell schlafen.
Kommunikation als Arbeitsschwerpunkt
Außerdem geht es viel um Kommunikation auf der Bank, während der Auszeiten und auch auf dem Spielfeld. Das haben wir schon in den vergangenen beiden Trainingslagern zum Schwerpunkt gehabt. Und natürlich geht es letztendlich auch um Ergebnisse. Wir werden gewinnen, aber auch verlieren – davon ist auszugehen. Und ein funktionaler Umgang, insbesondere mit Niederlagen, kann die Mannschaft stärker machen. Vor allen Dingen, wenn es in die K.O.-Runde und um den Kampf um die Platzierung im Turnier geht.
Die Vision der Jungs ist Platz fünf, was mit der Qualifikation für die World Games im kommenden Sommer gleichzusetzen ist. Eine schwere Aufgabe, aber im Bereich des Möglichen, wenn alles super läuft.
Besondere Herausforderungen
Ich persönlich freue mich auf die Herausforderung in den kommenden 14 Tagen. Und nun kläre ich mal meine Überschrift auf: Kopenhagen, Kalmar, Växjö und Malmö? Tja, ich stieg am Montagmorgen, also am 2. Dezember, um 8:18 Uhr in den Zug in Richtung Norden ein. Dort traf ich Ferdinand Ondruschka und Hannes Langenstraß, die für Weißenfels und Chemnitz in der Bundesliga spielen und eben auch zur Nationalmannschaft gehören. Genauso wie ich, haben sie dieses Reisemittel gewählt. Wir fuhren zusammen bis Hamburg und bekamen auch noch den Zug nach Kopenhagen – aber dann wurde es tragisch, denn der Zug hatte schon in Hamburg eine Stunde Verspätung. Den Anschluss in Kopenhagen nach Kalmar (zum Vorbereitungslager) haben wir um eine Minute verpasst und da waren wir nun in Kopenhagen gestrandet. Aus der dänischen Metropole fuhr kein Zug mehr nach Kalmar. Also – Krisensitzung – was tun? Wir nehmen den Zug nach Växjö, was eine Stunde entfernt von Kalmar ist – da werden wir die Nacht verbringen, in einem Zimmer mit drei Betten und uns dann morgen nach Kalmar durchschlagen, denn um 10 Uhr ist ja das erste Training terminiert.
Da sage ich mal – so etwas ist psychologisch wertvoll! Und eine besondere Möglichkeit des „Beziehungsaufbaus“ und der Entwicklung von Stressresistenz. So etwas erlebst du bei der Fußball-Nationalmannschaft sicher nicht.
Bernd (Name von der Redaktion geändert) war Leistungssportler. Den Marathon lief er unter 2:45, den Halbmarathon in einer Stunde und 15 Minuten. Bis heute macht der inzwischen 65-Jährige weiterhin fast täglich Sport. Vor allem Functional Training, dazu drei Läufe pro Woche zwischen fünf und zehn Kilometern. Allerdings leidet er seit über 30 Jahren an Asthma. Zuletzt stellte er fest, dass sein Durchschnittstempo rapide sinkt. Schon nach 200 Metern fällt häufig die Atmung schwer. Manchmal verfliegen die Beschwerden nach circa zehn Minuten, aber nicht immer. Bernd fragt sich, ob die Ursache auch im Mentalen liegen könnten?
Zum Thema: Leistungsabfall durch eine mentale Blockade
Bei Die Sportpsychologen widmen wir uns in der Rubrik Frage und Antwort euren Themen aus sportpsychologischer Perspektive. In diesem Fall lautet Bernds Frage: “Woran kann ich erkennen, dass meine schlechtere Belastbarkeit auf eine mentale Blockade zurückgeht?”
Wichtig ist zunächst ärztlich abzuklären, welche medizinischen Ursachen das beschriebene Phänomen haben kann und ggf. die Medikation nochmals anderes einzustellen.
Begleitend dazu lässt sich herausfinden, ob es eine “psychische Blockade” ist und wodurch sie verursacht wird, und dann kann man das gezielt angehen.
