Was mag ich an meiner Arbeit mit Menschen? Die Möglichkeit zu beobachten, wie sie den Schwierigkeiten trotzen, nicht aufgeben, und Kraft finden, ihre Probleme zu lösen, egal was passiert. Stellen Sie sich einen Mensch vor, der gerade erst vor einer Woche völlig verloren, am Boden zerstört gewesen ist und keinen Ausweg aus seiner Situation gesehen hat. Dann aber beginnen seine Augen wieder zu leuchten, er lächelt öfter, hat neue Wünsche, Pläne, findet wieder einen Sinn im Leben und weiß, dass er seine Situation überwinden kann. Für solche Momente arbeite ich. Zu sehen, wie eine Person wieder aufblüht, ist eine große Belohnung und eine Inspirationsquelle für mich. Was hat das alles mit Sportpsychologie zu tun?
Zum Thema: Was können wir Menschen von Sportlern lernen?
Ich denke, dass Sport in seinem Kern ein sehr einfaches und zugleich klares Beispiel dafür ist, wie man durch das Leben gehen sollte. Diesen Gedanken versteht man besser, wenn man sich vorstellt, dass jeder Mensch in gewisser Art und Weise ein Sportler ist und sein ganzes Leben nicht anders als eine Sportkarriere mit Siegen und Niederlagen ist. Ein Athlet, in einer Idealvorstellung, steht nach einem Scheitern auf und kämpft weiter. An seinem eigenen Beispiel zeigt er den anderen, wie man sich in einer schwierigen Situation verhalten soll.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Probleme im Leben unvergleichbar größer und komplizierter als im Sport sind. Deshalb ist es viel schwieriger diese zu bewältigen und man braucht mehr Zeit und Geduld. Aber das Wesentliche bei der Sache bleibt trotzdem gleich:
Was auch immer für ein schwieriges Schicksal einem Mensch zugeteilt wurde,
er hat immer die Möglichkeit die Schwierigkeiten zu überwinden.
Meiner Meinung nach beschreibt dieser Aspekt den tiefen Sinn der Psychologie oder Philosophie des Sportes und stellt den Leitfaden für alle Menschen dar. Allerdings, denke ich, gibt es noch viele andere Seiten der Psychologie des Sportes, die anderen Menschen nützlich sein können. Woran genau sollen wir uns noch ein Beispiel nehmen, wenn wir über Athleten sprechen?
Sport lehrt die Menschen, sich Ziele zu setzen und die Schritte zu diesen Zielen zu planen. Warum ist es so wichtig? Weil mit Hilfe eines konkreten Plans wir automatisch die Erfolgswahrscheinlichkeit, dass wir das Ziel erreichen, steigern.
Nehmen wir einen gewöhnlichen Menschen. Wonach strebt er in der Regel? Nach seinem Glück würde ich sagen. Dieses persönliche Glück eines Menschen kann man als ein konkretes Ziel vorstellen. Unser Leben ist aber sehr facettenreich und komplex. Viele Bereiche (Familie, Arbeit, immaterielle Bedürfnisse, Freizeit etc.) erfordert die Erfüllung bestimmter Aufgaben. Der Mensch hat alle Hände voll zu tun und verliert oft dadurch die Orientierung und sein Hauptziel. Und so geht er durch das Leben, ohne ein klares Ziel und ist weniger produktiv. Im Sport ist es dagegen schwierig, diese Orientierung zu vergessen. Denn alles dreht sich um diesen Leitplan. Zum Beispiel ein großes Ziel, Olympiasieger zu werden. Damit ein Athlet sich für die Olympischen Spiele qualifiziert, muss er einen langen Weg überwinden. Je sorgfältiger und je konkreter er diesen Weg und alle Schritte plant, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er die Olympischen Spiele erreicht und sogar gewinnt. Dabei helfen ihm Saisonplanungen und ein klarer Ablauf von Trainings und Wettkämpfen. In solchen Konstellationen wird der Athlet mit größerer Wahrscheinlichkeit die Olympischen Spiele erreichen. Für uns heißt das also:
Wenn wir glücklich und erfolgreich sein wollen,
sollen wir lernen, die richtigen Ziele zu setzen und deren Umsetzung sorgfältig zu planen.
