Yvonne Dathe: Die drei häufigsten Fehler bei sportlichen Zielsetzungen

Zum Sommeranfang sind viele motiviert, mehr Sport zu treiben. Auch Timo hatte sich letztes Jahr das Ziel gesetzt, wieder sportlich aktiver zu sein. Sein Ziel war es, mindestens drei Mal die Woche joggen zu gehen. Er war der Ansicht, er müsse seine Willenskraft stärken, dann werde er das schon schaffen. Anfänglich war Timo hochmotiviert. Er kaufte sich neue Turnschuhe, eine Laufjacke und sogar eine Sportuhr. Nachdem die Ausrüstung gekauft war, startete er mit seinem Laufprogramm. Seine Lauftage waren Montags, Mittwochs und Samstags. Die ersten beiden Wochen schaffte er es, seinen Plan einzuhalten, doch dann kam ein richtig ekliger Regentag und sein innerer Schweinehund meldete sich: „Heute ist es zu nass um zu laufen, bleib lieber zu Hause“. Timo hörte auf seinen Schweinehund und lies das Lauftraining das erste Mal ausfallen. Immer häufiger und lauter meldete sich sein Schweinehund mit allen möglichen Ausreden „zu kalt“, „zu nass“, „zu wenig Zeit“, „du schaffst es eh nicht schneller zu laufen“ usw.. Irgendwann ließ er es ganz bleiben… 

Zum Thema: Zielsetzung für Freizeitsportler  

So wie Timo geht es vielen Menschen im Freizeitsport. Hochmotiviert werden Ziele angepeilt, doch nach ein paar Wochen spricht der innere Schweinehund immer lauter, bis wir wieder in alte Muster zurückfallen – vorbei ist es mit den vielen guten Vorsätzen. 

Doch das muss nicht sein! Ich habe hier die drei Fehlerquellen beschrieben, die mir in meiner Praxis als Psychologin und Mentaltrainerin sehr regelmäßig unterkommen.

Die drei häufigsten Fehler bei der Zielsetzung 

Fehler 1: Du hörst nicht auf deinen inneren Schweinehund

Das klingt jetzt vielleicht Paradox, doch bereits bei der Zielsetzung meldet sich häufig der innere Schweinehund mit Bedenken zu Wort. Der innere Schweinehund ist unsere Stimme aus dem Unterbewussten. In ihr spiegeln sich all unsere Erfahrungen wider. Aussagen wie „du musst dich einfach überwinden“ sind Anzeichen dafür, dass wir unsere innere Stimme ignoriert haben. Zurück zum Beispiel: In der Vergangenheit hat Timo vielleicht die Erfahrung gemacht, dass Laufen anstrengend und langweilig ist. Der innere Schweinehund hatte ihm das schon mit einem unguten Bauchgefühl signalisiert, als er sich sein Ziel gesetzt hatte. Im Prinzip ist der innere Schweinehund unser bester Freund. Er gibt über unser „Bauchgefühl“ Rückmeldung, was uns gut tut und was nicht. 

Übergehen wir dieses Gefühl, ist es fast sicher, dass spätestens nach ein paar Wochen der Vorsatz gescheitert ist. Wenn sich auch bei dir dein innerer Schweinehund meldet, dann hör genau hin und frage dich, warum meldet er sich jetzt?

Wäre der innere Schweinehund ein tatsächlicher Hund, dann wäre uns klar, dass wir den Hund besser mit etwas locken, was ihm gefällt, anstatt ihn an der Leine hinter uns herzuziehen. Auf unsere Zielsetzung übertragen bedeutet dies, dass wir das Ziel soweit anpassen sollten, dass auch unsere inneren Stimmen schweigen und bestenfalls unser innerer Schweinehund uns in die Wade beißt, wenn wir mal nicht unser Vorhaben umsetzen. 

Fehler 2: Du machst dein Ziel von anderen abhängig

Ein weiterer häufiger Fehler, den viele machen, ist, sich in die Abhängigkeit von anderen zu begeben. So könntest du versuchen, dein Ziel an andere Menschen zu koppeln, z. B. Ich gehe drei Mal die Woche mit Petra zum Laufen. Doch was ist, wenn Petra mal nicht möchte, oder nicht kann? – Gehe ich dann auch nicht laufen? Vielleicht möchtest du auch eine bestimmte Platzierung in einem Wettbewerb haben? Dann bist du auch nicht unabhängig von anderen. Denn schlussendlich kannst nur du deine eigene Leistung beeinflussen, aber nicht die Leistung der anderen. Somit könntest du dein bestes Ergebnis überhaupt haben und dennoch bist du unzufrieden, weil jemand anderes noch besser war. Das ist ziemlich frustrierend und demotivierend. Versuche also dein Ziel, unabhängig von anderen Menschen zu setzen. 

