Emotional war die Verkündung der vorzeitigen Trennung von Jürgen Klopp und Borussia Dortmund. Noch emotionaler waren die Interviews mit Freiburgs Trainer Christian Streich nach dem 2:2 beim VfB Stuttgart. Im Anschluss an die Partie schob sich der Breisgauer sichtlich mit den Tränen kämpfend einen schwarzen Peter zu, den niemand verteilen wollte. Nehmen wir die jüngsten Trainerwechsel in Hamburg und Hannover dazu und berücksichtigen wir auch die Diskussionen um Pep Guardiola und Vereinarzt Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfarth beim FC Bayern München wird deutlich, dass unheimlich Bewegung in den Trainer- und Funktionsstäben der Fußball-Bundesliga ist. Zum Ende der Saison steigt der Druck im System, mit dem allen voran die Trainer umgehen müssen.
Zum Thema: Wie verändert sich das Anforderungsprofil eines Trainers?
Der heutige Trainer im Leistungssport Fußball ist nicht mehr nur derjenige, der sich ausschließlich mit der Gestaltung der Rahmentrainingsplänen und den taktischen Formationen beschäftigt. Dass sich das Anforderungsprofil des Trainers im Leistungssport Fußball in den letzten Jahren erheblich gewandelt hat, lässt sich allein an den erweiterten Ausbildungsinhalten der Fußballlehrerausbildung des DFB ablesen. Neben Fußballlehre und Trainingswissenschaft, zählt die Sportpsychologie mittlerweile zu den drei Stammfächern (Lobinger/Mickler, 2012). Im Alltag treten Facetten der Führung eines Teams in den Vordergrund. So gilt es beispielsweise die Motivation des gesamten Teams über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten oder so genannte ¨sensiblen¨ Spieler das Vertrauen zu schenken, um deren Leistungspotenzial auch in schwierigen Zeiten stabil abrufbar zu halten. In einem Zeitungsinterview mit der FAZ im Jahr 2012, brachte es Jürgen Klopp auf den Punkt: “Ich empfinde es als meine Aufgabe, den Jungs den Raum zu geben, sich entfalten zu können, und für eine Atmosphäre zu sorgen, in der sich Leistungsbereitschaft lohnt”.
Rollen und Kompetenzen des Trainers
Brack und Hohmann (2005) formulieren unter Einbeziehung von Klöckner (2000) ein allgemeines Trainerprofil, dass die notwendigen fachlichen Kompetenzen eines erfolgreichen Trainers beschreiben. Die Autoren weisen dem Trainer drei Rollen zu, aus denen sich rollenspezifische Kompetenzen ableiten und die, zusammengenommen, die Trainerkompetenz bilden:
Trainer
In der Rolle des Trainers ist er Experte für die Planung, Durchführung, Kontrolle und Auswertung von Training und Wettkampf.
Coach
Die Rolle des Coachs definiert ihn als Experten für zwischenmenschliche Beziehungen mit dem Schwerpunkt führungspsychologischer Fähigkeiten.
Manager
Als Manager von Spitzenleistungen richtet sich sein Augenmerk auf die Gestaltung der Rahmenbedingungen bzw. des sportlichen Umfelds des Athleten oder der Mannschaft. Sowohl die Auswahl und Rekrutierung des Spielerkaders und des Trainerstabes als auch die Öffentlichkeitsarbeit.
Der Bracksche Entwurf eines Trainerprofils überzeugt durch seinen systematischen Aufbau, der die Heterogenität und Komplexität trainerbezogener Anforderungen verdeutlicht. Zudem erlaubt der Entwurf die Integration weiterer Rollen und Kompetenzen. In jüngster Vergangenheit hat Nordmann (2007) darauf aufmerksam gemacht, dass sich das Trainerprofil erneut im Wandel befindet. Er unterteilt in Rollenkonstante und Rollenerweiterung. Als wichtigste Konstante nennt Nordmann in diesem Zusammenhang die charismatische Trainerpersönlichkeit, der es gelingt “Athleten und Teams (auch die Betreuer) zu hohen und höchsten Leistungen – und dies zu bestimmten Zeitpunkten (etwas Europa- und Weltmeisterschaften, Olympischen Spiele) – zu führen (S. 19). Solch ein Trainer zeichnet sich durch ein hohes Maß an Fachwissen sowie durch methodisches und pädagogisch-psychologisches Können aus.
Mehrfachqualifikationen werden verlangt
Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass das Anforderungsprofil des Trainers ein dynamisches und an Komplexität gewinnendes ist. Von dem zukünftigen Trainer werden Mehrfachqualifikationen als Bewegungs- und Trainingswissenschaftler sowie als Pädagoge und Psychologe verlangt. Je nach Situation muss dieser in die unterschiedlichen Rollen schlüpfen und seine Mannschaft zu Höchstleistungen befähigen. Der Trend, in den Funktionsstäben auf Experten zu setzen, die dem Trainer vertrauensvoll zur Seite stehen, wird sich fortsetzen. Sicher auch in Bezug auf die Sportpsychologie.
Literatur:
Brack, R. (2002). Sportspielspezifische Trainingslehre: wissenschafts- und objekttheoretische Grundlagen am Beispiel Handball. Hamburg: Czwalina.
Brack, R./Hohmann, A. (2005). Sportspiel-Trainer und Sportspieltrainerinnen. In A. Hohmann, M. Kolb, K. Roth (Hrsg.), Handbuch Sportspiel. Schondorf: Hofmann.
Klöckner, E. (2000). Wissen-Schaffen in einer neuen Denkkultur. Wie erwerben Trainerinnen und Trainer psychologische Kompetenz? In H. Allmer, W. Hartmann & D. Kayser (Hrsg.), Sportpsychologie in Bewegung: Forschung für die Praxis. Köln: Sport und Buch Strauß.
Lobinger, B./Mickler, W. (2012). Trainerausbildung und „Coach the Coach“ im Fussball. In D. Beckmann-Waldenmayer & J. Beckmann (Hrsg.). Handbuch sportpsychologischer Praxis. Mentales Training in den olympischen Sportarten. Balingen: Spitta Verlag.
Nordmann, L. (2007). Bestandsaufnahme, Perspektiven und Erfordernisse der Trainerausbildung in Deutschland. Leistungssport, 35 (2), 44-47.
Patsanáras, N. (1994). Der Trainer als Sportberuf. Schorndorf: Hofmann.
Riedl, L./Cachay, K. (2002). Bosman-Urteil und Nachwuchsförderung. Auswirkungen der Veränderung von Ausländerklauseln und Transferregelungen auf die Sportspiele. Schorndorf: Hofmann.
Weidig, T. (2010). Trainer. Das Trainerverhalten in Spiel- und Wettkampfpausen auf dem Prüfstand. Köln: Sportverlag Strauß.
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