Pia Festl-Wietek: Wir können von Sportler*innen mit chronischen Schmerzen lernen

Der Umgang mit chronischen Schmerzen ist für die Betroffenen nicht einfach. Aber auch für das direkte Umfeld wie Trainer*innen, Betreuer oder auch Eltern kann es schwierig sein, immer die richtige Einordnung zu treffen. Hinzu kommt, dass chronische Krankheiten gerade im Leistungssport zumindest in der Kommunikation nach außen oder zur direkten Konkurrenz ein Tabu sind. Mit all diesen Facetten kennt sich unsere neue Profilinhaberin Pia Festl-Wietek (zum Profil) bestens aus – aus allen Perspektiven. Mehr verrät eines der neuen Gesichter von Die Sportpsychologen im Interview mit Redaktionsleiter Mathias Liebing. 

Pia, du hast selbst zwölf Jahre lang leistungsorientiert Tennis gespielt. Wie beeinflusst diese Erfahrung deine heutige sportpsychologische Arbeit?

Tennis ist meine Leidenschaft und ich verstehe, was man alles für diese tut. Und damit meine ich nicht nur das körperliche Training, denn Tennis hat mein Mindset geprägt. Dieser Sport hat mir gezeigt, dass ich ein Match drehen kann, wenn ich mir meiner eigenen Stärken bewusst bin und diese einsetze. Ich weiß aber auch, wie es ist, wenn du die Leidenschaft für deinen Sport verlierst und auf einmal nicht mehr diese Struktur und Routine hast. Wir können vieles aus dem Sport im Alltag anwenden. 

Eine weitere Leidenschaft als Sportpsychologin ist der Teamsport. Insbesondere American Football. Warum liebst du die Arbeit mit Mannschaften, was macht es aus?

Im Teamsport spielen viele verschiedene Faktoren eine Rolle und das macht es so spannend. Jedes Team hat seine eigene Dynamik, Regeln und Stärken. Und genau das macht es so herausfordernd, denn am Ende müssen alle Faktoren stimmen. Ein Team gewinnt oder verliert gemeinsam. Im Team brauchst du also die individuellen Stärken deiner Spieler*innen, aber wesentlich geht es darum, wie du diese einsetzt, um das gesamte Team zu stärken. Im Teamsport wird dir nochmal mehr bewusst wie wichtig Kommunikation ist – sowohl unter den Spieler*innen als auch den Trainer*innen und natürlich untereinander. Ein Team muss sich vertrauen, denn dann arbeiten sie gemeinsam und erreichen ihre Ziele. Ich liebe die Abwechslung zwischen Einzelsport und Teamsport, denn beide haben ihre Besonderheiten. 

Spezialisiert bist du zudem auf den Umgang mit chronischen Schmerzen. Warum ist es so wichtig, dass Sportler und Sportlerinnen mehr zu diesem Thema wissen und verstehen? Und wie kannst du ganz konkret helfen?

Oft denkt man, dass man aufgrund von chronischen Schmerzen nicht mehr die bestmögliche sportliche Leistung abrufen kann. Aber das stimmt nicht. Ich selbst habe eine chronische Erkrankung und habe gemerkt, dass darin auch meine Stärke liegt und ich definitiv meine Leistung abrufen kann. 

Nicht jeder chronische Schmerz ist gleich, denn jede*r empfindet diese anders. Es braucht ein unterstützendes System um den Sportler*in, sei es Physiotherapeuten, Ärzte, Athletiktrainer*innen, Trainer*innen und auch Sportpsycholog*innen. Wir müssen die Perspektive des Sportlers/Sportlerin verstehen und ohne Vorurteile gegenüber dem Thema agieren. Dann können wir gemeinsam daran arbeiten, die Ziele zu erreichen. 

Ich möchte eine Offenheit für das Thema ermöglichen und die verschiedenen Perspektiven aufzeigen, die hier eine Rolle spielen. Du wärst überrascht, welche Techniken und Tricks Sportler*innen mit chronischen Schmerzen haben, um mit diesen besser umgehen zu können. Wir können davon lernen, denn diese Sportler*innen sind stark.

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