Danijela Bradfisch: Lernen, mit der inneren Stimme zu golfen

Neulich wurde ich von einer Golfspielerin angefragt, ob ich ihr kurzfristig helfen kann, sich auf ein Turnier vorzubereiten? Der Auftrag klang simpel: Komm einfach auf den 18-Loch Platz mit. Schau mal, was ich so mache und gib mir ein paar Tipps. Stimmt, das war einfach für mich. Aber nicht für sie, da sie somit doppelt trainiert hat. Körperlich und mental, dies hatte sie vorab völlig unterschätzt. Bevor es losging, konkretisierte die Sportlerin den Auftrag noch einmal: Ihre Zufriedenheit sollte gesteigert und das Handicap verbessert werden. So denn…

Zum Thema: Rhythmus- und Emotionsregulation im Golf

Die Athletin kam aus einer langwierigen Verletzungspause zurück, #Achillessehne. Sie arbeitet Vollzeit, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen. Sie selbst sagt über sich, dass es nicht ihre Stärke sei, die Emotionen zu regulieren (STEAM, siehe Link unten). Sie würde aber gern daran arbeiten, um sich langfristig zu verbessern und zufriedener mit ihrem Spiel zu werden. Positiv hob sie hervor, dass sie einen festen Rhythmus vor ihrem Abschlag (Startroutine) habe.

Vorweg gegriffen: Die Startroutine konnte sie während der ganzen 18 Löcher gut einhalten. Am Ende hat einfach die Kraftausdauer gefehlt, den Ball lang abzuschlagen. Aber sie war dennoch zufriedener mit sich und ihrer Leistung.

Stressiger Start

Während den ersten drei Löchern war sie sehr angespannt und emotional sehr gestresst, da sie eine sehr hohe Erwartung an sich und ihr Spiel hatte. Auf meine Nachfrage, wieso dies so sei, hatte sie keine plausible Antwort. Es sei „nur so ein Gefühl“. Meine Einladung zu einer ersten Intervention, den Fokus auf die Atmung zu legen und bei sich zu bleiben, hat ihr dann diesen „ersten“ Druck genommen.

Im weiteren Verlauf des Trainings, wo sie ihren Körper immer wieder bewusst bewegen und neu koordiniert ausrichten musste, zeigte sich die Unzuverlässigkeit der neuen, kurzfristigen Intervention. Sie wurde vergessen und auch bewusst ausgesetzt, weil die Golferin lieber auf alte und feste Routinen zurückgriff. Auf eine erneute Einladung, sich aktiver ins Spielgeschehen als „innere Stimme“ einzuschalten, sagte sie zu.

Dem Handeln ein Motiv geben – Outside the Box gedacht und Ziele setzen

„Stell Dir die folgende Situation vor: Du befindest Dich auf der Autofahrt zum Golfplatz und es ist Stau. Viele aggressive Autofahrer sind unterwegs und Du spürst, wie die Emotionen hochkochen…“

Als innere Stimme im Kopf… „Anstatt sich hierzu aufzuregen,… 

  • „Wie würdest Du Dich gern hierbei verhalten wollen?“ (3. Emotionen reflektieren)
  • „Was würdest Du stattdessen gern machen wollen? (2. Ziele verbinden)
  • „Was machst Du als nächstes?” (1. Ziel konkret ansagen)

(LOS, umsetzen)

Ziele zu formulieren, ist schwierig, unter Stressbedingungen erst recht. Auch das ist aber trainierbar und wird empfohlen. Ich empfehle, sich Handlungsziele zu setzen, die SMART formuliert sind. Dieses ist ein Akronym und steht für spezifisch, messbar, akzeptabel, realistisch und terminiert, was nicht nur im Golfen hilfreich ist (Siegemund & Brunner, 2022).

Positive Effekte?

Während des gesamten Trainings mit meiner Athletin, die keinerlei Vorerfahrung mit mentalem Training hatte, ließ sich ein teilweise positiver Effekt der Maßnahmen auf ihr Spiel ablesen. Sie nahm sich aktiv mehr Zeit, sich emotional mit dem vorherigen Abschlag auseinanderzusetzen und ging anschließend gefestigt und strukturiert den nächsten rhythmischen Ablauf der nächsten Schlagposition an. Selbst wenn der Ball im Bunker lag. Die „innere Fragestimme“ (3,2,1, Los) war anfangs durch mich als Trainerin von außen noch hörbar, jedoch wurde diese immer leiser, bis die Athletin dann selbst ihre Stimme (hörbar) eingesetzt hat.

Abschließend möchte ich nochmals festhalten, dass die Athletin neue Dinge über sich und ihr Sie(l) nun kennengelernt hat. Diese aufrechtzuerhalten, weiterhin Ziele zu verfolgen und zu erreichen, steht auf einem anderen Blatt. Denn dies erfordert langfristiges (mentales) Training.

Nachbetrachtung

Nach dem Ende des Trainings war die Sportlerin körperlich viel platter als sonst, aber sie war zufrieden und hat einiges an neuen Impulsen für ihr Spiel erhalten. Vieles wollte sie im folgenden Turnier umsetzen. Das hat geklappt, womit sie ihr zweites Ziel, das Handicap zu verbessern, geschafft hat. Sie ist auf einem guten Weg. Mal sehen, ob und wobei ich sie im nächsten Schritt unterstützen kann.

Mehr zum Thema:

Literatur

Siegemund, L., & Brunner, S. (2022). Wild Card: Herausforderungen mental meistern: Meyer & Meyer.

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