Die ZSC Lions kennen seit Jahren keine richtigen Krisen, so munkeln es jedenfalls die Medien. In der NZZ Ausgabe vom Montag, den 25. Januar 2016 (zum Artikel), wirft der Autor Ulrich Pickel die Frage auf, ob sich Krisen simulieren lassen? Gegenfrage: Braucht es überhaupt Krisen, um erfolgreich sein zu können?
Zum Thema: Warum auch im Erfolg Krisen zu finden sind und wie sich erfolgreiche Teams formen lassen.
Die Auseinandersetzung mit der Erfolgsformel von überlegenen Teams wie zum Beispiel die ZCS Lions ist nicht nur für Journalisten schwierig. Denn letztlich sind die bestimmenden Faktoren jeweils multikausal, wie man psychologisch so schön sagt. Das heisst nichts anderes als dass viele verschiedene Faktoren zusammenwirken. Woraus wir an dieser Stelle schlussfolgern, dass wohl auch viele dieser Faktoren gut beeinflussbar sind – andere wie z.B. Trainingsstätten oder Verletzungen eher weniger. Es gilt als Trainerstaff folglich diejenigen beeinflussbaren und Erfolg bringenden Faktoren der Mannschaft zu erkennen und diese gezielt zu fördern. Insofern spricht alles dafür, dass dies mindestens ein mittelfristiges Unterfangen darstellt, eine Erfolgsformel zu entwickeln und weiterfortzuführen.
Als Coach investiere ich in die Spieler
Marc Crawford, seines Zeichen erfolgreicher kanadischer Spieler und Trainer, steht bei den ZSC Lions seit 2012 an der Bande. In unserer schnelllebigen Trainer-Austausch Realität eine doch sehr beachtliche Leistung und ganz klar ein Teil des Erfolges. Zu Beginn seiner Trainertätigkeit bei den Lions sagte Crawford in einem Interview: „…Charakterstärke hat viel zu tun mit Konstanz, guten Gewohnheiten, Professionalismus. Als ich mir die Zürcher Playoff-Spiele auf Video anschaute, erkannte ich etwa sofort, wie charakterstark, wie smart unser Captain Mathias Seger ist. Er spürt das Spiel, die Situationen. Das sind Spieler, die mir Freude machen. Nicht jeder ist wie er. Aber bei jedem findet man etwas Gutes…..Man darf nicht nur die Fehler ansprechen, sondern muss auch das Positive herausstreichen. Man muss in die Spieler investieren.“
Krisen oder Selbstvertrauen?
Die aufgeworfene Frage, ob Krisen für einen Erfolg zwingend sind, lässt sich auf dem Hintergrund der Multikausalität nicht so einfach beantworten. Gewissheit gibt uns die sportpsychologische Literatur hingegen zu grundlegenden Faktoren, die Motivation, Selbstvertrauen und schliesslich Erfolg hervorbringen.
Besonders die Fähigkeiten eines Sportlers, an sich selbst und die eigenen Stärken zu glauben sowie in schwierigen Situationen konstruktiv und positiv zu bleiben, tragen massgeblich zum Erfolg bei. So spricht der deutsche Feldhockey-Erfolgstrainer Joachim Mahn über seine Hamburger Mannschaft ganz einfach: „Die Jungs glauben an sich, ich glaube an sie – und dann geht die Post ab.”
Denn: Selbstvertrauen kann über die Zeit heranwachsen, …
- wenn einerseits ein Trainer wie Crawford den ZSC Lions dieses Gefühl in allen Facetten vermitteln kann
- wenn die Mannschaft über solche Identifikationsfiguren wie den Captain der Lions, Mathias Seger, verfügen
- wenn die Waage zwischen eigener Autonomie und Führung ausbalanciert ist
- wenn die Selbstverantwortung und damit auch die innere Motivation gefördert werden
- wenn ich gelernt habe, auch schwierige Situationen meistern zu können
- wenn ich meine gesteckten Ziele realistisch einschätzen kann
- wenn ich mich und andere motivieren kann
- wenn ich gelernt habe mich selber zu regulieren und zu kontrollieren
- wenn….die Liste ist schier unendlich!
Wer rastet der rostet
Die Kunst besteht darin, alle Situationen so zu nehmen wie sie sind und immer daraus zu lernen, hungrig zu sein, besser werden zu wollen, Neues auszuprobieren und Mut zu beweisen. Dabei spielt es keine zentrale Rolle, ob gerade eine Erfolgswelle oder ein Leistungstief herrscht. Denn die Definition von Was ist eine Krise ist doch sehr individuell und abhängig von den eigenen Erwartungen und vom eigenen Perfektionismus. Somit lassen sich auch bei gewonnen Spielen und erfolgreichen Phasen durchaus Krisen finden. Oder sollten wir sie eher Herausforderungen, nächste Ziele oder lessons learned nennen? Wer sich auf der Welle des Erfolges ausruht, der wird bald überholt werden. Wer aber mit einem wachen Blick für stetige Verbesserungen und Leistungssteigerungen unterwegs ist, wird an kleinen Fehlern wachsen und nicht einrosten. Womit auch die anfangs gestellte Frage voller Selbstvertrauen verneint werden kann. Denn: Aus Erfolgen lernen macht es möglich, auch ohne Krisen an die Spitze zu kommen und dort zu bleiben.
Literatur
http://www.tagesanzeiger.ch/
http://www.nzz.ch/sport/eishockey/ein-koenigreich-fuer-eine-krise-1.18682939
Negri, Christoph: Selbstwert – von allen Seiten betrachtet, in: Punktum, SBAP Schweizerischer Berufsverband für angewandte Psychologie, Heft 3/2006, S. 14-16.
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“Solution talk creates solutions – problem talk creates problems.” (Steve de Shazer)
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