Das Phänomen “Asthma” ist ein sehr vielschichtiges, vor allem weil die Atmung und die Leistungsfähigkeit substanziell betroffen sind. Ich habe einige Sportlerinnen mit Asthma gecoacht, die mentale Unterstützung hat praktisch immer die Leistungsfähigkeit erhöht und in einem Fall das Asthma komplett verschwinden lassen.
Empfehlenswert sind körperorientierte, sogenannte “embodimentorientierte” Techniken, die oft sehr schnell den Stresslevel und die Anspannung signifikant senken können. Und Techniken aus der Sporthypnose, mit denen man auch zielgerichtet an psychischen und körperlichen Blockaden arbeiten kann.
Wir von Die Sportpsychologen sind für dich da. Und weil wir wissen, dass manchmal eine kleine Schwelle im Weg steht, Kontakt zu einem “Psychologen”, einer “Psychologin” oder einer/einem “MentaltrainerIn” zu suchen, machen wir einen Schritt auf dich zu. Wenn du also auch eine Frage an uns loswerden möchtest, dann nutz dafür das folgende Formular.
Wichtig zu wissen: Manche Fragen und deren Antworten veröffentlichen wir nicht. Wir treten dann mit den jeweiligen FragestellerInnen persönlich in Kontakt. Dies behalten wir uns für Fälle vor, in denen die Anonymität nicht gewährleistet werden kann oder das angestoßene Thema besser im geschützten Raum besprochen wird. Zudem gilt: Unsere Antworten können nicht mehr als Anstösse liefern. Anstösse, von denen du als Leser oder Leserin ableiten kannst, wie wir von Die Sportpsychologen ticken und was wir so machen.
Wenn wie im Mountainbike-Sport von November bis Januar Rennpause ist, und die Weltcups sogar erst wieder im April starten, könnte man meinen, dass die Sportler viel Zeit für Erholung haben. Mitnichten. Nach zwei Wochen trainingsfrei geht es schon wieder los mit der Vorbereitung auf die nächste Saison. Die Off-Season ist voller Herausforderungen: Material will vorbereitet werden, Absprachen mit dem Team wollen getroffen werden, es gilt vielleicht auch, den Staff zu ergänzen oder teilweise auszutauschen, um in der Folgesaison und in der Vorbereitung maximale Unterstützung zu haben. Das medizinische Umfeld, das technische, die finanzielle Planung, das Gewinnen neuer Sponsoren – all das verlangt gerade Einzelsportlern viel ab. Dazu kommt: Die meisten von ihnen verbringen etwas Zeit in der Heimat, sind also in der Nähe ihres Sportpsychologen, sodass Zeit und Gelegenheit ist, in Präsenz zu arbeiten und viel zu bewältigen.
Zum Thema: Sportpsychologische Einsatzmöglichkeiten in der Saisonpause
Wir Sportpsychologen können bei den unterschiedlichsten Fragen, die in der Off-Season auftauchen, gut unterstützen. Ein vielleicht nicht sofort augenscheinliches, aber gern genutztes Beispiel lautet: Wie gehe ich als Sportler in die Verhandlung mit einem potenziellen Sponsor? Wie bereitet man das Gespräch vor? Wie kommt man zu möglichst viel Support, wie nutzt man Sprache und Körpersprache, und wie baut man ein solches Gespräch am besten auf?
Dann geht es in der Sportpsychologie natürlich auch um die mentale Vorbereitung der kommenden Saison, und manchmal auch um den Abschluss der vergangenen: Kann man Misserfolge, Verletzungen, Stürze und persönliche Enttäuschungen gut hinter sich lassen? Ist da noch etwas zu tun? Gibt es eine Verletzung, die noch Spuren hinterlassen hat, vielleicht sogar ein Trauma? Braucht es noch Klärung mit bestimmten Menschen? Gibt es Helfer, bei denen man sich bedanken möchte? All das ist spätestens in der Off-Season dran.
