Philippe Müller: Blick über den Zaun

Um eine qualitativ hochwertige und seriöse Arbeit als Sportpsychologe anbieten zu können, gehören Fort- und Weiterbildung genauso zur Notwendigkeit wie Inter- und Supervision. Eine zentrale Rolle für die Qualitätssicherung nimmt dabei der Berufsverband ein. In der Schweiz ist dies die «Swiss Association of Sport Psychology» (SASP). Mit einer reglementarisch verankerten Fort- und Weiterbildungspflicht zieht der Verband seine Mitglieder in die Verantwortung, sich auf dem aktuellen Stand zu halten. Im Gegenzug bietet er jedes Jahr spannende Kurse an. Im Zeichen der diesjährigen Fortbildung standen sportpsychologische Phänomene aus hypnotherapeutischer Sicht.

Zum Thema: Hypnotherapeutische Sicht der Sportpsychologie

Als Referent der Forbildung 2014 gastierte der Psychologe Dr. Reinhold Bartl in Zürich. Er arbeitet in eigener Praxis und als Leiter des Milton Erickson Instituts in Innsbruck. Dort beschäftigt er sich nicht nur mit den klassischen klinischen Fragestellungen, sondern hat auch Arbeitsschwerpunkte in der Ausbildung von Systemischen Psychotherapeuten. Zudem widmet er sich Teamentwicklungsprozessen in der Privatwirtschaft. Im Zentrum seiner Arbeitsweise steht der systemische Ansatz sowie die Eriksonsche Hypnotherapie.

Viele Leute, mich eingeschlossen, denken beim Wort «Hypno» primär an die Bühnenhypnose, bei der ein Hypnotiseur eine Person in Trance versetzt und anschliessend mit ihr machen kann, was er will. Oft besteht auch die Vorstellung, dass der Therapeut als Macher fungiert und in die Köpfe der Patienten eindringt. Unter diesen Umständen ist es nicht überraschend, dass eine gewisse Zurückweisung beim Wort «Hypnotherapeut» entsteht. Aus diesem Grund ist es notwendig, die wesentlichen Punkte der Hypnotherapie zu erläutern: In der Hypnotherapie geht es darum, die Selbstorganisation des Organismus zu unterstützen. Dabei ist die Unterstützung das Zentrale. Der Berater bietet somit dem Klienten eine Hilfestellung an, ihm bei seinen eigenen Prozessen zu unterstützen.

Die Stärken der Hypnotherapie

Meiner Meinung nach besitzt die Hypnotherapie drei wesentliche Stärken, welche in der Zusammenarbeit mit Athletinnen und Athleten von großer Bedeutung sind. Zum einen verfolgt die Hypnotherapie einen humanistischen Ansatz. Der Mensch wird so akzeptiert, wie er ist. Es wird davon ausgegangen, dass er Stärken und Fähigkeiten besitzt, Probleme selbst zu lösen. Mit anderen Worten: Jeder Mensch verfügt über die Ressourcen, sich selbst zu organisieren. Dies führt zum zweiten wichtigen Punkt. Es wird vom Positiven ausgegangen und rückt somit das Gute in den Vordergrund. Nicht die negativen Erlebnisse, Gedanken oder Emotionen stehen im Fokus der Beratung, sondern die bereits positiv erlebten Erinnerungen und Gefühle. Dies führt dazu, dass das Selbstwertgefühl – eine der wichtigsten mentalen Fähigkeit eines Sportlers, um erfolgreich zu sein – effektiv gestärkt wird. Die dritte Stärke ist darin verankert, den Fokus der Aufmerksamkeit nicht nur auf die Welt der Logik und Rationalität zu lenken. Gerade im Sport laufen viele Handlungen zu einem großen Teil unbewusst oder zumindest nur teilweise bewusst ab. Aussagen wie «Es geschieht einfach!» untermauern die Tatsache, dass nicht jede Handlung bis ins Detail bewusst geplant wird.  Die Therapieform geht stark auf die Welt der Intuition und Gefühle ein. Es wird versucht, auf allen Sinnesmodalitäten erfolgreiche Momente nochmals im «Jetzt» zu erfahren und für zukünftige Situationen verfügbar zu machen. Die Ressourcen für ein wiederholtes erfolgreiches Handeln sind somit schon länger vorhanden, müssen aber für einen erneuten Einsatz neu organisiert werden.

Wie jede Technik besitzt auch die Hypnotherapie – meiner Meinung nach – Schwächen. Auf konzeptioneller Ebene wird vorgegeben auf der unwillkürlichen-unbewussten Ebene zu arbeiten. Beim Wiedererleben von Gefühlen und Eindrücken wird jedoch bewusst auf Erinnerungen zurückgegriffen. Inwiefern diese Prozesse also unbewusst sind, wenn man darauf zurückgreifen kann, sei dahingestellt. Für die praktische Anwendung hat dies jedoch kaum Relevanz. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich mit unbekannten Techniken auseinanderzusetzen, um sein eigenes Spektrum zu erweitern. Ob nun die Hypnotherapie in ihrer reinen Form, oder als Teilaspekt in der Beratung eingesetzt werden, steht im Ermessen des jeweiligen Sportpsychologen.

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Philippe Müller
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