Thorsten Loch: Auslaufen und Teamentwicklung – passt das?

Thorsten Loch
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„Zu jeder Einheit sind Laufschuhe mitzubringen!“ So oder so ähnlich lautet meist die letzte Information auf dem Vorbereitungsplan. Ich kenne wenige Fußballer, die bei diesem Satz nicht die Nase rümpfen. Dabei können Laufschuhe auch aus sportpsychologischer Sicht ein wunderbares Vehikel sein, zum Beispiel im Sinne des Teambuildings. Denn neben dem Aufbau der physiologischen Parameter ist in der Vorbereitung ein Hauptziel des Trainers, aus der Menge an Individuen ein Team zu entwickeln, dass möglichst erfolgreich agieren kann. Das hinter dem Prozess der Teamentwicklung weitaus mehr als nur der obligatorische Besuch im Hochseilgarten steckt, ist vielen dabei nicht bewusst. Aus diesem Grund haben meine Kollegin Lisa-Marie Rückel und ich uns zur Aufgabe gemacht, in den nächsten Beiträgen den Teamentwicklungsprozess nach Tuckmann dem interessierten Leser vorzustellen und geeignete Interventionen mit an die Hand geben. Und da kommen sogar die Laufschuhe wieder ins Spiel.

Zum Thema: Wie kann das „Auslaufen“ aktiv genutzt werden, um den Teamentwicklungsprozess positiv zu beeinflussen?

Das Auslaufen hat mehrere gute Gründe, weshalb es nach den Einheiten genutzt werden sollte. Neben der aktiven Erholung für den aktiven und passiven Bewegungsapparat, sowie für Psyche (Regenerationszeit verkürzen) kann das gemeinsame lockere Austraben bewusst als Tool für die Teamentwicklung genutzt werden. Insbesondere zu Beginn der neuen Saison, wenn es gilt, neue Spieler in das bestehende Team zu integrieren und aus Einzelkämpfern ein funktionierende Team zu schaffen.

Damit der Sinn und Zweck erkenntlich wird, soll im Folgenden kurz die Theorie dargestellt werden. Der Weg zu einem funktionierenden Team ist nach Tuckmann (1965) an verschiedene Phasen eines Entwicklungsprozesses gebunden, die nacheinander durchlaufen werden müssen. Dieser stringente Ablauf wird auch als Teamentwicklungsuhr (Abbildung 1) bezeichnet. In Bezug auf die Steuerung von außen ist anzumerken, dass in jeder dieser Phasen Führung hilfreich und erforderlich ist. Das bedeutet, der Trainer und sein Verhalten sind maßgeblich an dieser Ausbildung beteiligt. Ggf. können bestimmte Interventionen die eine oder andere Phase günstig beeinflussen und beschleunigen.

Phase 1 Forming

In dieser ersten Phase lernen die Teammitglieder sich kennen und miteinander umzugehen. Man ist höflich und eher unpersönlich zueinander. Man geht vorsichtig miteinander um. Regeln der Zusammenarbeit werden formuliert und verabredet. In dieser Phase ist das Team vom gemeinsamen Funktionieren noch weit entfernt. Es geht darum, Situationen zu schaffen, in denen sich die Mitglieder kennen lernen können und ein Austausch möglich wird. Unter Umständen kann es sinnvoll sein, in dieser Phase eine gemeinsame Zielstellung zu formulieren.

Und hier kann bspw. das Auslaufen aktiv genutzt werden, um erste Berührungspunkte zu schaffen. Denkbar wäre, dass das Team mit verschiedenen Aufgaben während des Laufens beauftragt wird. Hier sind der Phantasie der Trainer keine Grenzen gesetzt. Zum Beispiel könnten sich die Spieler untereinander über private Dinge austauschen. Je nach Altersgruppe können auch spielerische Elemente mit eingebaut werden. So sollen sich die Spieler untereinander austauschen und dem kalendarischen Alter entsprechend von jung bis alt nach dem Auslaufen aufstellen können. Die Variablen können beliebig verändert werden. Über geographische Lage (Nord – Süd) des Geburtsortes, der Körpergröße usw. Damit die Aufgabe nicht allzu schnell seinen Reiz verliert, kann der Ball auch mit genutzt werden. Die Spieler sollen sich den Ball untereinander zu spielen, ohne einen Fehlpass zu provozieren.

Training/Spiel Revue passieren lassen

Eine weitere Möglichkeit ist, die Trainingsinhalte noch einmal ins Bewusstsein zu rufen. Wer den gleichen Fehler nicht ein zweites Mal machen möchte oder die einstudierten Sachverhalte (z.B. Abseitsfalle der Defensive oder Standartsituationen der Offensive) besser verinnerlichen möchte, kann das Auslaufen bestens dazu nutzen, um zum einen Situationen zum Austausch untereinander zu schaffen, als auch die Effektivität zu erhöhen. Das gilt für das Training als auch für den Wettkampf.

Beispielsweise hat man direkt nach einer Partie noch eine Menge Spielszenen im Kopf präsent und kann beim lockeren Austraben ganz nebenbei überlegen, warum sich eine Spielsituation auf eine bestimmte Weise entwickelt hat und nicht anders.

Fazit

Neben der physiologischen Vorbereitung und der Vermittlung der Spielidee, ist die Teamentwicklung ein zentrales Thema in der Vorbereitung. Das sich hinter dem Prozess der Teamentwicklung – umgangssprachlich auch als Teambuilding bezeichnet – weitaus mehr als der gemeinsame Besuch eines Hochseilgartens verbirgt, ist augenscheinlich vielen nicht bewusst oder sie wissen nicht, was man noch tun kann. Aus diesem Grund ist es unser Ziel, den interessierten Trainern Informationen mit an die Hand zu geben, wie der Prozess aktiv begleitet werden kann. Wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, vielmehr wollen wir die Ideen vermitteln und freuen uns über einen regen Austausch.

Mehr zum Thema

In einem Beitrag für Sportschau.de geht Mathias Liebing, Redaktionsleiter von Die Sportpsychologen, der Frage nach, ob es in der Fußball-Bundesliga einen Trend in Sachen Teambuilding gibt. 

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