Blick nach vorn
Wenn die vergangene Saison dann abgeschlossen ist, kann der Fokus nach vorne gehen. Dann kommen die Themen der Zukunft:
Ziele und ihre Überprüfung auf mentale Tragfestigkeit
Zeitmanagement und Selbstmanagement
die Trainingsplanung und das Durchhalten in vielleicht härteren Trainingseinheiten
das Erarbeiten von Resilienz
die Entwicklung der Sportlerpersönlichkeit in Richtung einer höheren Professionalität
das Stärken des Selbstbewusstseins, um nicht nur sich selbst, sondern auch potentielle Unterstützer zu überzeugen und zu gewinnen
die Saisonplanung, auch im Hinblick auf wichtige Wettkämpfe: Wann sollte was im Blick sein, welche Eigenschaften braucht es wann? Wie kann man Termine planen, um zu den Saisonhöhepunkten topfit zu sein, auch im Kopf?
Fazit: Ob Season oder nicht – Es gibt vor allem im Profisport immer etwas zu tun. Auch für Sportpsychologen. Meine Kollegen und Kolleginnen im Netzwerk (zur Übersicht) und ich (zur Profilseite) stehen gern zur Verfügung.
Florian Deibl ist ein sehr ambitionierter Ironman Altersgruppenathlet aus Bayern. 2019 nahm er an der IRONMAN 70.3 WM in Nizza teil. Seither lag sein Fokus auf der Ironman WM auf Hawaii. Sein sportlicher Lebenstraum erfüllte sich im Herbst 2024. Weder Kosten noch Mühen hat er gescheut, um gemeinsam mit seiner Familie zwei Wochen vor dem Wettkampf, in absoluter Höchstform, die lange Reise nach Hawaii anzutreten. Doch dann kam alles anders: Eine Woche vor dem Rennen landete Florian Deibl mit tiefen Abschürfungen, Prellungen und Hämatomen im Krankenhaus.
Zum Thema: Umgang mit Krisen
Der Traum eines jeden Triathleten ist es, beim legendärsten Ironman Rennen der Welt, in Kona auf Hawaii, starten zu dürfen. Um dort dabei sein zu können, müssen strenge Qualifikationskriterien erfüllt werden. Schon die Teilnahme ist eine enorme Hürde. In Florians Altersgruppe M35 gibt es nur rund dreihundert Startplätze. Qualifizieren möchten sich hingegen jedes Jahr abertausende Athleten aus aller Welt.
Sein letztes Rennen vor Hawaii absolvierte Florian Deibl beim Ironman 70.3 Zell am See, wo er seine Form bestätigte und auf dem Podest landete. Folgerichtig hoch war seine persönliche Zielsetzung für Hawaii. Ich darf Florian als Mentalcoach seit 2020 in regelmäßigen Coaching-Einheiten begleiten. Gemeinsam erlebten wir schon viele Rennen, mit Hochs und auch Tiefs, wie in jeder Sportlerkarriere üblich. Aber: Aus den vergangenen Jahren konnte er enorm viele Erfahrungen mitnehmen und war für die WM auf Hawaii sowohl körperlich als auch mental gewappnet.
Wenn es einem eine Woche vor dem Wettkampf die Haut vom Körper reißt
Eine Woche vor seinem Rennen bekam ich, wie auch die Tage davor, von ihm eine WhatsApp-Nachricht. Ich freute mich schon wieder auf die wunderschönen Bilder von der Insel. Diesmal aber traute ich meinen Augen nicht. Ich entdeckte Fotos von blutenden und offenen Wunden und von der Notaufnahme im Krankenhaus. Er hatte im Training einen Radsturz erlitten. Die ganze Wucht fing er mit seinem Körper ab. Folgenschwer für ihn, während an seinem Rad kaum Schaden entstand. Am Ende seiner ersten Nachricht schrieb er noch „starten kann und werde ich natürlich dennoch“.
Aus eigener Erfahrung wusste ich, wie schmerzhaft und störend solche Wunden sind, vor allem wenn er in knapp einer Woche eines der härtesten Ironman Rennen der Welt bestreiten wollte. Aber ich war mir sicher: Wenn einer das schaffen kann, dann er. Er hat sich mittlerweile so ein starkes Mindset antrainiert, dass er trotz dieser Umstände in der Lage war, das Rennen zu finishen. In den Folgetagen tauschten wir uns täglich aus und machten zwei Tage vor dem Rennen noch eine Coaching-Session.