Unter den richtigen Zielen meine ich Ihre wahren Ziele, welche Sie wirklich glücklich machen werden. Versuchen Sie zu verstehen, was Sie im Leben erreichen wollen, was Ihr wahres Ziel ist, wo Sie in fünf oder zehn Jahren sein wollen? Und welche konkreten Schritte sollen Sie dafür unternehmen? Danach setzen Sie diese Schritte um.
Darüber hinaus bringt Sport meiner Meinung nach bei, die Verantwortung in die eigenen Hände zu nehmen und an sich selbst zu arbeiten. Schauen wir auf die beliebten und effektiven Techniken in der Sportpsychologie: Selbstbekräftigungstraining, Selbstgesprächregulation, Selbstargumentation, Selbstmanagement etc. Präfix «Selbst» sagt, dass die Sportler damit sich selbst hilft, die Situation unter seine eigene Kontrolle zu nehmen. Betrachten wir das anhand eines konkreten Beispiels. Stellen wir uns zwei Menschen vor, einen aussichtsreichen Manager eines großen Unternehmens und einen talentierten Handballspieler, die die gleichen Charakterzüge haben: sie sind Hitzköpfe, aggressiv, überempfindlich gegenüber jeder Kritik und leicht gereizt, wenn etwas nicht nach ihrem Wunsch läuft. Aus diesem Grund haben beide Personen einige Probleme: der Manager mit seinen Kollegen und mit dem Chef, der Handballer mit seinen Mitspielern und mit dem Trainer. Das ehrgeizige Ziel unserer ersten Person ist es, an die Spitze des Unternehmens zu kommen und sein wertvolles Wissen zum Wohle des Unternehmens einzubringen, wird kaum erreicht oder es wird eine sehr lange Zeit brauchen und mit großem Schwierigkeiten verbunden sein. Ständige Konflikte mit Kollegen hindern seinen Weg zu einem eigentlich guten Ziel. Mit diesen Charakterzügen geht er durch das Leben und stört vor allem sich selbst.
Jetzt zu unserem Handballer, der sich über die Kritik seines Trainers ärgert und aufgrund seiner jähzornigen Natur sich mit anderen Mannschaftskollegen nicht einspielen kann. Dies stört ihn, sich auf das Spiel und seine Leistungen zu konzentrieren. Und wenn es so weiter geht, dann kann er sich von dem Ziel, in der DKB Handball-Bundesliga zu spielen, verabschieden. Aber zum Glück, ist die Dauer der sportlichen Laufbahn sehr kurz! Der Zusammenhang zwischen seinem aggressiven Verhalten und seiner schlechten Leistung ist offensichtlich. Abwarten, dass die Situation sich von alleine ändert ist eine reine Zeitverschwendung. Deswegen beginnt er, an sich zu arbeiten: sich immer wieder zu überreden, den Emotionen nicht nachzugeben, die richtigen Strategien zu finden, ruhig in den Momenten zu bleiben, wo er sonst automatisch auf 180 ist. Das ist sehr schwierig. Denken Sie selbst an Situationen, in denen Sie emotional nicht so reagieren wie sie eigentlich wollen. Versuchen Sie jetzt anders zu reagieren. Leichter gesagt als getan! Aber Sportler, die ein positives Ergebnis wollen, machen diese schwierige Arbeit:
Arbeiten an sich, wenn sie die Situation verändern wollen.
Ich sage nicht, dass Sportler besser sind als wir. Nein, wir sind alle gleich. Nur im normalen Leben denken wir, dass wir noch “viel Zeit” haben, um uns aufzuregen. Wir suchen die Schuld für Probleme bei den anderen, anstatt sich zu überlegen, was man selbst an der Situation ändern kann und was der eigenen Kontrolle unterliegt. Der Abschnitt des sportlichen Lebens ist kurz. Und genau Dank dieser zeitlichen Einschränkungen ist es viel einfacher Nebensächliches ausblenden, das wichtigste Ziel zu bestimmen und dafür alle seine Kraft und Energie einzusetzen. Es ist viel einfacher, nach einer Niederlage im Sport aufzustehen, weil man weiß, dass für den nächsten Versuch nur wenig Zeit bleibt. Und zuallerletzt kann man im Sport schneller begreifen, dass wenn man in seinem eigenen Leben etwas verändern will, dann sollte man bei sich selbst anfangen. Viel Erfolg auf Ihrem Weg!
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