Frage und Antwort: Gewalt im Jugendsport

Wir haben die Frage eines Nachwuchstrainers aus dem Handball erhalten, der bei einem seiner Spieler aus dem U14-Team nicht weiter weiß. Zuletzt kam es im Rahmen eines Spiels zu einem Gewaltausbruch. Auf der Basis der vorliegenden Informationen versuchen Klaus-Dieter Lübke Naberhaus und Danijela Bradfisch eine erste Hilfestellung zu geben. 

Zum Thema: Hinweise im Umgang mit aggressiven Kindern und Jugendlichen im Breitensport  

Die Situation, die uns der Leser geschildert hat: “Ich bin Trainer einer U14-Mannschaft. In meinem Team spielt ein Junge, der körperlich und athletisch seinen Mit- und Gegenspielern deutlich überlegen ist. Leider weist er eine sehr ausgeprägte Konfliktbereitschaft auf. Immer wieder sucht er körperliche Duelle. Nicht selten von vornherein unfair und aggressiv. Unser Spielstil im Verein ist grundsätzlich auf das körperliche Spiel ausgelegt, aber er verschiebt diese Grenzen noch deutlich. Dafür ist er bekannt und wird von Zuschauern der Gegner inzwischen recht schnell verbal angegangen, was auch nicht in Ordnung ist. Zuletzt gipfelte ein harte körperliche Attacke in einer Auseinandersetzung mit seinem Gegenspieler. Mein Spieler trat in diesem Verlauf mit dem Knie gegen den Kopf des Gegenspielers. Die Schiedsrichter waren überfordert, sprachen nur eine Zeitstrafe aus. Ich weiß als Trainer nicht, wie ich mit dem Spieler umgehen soll und wie ich ihn schützen kann. Könnt ihr mir helfen?“  

Klaus-Dieter Lübke Naberhaus, Die Sportpsychologen

Antwort von: Klaus-Dieter Lübke Naberhaus (zum Profil)

Komplexe Probleme haben in der Regel keine einfachen Lösungen. Die erste Frage, die sich mir stellt, ist ja, ob dieser Junge gelernt hat, Konflikte auf eine andere Art und Weise zu lösen, als auf die oben beschriebene Art und Weise? Also, wie ist das soziale/ familiäre Umfeld gestaltet, wie sieht es in der Schule aus? Der erste Schritt ist aus meiner Sicht, mehr Informationen zu sammeln, eventuell taucht dieses Thema ja auch an anderer Stelle auf. Eine Zusammenkunft und Austausch mit Eltern und Lehrer kann hier sehr hilfreich sein.

Eine weitere Möglichkeit ist dann ggf. im Anschluss die Arbeit mit einem Sportpsychologen, solange das Thema sich nicht eher im therapeutischen Bereich darstellt, um Emotionsregulation und Deeskalationsstrategien, z.B. im Rollenspiel, zu erlernen.

Bevor jedoch hier Interventionen angedacht sind, steht eine umfassende “Diagnostik”/“Analyse” an – also Gespräche mit dem Spieler und seinem Umfeld, und zwar in dieser Reihenfolge, um auch für den Spieler Transparenz herzustellen und sein Vertrauen zu gewinnen bzw. zu erhalten. 

Danijela Bradfisch, Die Sportpsychologen
Danijela Bradfisch, Die Sportpsychologen

Antwort von: Danijela Bradfisch (zum Profil)

Ich stimme Klaus zu, es ist nicht einfach, gerade wenn ein Kind “herausragt und sich in dieser Altersklasse gerade selber neu (er)findet”. Hier empfehle ich Dir als Trainer weiterhin für Ihn und seine Anliegen in Zusammenarbeit mit den Eltern erst mal “da zu sein”. Gerne würde ich Dir einen anderen (systemischen) Ansatz anbieten und habe ein paar Fragen an und für Dich, um Dir als Trainer evnetuell neue Impulse mitzugeben.

  • Hast Du ihn nach seinen Zielen gefragt?
  • Bis wann, wenn er bestimmte Ziele hat, möchte er sie erreichen oder erreichen?
  • Wieso übt er diese Sportart aus?
  • Kennst Du andere Seiten von dem Spieler bzw. weitere Hobbies?
  • Weisst Du wie es in der Schule läuft, wie es Zuhause läuft?
  • Gibt es gerade andere Themen, die ihn beschäftigen? 
  • Wie ist der Umgang mit bestimmten Mitspielern/Freunden?
  • Gibt es hier Unterschiede bzw. ist es vom Gegner abhängig (ich denke an ein Derby)?
  • Wie sprichst Du mit dem Spieler über die Regeln, sein Verhalten, seine Auslegung der Regeln?

Meine Fragen an Dich zielen darauf ab, das Verhältnis bzw. die Kommunikation (neu) zu bewerten und werden zu lassen. Ggf. hilft es Dir, diese zu verbessern und ihn (wieder) zu erreichen, um Dein Anliegen, das körperliche Spielen weiterhin zu fördern und sich an die Regeln zu halten.

Gerne kannst Du auf mich zukommen, wenn Du Fragen oder Sonstiges an Informationen brauchst. 

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    Mathias Liebing
    Mathias Liebinghttps://www.torial.com/mathias.liebing
    Redaktionsleiter bei Die Sportpsychologen und freier Journalist Leipzig Deutschland +49 (0)170 9615287 E-Mail-Anfrage an m.liebing@die-sportpsychologen.de
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