Krisenbewältigung
Ein unvorhersehbares Ereignis, wie Florians Sturz, kann einen Sportler aus der Bahn werfen. Psychologisch gesehen setzen uns derartige Krisen akut unter Stress, da wir das Gefühl haben, die Kontrolle über die innere oder äußere Situation verloren zu haben. An Florians Beispiel kann ich diesen Verlauf skizzieren. Dafür nutze ich ein Vier-Phasen-Modell, welches der Psychiater Johan Cullberg und Verena Kast, Professorin für Psychologie, entwickelt haben.
Phase 1: Schock
Am Anfang macht sich inneres Chaos breit, einige Menschen fühlen sich nun wie gelähmt, verleugnen sogar die Realität – und somit auch den Zustand. Florian berichtete, dass er nach dem Sturz das alles nicht wahrhaben wollte und am liebsten die Zeit zurückgedreht hätte.
Phase 2: Reaktion
Die Realität sickert langsam in das Bewusstsein. Es folgen meist Emotionen und Gefühle von Angst und Hilflosigkeit. Florian hat in dieser Phase mit seinem Physio in Deutschland die Situation abgeklärt, ob ein Start möglich war. Durch das OK von den Ärzten und vom Physio, in Kombination mit unserer Coaching-Session, konnten wir sein Vertrauen und seine Zuversicht stärken.
Phase 3: Bearbeitung
Hier beginnt der Ausweg aus der Krise. Dazu gehört zum Beispiel, den Zustand zu akzeptieren. Gleichzeitig beginnt die Suche nach Lösungen, mit denen man die Situation bewältigen kann. Bestenfalls gelingt es, das Vergangene hinter sich zu lassen und sich von negativen Gedanken zu trennen.
Florian musste in kürzester Zeit die neue Situation annehmen und den Zustand akzeptieren. Üblicherweise kommen hier immer wieder Gedanken, verbunden mit Fragen wie WARUM, WIESO, etc. Dies konnten wir aber gut abfangen: Denn durch die langjährige mentale Arbeit hat Florian gelernt, wie er negative Gedanken bewusst erkennt und diese durch bestärkende Selbstgespräche verändert.
Phase 4: Neuorientierung
In der letzten Phase der Krisenbewältigung richtet man sich neu aus. Florian musste sich von seinem ursprünglichen Ziel, eine Top-Platzierung zu schaffen, abwenden und sich bewusst machen, dass ein Finish bei diesem Rennen wie ein Sieg für ihn ist. Hier besprachen wir auch verschiedene Strategien im Rennen, um schlussendlich zu finishen.
Das Rennen
Florian nutzte die verbleibenden Tage bis zum Rennen, um seinem Körper die notwendige Ruhe zu gewähren, um die Wunden so gut wie möglich zu heilen. Statt die letzten scharfen Trainingseinheiten zu absolvieren, stand bei ihm spazieren gehen auf dem Programm. Schwimmen konnte er bis zum Start gar nicht mehr. Daher waren die 3,8km im Meer auch die größte Unsicherheit, wie sich das Salzwasser mit seinen vielen Wunden verträgt.
Trotz aller Unsicherheiten stand Florian bei der Ironman WM auf Hawaii an der Startlinie. Aber unter für ihn neuen Voraussetzungen. Beim Schwimmen platzierte er sich diesmal, nicht wie gewohnt in der ersten Reihe, sondern ganz hinten. Die vielen Pflaster auf den Wunden hielten und er stieg nach 3,8km mit einer super Zeit von 1:05:34 aus dem Wasser. Die Vorgabe auf den 180 Radkilometer war, den Fokus bei sich zu behalten und sich nicht von den niedrigeren Wattwerten beirren zu lassen. Er fuhr sein Tempo, blieb immer positiv und kam nach 5:07:21 in die zweite Wechselzone, was eine fantastische Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 36 km/h bedeutete.
Mentale Stärke
Florian berichtete im Nachgang davon, wie sehr der Körper ihn drosselte und wie er das gesamte Rennen im „Überlebensmodus“ unterwegs war. Den abschließenden Marathon, unter der brütenden Hitze, lief er trotz seiner Verletzungen in 3h52min.