Fehler 3: Du machst dir keinen Plan für deine Hindernisse

Viele meinen, wenn sie sich ein Ziel gesetzt haben und davon überzeugt sind, dass sie diese erreichen können, dann wird ihr Wunsch, der sich mit dem Ziel verbindet, auch in Erfüllung gehen. Grundsätzlich ist daran auch nichts falsch, doch solltest du dir auch Gedanken darüber machen, welche Hindernisse dir begegnen könnten und wie du darauf dann reagierst. Gabriele Oettinger hat untersucht, unter welchen Umständen Ziele am wahrscheinlichsten erreicht werden. Sie hat festgestellt, dass die Wahrscheinlichkeit dann am größten ist, wenn wir uns auch mit den Hindernissen beschäftigen und uns für diese einen Plan machen. Sie hat die sogenannte WOOP-Methode entwickelte. WOOP steht dabei für:

  • Wish – Was möchtest du erreichen?
  • Outcome – Was ist das bestmögliche Ergebnis?
  • Obstacle – Welche Hindernisse können auftreten?
  • Plan – Wie lautet dein Wenn… – Dann… – Plan, wenn das Hindernis auftritt?

Überlege dir also, welche Hindernisse auftreten können, wenn du dein Ziel verfolgst und wie du damit umgehen möchtest, wenn diese auftreten.

So kannst du bei der Formulierung deines Zieles vorgehen:

  1. Überlege dir, was deine Absicht ist?
  2. Welche innere Haltung oder welche Eigenschaften brauchst du, um deine Absicht Wirklichkeit werden zu lassen?
  3. Welches Tier, welches Wesen (es kann auch eine Fantasiefigur sein) oder welche Person hat diese Eigenschaften? 
  4. Suche dir ein mit deinem Tier, Wesen oder der Person verbundenes Bild. Bilder sind die Verbindung zwischen unserem Bauchgefühl und unserem Kopf. Der Kopf weiß, was für uns gut wäre, doch wenn das Bauchgefühl nicht mitzieht, wird es bei dem Wissen bleiben. Erst wenn auch der innere Schweinehund, also das Bauchgefühl stimmt, kommt es zu einer langanhaltenden Handlung. Daher suche dir ein Bild, das du mit deiner Absicht in Verbindung bringst. 
  5. Formuliere dein Ziel (in Anlehnung an das ZRM):
    – Gegenwart: Du kannst nur in der Gegenwart handeln, also formuliere auch dein Ziel in der Gegenwart.
    – Eigene Kontrolle: Überprüfe, ob du das Ziel unabhängig von anderen Menschen erreichen kannst
    – Eindeutig Positiv: Formuliere dein Ziel so, dass eindeutig positive Bilder und Emotionen in dir auftauchen. Sollte sich dein innerer Schweinehund mit Bedenken melden, dann darfst du dein Ziel nochmals umformulieren.
    – Verknüpfe dein Ziel mit deinem Bild

Wie ging es mit Timo weiter?

Timo hat sich an meine Vorschläge gehalten und ein neues Ziel formuliert. Dieses lautet: „Ich bewege mich voller Freude im Freien wie der Hund Balu!“. Einen Labrador Hund, dessen Bild er im Internet entdeckt hat, hat Timo einfach so Balu getauft. Für Timo ist der Hund das symbolische Bild für die Freude an der Bewegung geworden. Ein Bild des Hundes hat er sich an seinem Schreibtisch platziert. Außerdem hat er eines seiner wichtigsten Passwörter mit Balu verknüpft. So wird er jedes Mal, wenn er das Passwort eingibt, an sein Ziel erinnert. Dazu kommt, dass er in seinem Ziel nicht mehr „nur“ das Joggen hat. Sondern „er bewegt sich im Freien“, damit hat er wesentlich mehr Optionen. Er könnte anstatt zu laufen auch Radfahren oder Inlineskaten oder andere Aktivitäten im Freien ausüben. 

Timo hat sich außerdem meinen Rat mit den Hindernissen zu Herzen genommen und sich Wenn-Dann-Pläne erstellt, für den Fall, dass eines dieser Hindernisse auftauchen wird. Eines seiner häufigsten Hindernisse in der Vergangenheit war, dass sich sein Schweinehund mit dem Einwand bei ihm gemeldet hat, dass das Wetter zu schlecht sei. In Zukunft wird er seinen Schweinehund beruhigen, indem er ihm sagt „lieber Schweinehund, danke, dass du dich meldest und mich vor dem schlechten Wetter warnst, ich habe vorgesorgt und ziehe meine warme Regenjacke und meine wasserdichten Schuhe an, somit bleibe ich warm und trocken und werde die Bewegung im Freien genießen können!“ – Ob das schon ausreicht, wird sich in der Zukunft zeigen.

Fazit

Wenn du dir etwas vornimmst, dann achte darauf, dass du keine innerlichen Konflikte hast, dass du das Ziel aus eigener Kraft umsetzen kannst und beschäftige dich mit den Hindernissen, die ziemlich sicher auftauchen werden. 

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