Klaus-Dieter Lübke Naberhaus: Die Angst als Lernbegleiter, nicht nur für Abfahrer

Für nicht wenige Wintersportfans ist der Abfahrtslauf der Männer der Höhepunkt der olympischen Spiele. Für viele hat der Wettkampf, bei dem sich die Athleten in Höchstgeschwindigkeit meist extrem steile und gern höchst anspruchsvolle Hänge herunterstürzen, durchaus Gladiatorenkampfcharakter. Diejenigen, die dort antreten, kennen keine Angst, heißt es gemeinhin. Aber ist dem wirklich so, kennen die “harten Hunde” gar nichts? Dieser Frage geht Klaus-Dieter Lübke Naberhaus auf den Grund und zeigt auf, was Nicht-Abfahrer daraus lernen können.

Zum Thema: Umgang mit Emotionen 

Vincent Kriechmayr startete diesen olympischen Abfahrtslauf wie ein Jäger, der ein vorauslaufendes Wild jagt. Immer an der Grenze mit einem hohen Risiko auf einer extrem schnellen Strecke. Danach schieden mit Dominik Schwaiger und Christof Innerhofer zwei Fahrer aus. Schwaiger mit einem schweren Sturz, sein Husarenritt endete scherzhaft. Danach wurde das Rennen gefühlt ruhiger und es setzten sich die Routiniers – angeführt durch den späteren Olympiasieger Beat Feuz – durch, die anscheinend aus den vorangegangenen Läufen kurzfristig noch Lehren zogen oder von Anfang an eine andere Taktik verfolgten.

Was davon ist reine Spekulation und was trifft es ein wenig? In dieser Betrachtung soll es um den Umgang mit Emotionen, insbesondere mit der Angst gehen.

Die Angst als überlebensnotwendige Emotion

Angst ist eigentlich für uns Menschen ein Gefühl, dass unserer Arterhaltung, unserem Selbsterhalt dient, weil es uns vor Gefahren, die unsere Existenz bedrohen, warnt und bewahrt. Und somit ist Angst auch ein notwendiger Lerntreiber, der es uns im Leben ermöglicht, aus den Erfahrungen unsere Lehren zu ziehen.

Problematisch wird die Angst insbesondere dann, wenn sie keinen realen Auslöser hat oder die empfundene Angst in keinem Verhältnis zum Auslöser steht. Dann kann sie sich zu Angststörungen bis hin zu Panikattacken ausweiten und zu einer dauerhaften Störung werden, die das Leben zum Leiden macht.

Ganz normale Reaktionen

Doch wie sieht es bei den harten Jungs auf der Abfahrtpiste damit aus, mit der Angst, mit dem Respekt vor der Piste, vor der Geschwindigkeit. Auch bei ihnen laufen die ganz normalen physiologischen Reaktionen ab, die letztendlich über die Ausschüttung von so bekannten Hormonen wie Adrenalin und Cortisol dazu führen, dass wir im Kampf- und Angriffsmodus sind. Doch diese Aktivierung, insbesondere von Adrenalin, ist ja ohnehin Voraussetzung, um den entsprechenden Aktivierungsgrad für sportliche Höchstleistung zu haben.

Also, ist da Angst ein Problem oder eine Hilfe? Auf jeden Fall ist sie ein Lernbegleiter.

Emotionskontrolle und optimaler Aktivierungszustand

Es geht also darum, und das immer wieder neu, heraus zu finden, wie ich in den optimalen Aktivierungszustand komme. Also nicht zu überladen, zu überpacen, und doch gleichzeitig auch nicht zu sehr im entspannten Modus zu sein. Beides kann letztendlich zu Stürzen führen, was natürlich wesentlich stärkere Konsequenzen hat, als eine nicht optimale Fahrt.

Diese Aktivierungszustände sind durch mentale Techniken gut zu trainieren, bei dem einen braucht es das Herunterregulieren mit Entspannungstechniken, wie Selbsthypnose oder Atemtechniken. Der andere muss sich pushen, z.B. mit Körpertechniken oder innerem Dialog.

Doch alle diese Fahrer haben in ihrer Karriere auch Traumata erlitten, Stürze und Beinah-Stürze, mit oder ohne Verletzungsfolge. Und hier ist natürlich unser neuronales und hormonelles Stresssystem hochgradig aktiviert worden und hat Erinnerungen hinterlassen. Auch bei Rennfahrern kann so etwas zu posttraumatischen Belastungsstörungen mit Flashbacks (Wiederauftreten von Bildern, Geräuschen und Gefühlen aus der ursprünglich traumatisierenden Situation) führen. Aber es können auch diese vielen kleinen Schreckmomente sein, die während einer Fahrt auftauchen und hinderlich sind, sozusagen die Handbremse anziehen.

Was wirklich hilft und wo es noch fehlt

Was hilft den Athleten in einer solchen Situation und was hilft “normalen” Sporttreibenden, die wir alle mit der Emotion Angst in irgendeiner Weise zu tun haben? Grundsätzlich sind z.B. hypnotische Techniken hilfreich, unter anderem schnell wirksame Anker, wie Gegenbilder, oder auch Körperberührungen, können helfen, die Emotion zu regulieren.

Insgesamt ein Thema, was gerade in der Nachbearbeitung von Verletzungen und auch Stürzen ohne Verletzungen aus meiner Sicht noch zu wenig professionell nachbegleitet wird. „Sie sind ja harte Hunde, die können das schon selber“. 

Expertenoption

Meine Kollegen und Kolleginnen aus dem Experten-Netzwerk Die Sportpsychologen (zur Übersicht) und ich (zum Profil von Klaus-Dieter Lübke Naberhaus) sind gute Ansprechpartner für harte Hunde und alle anderen, die im Sport aktiv sind.

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