Florian hat sich die begehrte Finisher-Medaille mehr als verdient. Er konnte beweisen, dass scheinbar Unmögliches möglich zu machen war. Er hat Lösungen gesucht, anstatt sich zu bedauern. Er schaffte es positiv zu bleiben, obwohl sein großes Ziel einer Top Platzierung nicht mehr erreichbar war. Meine Hochachtung vor seiner Einstellung und seiner bemerkenswerten Leistung. Das ist für mich wahre mentale Stärke.
Florian Deibl: 39 Jahre – verheiratet und ein Sohn – wohnt in Obertaufkirchen/Bayern – Geschäftsführer von Kokua Alltags- und Seniorenhilfe Isental – seit 2016 begeisterter Triathlet https://www.florian-deibl.de/
Zuletzt hat die deutsche Fußball-Nationalspielerin Lena Oberdorf geäußert, dass sie sich während ihrer aktuellen Verletzungspause psychologische Unterstützung geholt hat. Um “herauszufinden, wer sie neben der Fußballerin” sei? Schöner Ansatz, keine Frage. Grundsätzlich gilt: Sportler und Sportlerinnen sollten die Verletzungs- und Rehabilitationsphase auch sportpsychologisch nutzen. Wie, das kann gern individuell sein. Aus dem Netzwerk Die Sportpsychologen (zur Übersicht) haben Janosch Daul, Anke Precht, Klaus-Dieter Lübke Naberhaus und Dunja Lang einige Ansätze gesammelt, wie sie mit Sportlern und Sportlerinnen in deren Verletzungszeit arbeiten.
Nimm gern Kontakt auf oder leite den Text an andere SportlerInnen weiter, die gerade Unterstützung benötigen könnten.
Gerade Verletzungspausen bieten eine wertvolle Möglichkeit, sowohl “innezuhalten” als auch bewusst den eigenen Horizont zu erweitern. Doch immer muss zunächst geschaut werden: Wie geht es dem verletzten Sportler? Was braucht er? Und was sind infolgedessen die Ziele, die mit einer sportpsychologischen Zusammenarbeit einhergehen? Ein Ansatz, den ich schon oft in der Zusammenarbeit mit verletzten Sportlern angewandt habe, ist das mentale Training im engeren Sinne. Sich also bewusst Bewegungsabläufe der Zielsportart vorzustellen, ohne gleichzeitige praktische Durchführung. So können die Sportler auch in der Verletzungspause trainieren und “am Ball bleiben”. Zudem erlernen sie dadurch ein wertvolles Tool, das auch in verletzungsfreien Zeiten ein wertvolles, das physische Training ergänzendes Trainingstool darstellen kann.
Verletzungspausen sind ja meistens nicht wirklich Pausen. Da gibt es eine Menge zu tun neben der Reha. Zumindest im Profisport. Gespräche mit Medizinern, Vereinen, Sponsoren, der Presse. Viel Arbeit mit der Reha. Falls der betroffene Sportler in einem Verein spielt, gibt es dort meist auch Präsenzpflichten, um das Team weiterhin zu unterstützen. Die Vorstellung, da läge dann ein Sportler ein paar Monate auf der Couch, ist weit von der Realität entfernt. Nicht zuletzt schauen einige Sportler, dass sie in der Sportpause, wenn Wettkämpfe ausfallen müssen, ein paar dringend anstehende Prüfungen an der Uni absolvieren. Und hoffen natürlich, möglichst bald wieder ins Training zurückkehren zu können.
