Thorsten Loch: Richtige Worte für die Pause

Es steht außer Frage, dass ist die systematische Trainingsarbeit im Vorfeld auf einen sportlichen Wettkampf eine unverzichtbare Voraussetzung für eine gute Leistung im Pflichtspiel darstellt. Wenn etwas im Training nicht sorgfältig vorbereitet wurde, ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Inhalte im Wettkampf gelingen eher gering. Doch die beste Vorbereitung nützt ebenso wenig, wenn die Betreuung der Mannschaft oder der Athleten am Wettkampftag selbst nicht optimal läuft. Die Wettkampfvorbereitung und –betreuung gehört demnach zu den zentralen Aufgaben eines Trainers. Er ist mit seinem Verhalten und seinen Entscheidungen im hohen Maße mitverantwortlich, dass die Mannschaft/Sportler ihr Leistungsvermögen abrufen und den sportlichen Gegner besiegen können. Es hat sich in der Praxis gezeigt, dass Trainer vor allem drei wichtige Situationen – neben der täglichen sportspezifischen Trainingsarbeit – besonders beachten sollten: die Teamsitzung vor einem Wettkampf, die Auszeiten oder Halbzeitpausen sowie die Spielnachbesprechung. In der praktischen Arbeit mit Trainern zeigt sich immer wieder, dass dieser wertvollen Ressource leider zu wenig Bedeutung beigemessen wird.

Zum Thema: Handlungstipps für Trainer – Wie lässt sich eine Halbzeitpausenansprache in Mannschaftssportarten optimal gestalten?

In dem Fall einer Spielunterbrechung bietet sich dem Trainer die Möglichkeit, nochmals gewissenhaft auf das Spielgeschehen zu reagieren und auf seine Spieler einzuwirken. Je nach Sportart stehen dem Trainer Auszeiten (z.B. Handball), Spielpausen (z.B. Basketball) und Halbzeitpausen (z.B. Fussball) regulär zur Verfügung. Im Wesentlichen sollen den Spielern – in kurzer Zeit – die Chance zur Erholung und zur Aufnahme handlungs- bzw. verhaltensrelevanter Informationen für den kommenden Spielabschnitt gegeben werden. Erfahrungsgemäß sind sich Trainer dieser zwei wichtigen Forderungen nicht immer bewusst oder lassen sich durch ihre eigenen Emotionen (z.B. Ärger über Spielleistungen oder Schiedsrichter(fehl)entscheidungen) zu uneffektivem Pausen-Verhalten hinreißen.

Die Herausforderung

Die Herausforderung für den Trainer ist nun die gesammelten Informationen aus dem voran gegangenen Spielgeschehen zu analysieren und die Anweisungen und Maßnahmen so einzubringen, dass sie:

  1. von den Spielern verinnerlicht bzw. verstanden werden und
  2. zeitgleich die Erholung (Regeneration) nicht behindert wird.

Lau und Schliermann (2012) empfehlen für ein optimiertes Pausen-Verhalten ein Modell, welches sich auf der Basis der Konzepte der allgemeinen Erholung (Allmer, 1996) bzw. der speziellen Erholungsform (Wettkampf-)Pause (Eberspächer, 2004; siehe dazu auch http://www.die-sportpsychologen.de/2015/09/14/thorsten-loch-knapp-daneben-ist-auch-vorbei/) stützt.

Thorsten Loch: Knapp daneben ist auch vorbei

Nach der Auffassung von Eberspächer (1995) lässt sich die Pause mit einer Art Schleuse vergleichen. „Schleusen sind Räume zwischen zwei Systemen (Abb.1 B1 und B2), die man benutzt, um optimal von System 1 in System 2 überzugehen“ (1995, S. 117). Bezogen auf das angebrachte Beispiel der Halbzeitpause bedeutet dies, die Spieler haben die Beanspruchung der ersten Halbzeit hinter sich gebracht und müssen nun optimal – durch die Schleuse der Pause – an den Beginn des nächsten Spielabschnitts geführt werden.

LösenErholungAktivieren – Prinzip

Bevor der Trainer seine Marschroute für den weiteren Spielabschnitt seiner Mannschaft mitteilt, ist es notwendig, sich zuvor von der erlebten Beanspruchung gedanklich und körperlich zu lösen (LEA). In dieser Distanzierungsphase muss der Ärger oder die Freude raus gelassen und ggf. untereinander kommuniziert werden. Unmittelbar im Anschluss sollte dann auf Ruhe und Entspannung umgeschaltet werden, mit dem Ziel „den Kopf frei bekommen“. Dadurch initiiert man stückweise die Erholung (LEA). In dieser Phase nimmt der Trainer eine sehr sensible Funktion ein, denn die Spielerkenntnisse (Was war gut? Wie ist die Marschroute?) muss erholungsunterstützend eingebracht werden. In der dritten Phase steht dann die gedankliche und körperliche Aktivierung im Vordergrund (LEA). Ziel ist es hier, die Spieler wieder auf der kommenden Anforderung des Wettkampfes einzustimmen. Der Aktivierungsprozess sollte zu einem verbal durch den Trainer („Auf geht`s!), als auch durch körperliche Mobilisation durch die Spieler beschleunigt werden. Tabelle 1 fasst eine mögliche Halbzeitgestaltung schematisch zusammen.

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Fazit

Dem Trainer am Spielfeldrand ist es nur bedingt möglich – während des Wettkampfes – aktiv auf seine Spieler einzugehen und zu erkennen, ob die vermittelten Informationen verstanden worden sind. Demzufolge stellen Pausen jeglicher Art eine enorm wertvolle zeitliche Ressource dar, welche sich Trainer in nur wenigen Ausnahmen bewusst sind. Das vorgestellte LEA-Prinzip liefert den Trainern eine Struktur, an welcher sie sich orientieren können und individuelle Vorgänge (bspw. Rituale in der Aktivierungsphase) hervorragend integrieren lassen.

Literatur:

Allmer, H. (1996). Erholung und Gesundheit. Göttingen: Hogrefe.

Eberspächer, H. (1995). Mentales Training. Ein Handbuch für Trainer und Sportler. München: Copress.

Eberspächer, H. (2004). Mentales Training. Ein Handbuch für Trainer und Sportler. München: Copress.

Lau, A./Schliermann, R. (2012). Mentaltraining im Basketball und Rollstuhlbasketball. Ein Handbuch für Trainer und Spieler. Hamburg: Feldhaus Verlag.

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Thorsten Loch
Thorsten Lochhttp://www.die-sportpsychologen.de/thorsten-loch/

Sportarten: Fußball, Badminton, Leichtathletik, Sportschießen, Karate, Skateboarding

Hennef, Deutschland

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