Tennis ist eine hoch attraktive Sportart, mit einer sehr verlockenden Perspektive für eine spätere Profikarriere. Nicht selten tun entsprechend motivierte Eltern alles, um eine Leistungssportlaufbahn im Tenniszirkus anzubahnen – es werden Trainer bezahlt, fleißig nationale und internationale Nachwuchsturniere besucht und in Einzelfällen die talentierten Kinder in Tennisakademien geschickt. Nicht weniger Mädchen und Jungen steigen aber wegen des zu großen Trainingspensums oder den haushohen Erwartungen frühzeitig aus.
Zum Thema: Wie soll ein optimaler Einstieg in die Sportkarriere aussehen?
Es gibt verschiedene Meinungen, wie man aus einem Kind einen Profitennisspieler macht. Wichtig ist es, die Besonderheiten dieser Sportart zu berücksichtigen. Denn grundsätzlich unterliegen die geforderten Bewegungen einer hohen Komplexität. Demgegenüber hat die Technik wohl den größten Einfluss auf die Leistung – so gehört Tennis zu den Sportarten mit späterer sportartspezifischer Spezialisierung (vgl. McCraw, 2002). Bemerkenswert: Viele Top-Tennisspieler- und spielerinnen, wie beispielsweise Roger Federer oder Justine Henin, hatten im Alter zwischen zwölf bis vierzehn Jahren noch kein hoch intensives professionelles Training (vgl. Unierzyski, 2005).
Es ist zweckdienlich, in den ersten Jahren des Tennistrainings des Kindes in den Aufbau einer breit angelegten Basis zu investieren. Denn eine zu frühe Spezialisierung führt zu negativen Konsequenzen und behindert so die Sportkarriere eines Kindes (vgl. Baker, 2003). Einerseits blockiert die Konzentration auf nur eine bestimmte sportartspezifische Technik die Erwerbung von komplexen Bewegungsfertigkeiten. Dies verursacht zudem nicht selten häufig wiederkehrende Verletzungen in der Zukunft.
Aber auch auf psychologische Ebene ist ein früher sportspezifischer Einstieg ungünstig und vermindert in einer langfristigen Perspektive bei den Kindern die Freude am Sport, was bekanntlich einer der wesentlichen Faktoren für das Sporttreiben ist. Daher ist es für die Trainer wichtig, diese Erkenntnisse in ihrer Arbeit zu berücksichtigen und durch ein langfristiges Konzept der Entwicklung eines Tennisspielers an die eifrigen Eltern zu vermitteln. Was bedeutet das genau?
Vielseitigkeit und Spaß
Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren sollen vielseitige sportliche Erfahrungen sammeln. Für junge Tennisspieler wäre empfehlenswert andere Ballsportarten auszuüben, z. B. Fußball, Handball, Floorball – aber auch Schwimmen oder Eislaufen. Durch so eine breite Sportaktivität werden bei den Kindern nicht nur tennisspezifische, sondern vielseitige motorische und koordinative Fertigkeiten, taktische, technische sowie allgemeine konditionelle Fähigkeiten entwickelt, die auch wiederum vor chronischen Tennisverletzungen künftig (z. B. Tennisarm) schützen.
Die ITF (International Tennis Federation) gibt dafür ihre eigenen Empfehlungen. So sollten beispielsweise die ganzwöchigen sportlichen Aktivitäten im Verhältnis 50% Tennis und 50% zu Gunsten anderer Sportarten aufgeteilt werden. Dabei sollten die Kinder im Alter zwischen sechs und acht Jahren nicht mehr als drei bis vier Trainingsstunden mit jeweils 45 Minuten Länge absolvieren. Im Alter zwischen neun bis elf Jahren bleibt die Trainingsanzahl gleich, aber die Intensität kann bis zu einer Stunde pro Training steigen. Damit der Übergang zur nächsten Karriereentwicklungsphase effizient verläuft, wird in diesem Alter empfohlen, 70% des Sportausübens mit Tennis und 30% mit anderen Aktivitäten auszufüllen.
Was den psychologischen Aspekt betrifft, soll der Sport in diesem Alter spielerisch gesehen werden, keinen Zwang in sich tragen und den Kindern Spaß machen. Wichtig ist hier der Prozess und nicht das Ergebnis (vgl. Stoll et. al. 2010). Das Spielniveau und die Qualität der Trainingsgruppe beziehungsweise der Gegner soll an das Spielvermögen des Kindes angepasst werden, so dass es eigene Stärken kennenlernt und mit erfolgszuversichtlichen Einstellungen zu den Sportstunden kommt.
Die Trainer und Eltern sollen natürlich auch solche Themen, wie genügende Erholung, gesunde Ernährung und Akzeptanz der weiteren Freizeitaktivitäten bei ihren Schützlingen und Kindern nicht vergessen. Mit Rücksicht auf alle diese Faktoren lässt sich eine sichere Basis für die spätere tennisspezifische Spezialisierung bilden und die optimale Karriereentwicklung ermöglichen.
Quellen:
Baker, J. (2003). Early specialization in youth sport: A requirement for adult expertise? High Ability Studies, 14, 85-94
McCraw, P. (2002). Player development philosophy. ITF Coaching and Sport Science Review, 28, 12-13.
Stoll, O., Pfeffer, I. & Alfermann, D. (2010). Lehrbuch Sportpsychologie. Bern: Hans Huber Verlag.
Unierzyski, P. (2005). Periodisation for under-14s. ITF Coaching and Sport Science Review, 36, 4-6.
Internet:
Afework H. Developing top junior tennis players. http://en.coaching.itftennis.com/media/108061/108061.pdf
Views: 3958