Trainer haben in Mannschaftssportarten nicht selten mit zwanzig Spielern und mehr zu kämpfen. Den individuellen Bedürfnissen der Spieler nach Kommunikation und Intervention gerecht zu werden, ist für die Coaches oft eine riesige Herausforderung.
Zum Thema: Wie viel Aufmerksamkeit einem Einzelnen gegenüber muss sich ein Trainer leisten?
In Mannschaftssportspielen kommt es oft vor, dass der Trainer nicht jedem einzelnen Spieler genug Aufmerksamkeit widmen kann. Das kann man aber gut verstehen. Er trainiert eine zahlenmäßig große Gruppe und hat die Aufgabe nicht die individuelle, sondern Mannschaftsleistung zu fördern. Trotzdem ist jeder Spieler in einem Team eine einzelne Persönlichkeit, die sich wie jeder normale Mensch mehr Aufmerksamkeit wünscht. Das habe ich auch als Sportpsychologin mehrmals beobachten können. Beispielsweise bei der Analyse der Trainerevaluation einer ganzen Reihe von Fußballmannschaften ist mir aufgefallen, dass in fast jedem einzelnen Fall dem Spieler der individuelle Kontakt mit dem Trainer gefehlt hat. Auch aus einzelnen Gesprächen mit den Spielern hört man oft, dass es für sie sehr wichtig ist, dass der Trainer ihnen Feedback gibt und auch wiederum sich für die Meinung der Spieler interessiert. Die Sportler wünschen sich mehr individuelles Herangehen auch in den Mannschaftsportarten.
Wenn Sie als Trainer, das Gefühl haben, dass ihre Sportler mit Ihnen mehr kommunizieren wollen, lassen sie dieses Signal bitte nicht unberücksichtigt. So wurde in mehreren Studien bewiesen, dass die Athleten um so mehr mit dem Sportausüben zufriedener sind, je mehr sie nach ihrer eigenen Einschätzung vom Trainer positives Feedback, Unterweisungen sowie Instruktionen bekommen haben (Chelladurai et al., 1988; Dwyer & Fisher, 1990). Das bedeutet, dass ein mangelndes Feedback wiederum zur allgemeinen Unzufriedenheit sowie dem Verlieren der Spiellust Ihren Spieler führen kann. Die Ergebnisse einer weiteren Studie haben gezeigt, dass Sportler und Sportlerinnen, die ihre Fähigkeiten verbessern, mehr Aufmerksamkeit von ihren Trainern bzw. Trainerinnen bekommen, als diejenigen ohne Leistungsfortschritte (Alfermann, Würth & Saborowski, 2002). Es kann Ihnen sehr nützlich sein. Einerseits profitiert die ganze Mannschaft, wenn jeder einzelne Mitspieler seine individuellen Leistungen verbessert, anderseits wird jeder Sportler zufriedener. Mit anderen Worten: Es lohnt sich, die Aufmerksamkeit jedem Spieler zu widmen! Jedoch können Trainer an dieser Stelle erwidern, dass sie keine Zeit haben mit jedem Spieler zu sprechen und individuell mit ihm zu arbeiten. Da gebe ich Ihnen Recht.
Die Systematik ist der Schlüssel
Dennoch kann man sein Arbeitssystem so gestalten, dass jeder Spieler zwar nicht ständig, aber trotzdem systematisch erwünschtes Feedback bzw. individuelle Kontakt mit dem Trainer bekommt. Beispielsweise kann man dies durch systematische Einzelgespräche zweimal im Jahr, in der Vorbereitungsphase zur Saison und vor der Rückrunde erreichen. Bei diesen Gesprächen können Sie mit dem Spieler seine Stärken und Schwächen besprechen und festlegen, an welchen Komponenten er in den nächsten Monaten arbeiten soll. Sie helfen ihm sozusagen eine Orientierung für die nächste Zeit zu bekommen. Dabei sollten die zu verbesserten individuellen Leistungen immer aus der Sicht der Wichtigkeit für das Mannschaftsspiel betrachtet werden. Weiterhin ist es wichtig, dass Sie ehrlich sind und dem Spieler eine objektive Einschätzung geben. Zu diesem Zweck holen sie die letzten Leistungstestergebnisse, Statistikdaten und Videoszenen zu Rate. So lässt sich auch Kritik der Spieler ruhiger wahrnehmen. Die Vorbereitung zu den Gesprächen sollen Sie nicht allein machen. Lassen Sie sich von Ihrem Assistenten und dem ganzen Betreuerstab helfen, um so Informationen über jeden Spieler bezüglich seines gezeigten Spiels, des Konditions- sowie Gesundheitszustandes zu sammeln.
Ob Sie diese Feedbackgespräche ein-, zweimal oder öfter durchführen wollen, bleibt Ihre eigene Entscheidung. Wichtig ist, dass Ihre Spieler mit gewissem Abstand eine ganz individuelle Rückmeldung über ihre Leistungsentwicklung bekommen. Das macht Sportler nicht nur vom Spieltreiben zufriedener, sondern es hilft ihnen auch, sich planmäßig sportlich, zu verbessern.
Literatur:
Alfermann, D., Würth, S. & Saborowski, C. (2002). SozialeEinflüsse auf die Karriereentwicklung im Jugendleistungssport: Die Bedeutung von Eltern und Trainern.psychologie und sport, 9, 51-61.
Chelladurai, P., Imamura, H., Yamaguchi, Y., Oinuma, Y. &Miyauchi, T. (1988). Sport leadership in a cross-national setting: The case of Japanese and Canadian University athletes. Journal of Sport & Exercise Psychology, 10, 374-389.
Dwyer, J. J. M. & Fisher, D. G. (1990). Wrestlers’ perceptions of coaches leadership as predictors of satisfaction with leadership. Perceptual and Motor Skills, 71, 511-517.
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