Nathalie Klingebiel: Wie eine App die mentale Stärke von (Nachwuchs)fußballern fördern kann

Social Media ist heutzutage aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken. Um die 60-mal öffnen wir eine App am Tag. Der Griff zum Handy erfolgt meist schon automatisch und unbewusst. Kann man sich dieses Verhalten vielleicht auch in der Sportpsychologie zu Nutze machen?

Zum Thema: Verankerung der Sportpsychologie im Alltag 

Mit der App „Mindbuddy“ wird dies ein Stück weit möglich. Hier wird das Prinzip der Gamification angewendet, um (Nachwuchs-)Fußballern den Umgang mit Sportpsychologie zu erleichtern und vor allem erlebbarer zu machen. Die Idee dazu hatte Jonatan Tollas Nation, ein ehemaliger norwegischer Profispieler. Während seiner aktiven Fußballkarriere hat er hautnah miterlebt, wie hoch der Bedarf an sportpsychologischer Unterstützung tatsächlich ist. Er hat erfahren, wie viele junge Spieler von Symptomen wie Ängstlichkeit oder Krankheiten wie Depressionen leiden. Aus diesem Grund entschied er sich, aktiv etwas dagegen zu tun und holte sich mit Marius Danielsen einen Experten in Sachen App-Entwicklung sowie den Sportpsychologen Peder Lysholm Daviknes dazu, um aus einer Idee nun Wirklichkeit werden zu lassen. 

Die App beinhaltet vier große Themenbereiche (SMART-Zielsetzung, Visualisierung, Journaling und Spieltagsroutinen), aus denen sich mithilfe von interaktiven Lerntools ein individueller „Statusbericht“ der eigenen mentalen Leistungsfähigkeit ergibt. Die Spieler können SMART-Ziele definieren und regelmäßig ihre Fortschritte überprüfen, um diese nach Bedarf anzupassen. Ihnen werden Tipps und angeleitete Visualisierungen zur Verfügung gestellt und durch Journaling und Routinen rund um einen Spieltag können sie fokussierter und insgesamt mental stärker werden.

Gezielte Programme 

Zudem bietet „Mindbuddy“ verschiedene Mini-Programme, auf die die Spieler in folgenden Situationen jederzeit zugreifen können: In Reha-Phasen nach Verletzungen, beim Übergang vom Nachwuchs- in den Erwachsenen- bzw. Profibereich und bei der Integration neuer Spieler in die Mannschaft. 

„Mindbuddy“ soll nicht nur als „Buddy“ für die Spieler und Spielerinnen dienen, sondern auch für Sportpsychologen und Sportpsychologinnen, die mit ihren Kapazitäten im Arbeitsalltag oftmals an ihre Grenzen stoßen und somit eine wertvolle Unterstützung gewinnen. Die App soll keinesfalls einen Sportpsychologen ersetzen, kann aber durchaus als wichtige Ergänzung zu dessen Arbeit genutzt werden, indem insgesamt mehr Spieler erreicht und somit unterstützt werden können. 

Eigene Erfahrung

Ich merke selbst, wie schwierig es manchmal ist, als einzige Person, Spielern aus acht Mannschaften gleichzeitig gerecht zu werden. Deshalb sehe ich die App als nützliches Hilfsmittel, welches für die Spieler Fortschritte oder Verbesserungspotenzial visualisiert, woran wir dann z.B. in einem Einzelcoaching ansetzen und weiterarbeiten können.

Ich hatte das Privileg, die App während der Entwicklungsphase selbst zu testen und aus sportpsychologischer Sicht dahingehend Feedback zu geben. Meiner Meinung nach können digitale Tools wie „Mindbuddy“ in der Zukunft eine entscheidende Rolle dabei spielen, Sportpsychologie für eine breitere Spielerschaft zugänglich zu machen und ihre mentale Stärke zu fördern bzw. mentale Stärke zu einem festen Bestandteil der Entwicklung junger Spieler zu machen. Aus diesem Grund haben wir uns am NLZ auch dazu entschieden, „Mindbuddy“ in unsere bzw. meine Arbeit zu integrieren, den Spielern dadurch noch mehr sportpsychologischen Support bieten zu können und gleichzeitig der App mehr Reichweite zu verschaffen.

Gewusst wie

Teil der Entwicklungsphase waren auch einige Mannschaften norwegischer Fußballakademien, die die App in ihrer anfänglichen Form nutzen und bewerten konnten. Der Erfahrungsbericht eines 17-jährigen Nachwuchsspielers gibt einen ersten Eindruck, wie sinnvoll es sein kann, mentale Arbeit auf diesem Wege in den Fußball zu integrieren: „Ich wusste, was Mentaltraining ist, aber ich wusste nicht, wie man es macht. Ich habe versucht, mir einige YouTube-Videos anzusehen, aber ich wusste nicht, wie ich anfangen sollte. Mit Mindbuddy war es einfach, mit Spieltags-Zielen und Visualisierung anzufangen.“

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