Daraus ergeben sich einige Themen für die Sportpsychologie:
die Fortsetzung des Trainings auf mentalem Weg, die oben von Janosch wunderbar beschrieben
die Herausforderungen an ein neues Zeitmanagement, das ganz anders sein muss als das bisherige, das durch Trainings- und Wettkampfzeiten stark strukturiert war
mentales Training zur Unterstützung der Heilungsprozesse
der Umgang mit der Zwangspause, der Tatsache, dem Team vielleicht nicht helfen zu können oder der Sorge, den Sponsor zu verlieren, aus der Natio zu fliegen, eine Qualifikation im Folgejahr nicht zu schaffen, auf die man viele Jahre hingearbeitet hat
zuletzt die Beschäftigung mit Themen, die vielleicht bisher im Hintergrund waren, oder mit einem möglichen Karriereende
Vieles haben Janosch und Anke schon beschrieben, und es ist definitiv, wie auch Anke sehr gut festhält, keine Pause. Sondern es ist in der Regel eine plötzlich und unerwartete Änderung der gegebenen Struktur und damit der Verlust von Ritualen, zeitlichen Abläufen und Gewohnheiten. Dies braucht eine Anpassungsleistung, die nicht jeder problemlos hinbekommt, alleine deshalb ist eine Begleitung schon sinnvoll.
Diese Phase bietet die Chance der Selbstreflexion des bisher Erreichten, eine Neujustierung der kurz-, mittel- und auch langfristigen Ziele oder deren Bestätigung, vielleicht auch nur der zeitlichen Anpassung.
Vielleicht werden auch wichtige Ziele durch die Verletzung nicht mehr erreicht, so dass hier Erwartungshaltungen korrigiert und Enttäuschungen verarbeitet werden müssen.
Doch was auf jeden Fall passieren kann, ist, dass es neben dem körperlichen Trauma auch ein psychisches Trauma zu verarbeiten gilt. Mit der Angst vor der Wiederverletzung, der Angst, die vorher erreichte Leistung nicht wieder zu erzielen oder überhaupt den Anschluss zu verlieren.
Viele Gründe sprechen dafür, sich hier sportpsychologisch begleiten zu lassen, wobei die Themen sehr unterschiedlich in ihrer Ausprägung sein können.
Sporthypnose als wertvolles Werkzeug bei Verletzungen und Krankheiten
Wie meine KollegInnen Janosch, Anke und Klaus treffend beschrieben haben, ist eine Verletzungspause weit mehr als eine körperliche „Pause“ – sie fordert SportlerInnen mental und physisch heraus. Die Sporthypnose bietet hier eine besondere Unterstützung, gerade bei Schmerzmanagement, Heilung und der Verarbeitung psychischer Belastungen.
Schmerzbewältigung und Heilung fördern
Sporthypnose geht über reine Entspannung hinaus. Sie hilft AthletInnen, Schmerzen wie Wund- oder Entzündungsschmerzen gezielt zu beeinflussen, was durch wissenschaftliche Studien gestützt wird. Hypnose ermöglicht es SportlerInnen, den Schmerz als Botschaft ihres Körpers zu verstehen und selbst aktiv zu steuern. Besonders wirkungsvoll sind innere „Reisen“ in den Körper, bei denen Heilungsimpulse auf betroffene Stellen fokussiert werden, um die körpereigenen Heilkräfte zu aktivieren.
Psychisches Trauma überwinden und Selbstvertrauen stärken
Nach einer Verletzung wird oft das psychische Trauma übersehen: Ängste und Unsicherheiten vor dem Wiedereinstieg. Die Sporthypnose hilft AthletInnen, diese negativen Erlebnisse loszulassen, das Vertrauen in ihren Körper wieder aufzubauen und sich mental auf den sportlichen Neustart vorzubereiten. Durch gezielte Hypnosearbeit können Ängste abgebaut und mentaler Widerstand gegen Rückschläge gestärkt werden.
Hypnose als nachhaltiges Werkzeug und erlernbare Selbsthilfe
Ein besonderer Vorteil der Hypnose ist, dass sie als Selbsthypnose erlernt werden kann, so dass AthletInnen sie jederzeit selbst anwenden können – auch langfristig zur Stressbewältigung. Hypnose wird damit zu einem wertvollen mentalen Werkzeug, das SportlerInnen stärkt, sowohl während der Verletzungszeit als auch darüber hinaus.
Fazit: „Comeback Stronger“ mit Sporthypnose
Wie Klaus treffend bemerkt, kann die Verletzungsphase eine Chance zur Neujustierung sein. Durch Sporthypnose gelingt es, körperlich und mental gestärkt aus der Verletzung zurückzukehren, Ängste zu überwinden und das Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu festigen – für ein wahres „Comeback Stronger“.