Anke Precht: Wie geht das mit dem Tunnel?

Wenn Sportler eine optimale Leistung gebracht haben, erzählen sie hinterher häufig, dass sie im Tunnel waren. Andere sagen, vor ihren Rennen oder im Wettkampf: ich muss heute in den Tunnel finden. Was aber ist mit diesem Tunnel gemeint?

Zum Thema: Flow-Zustände im Sport

Was Sportler als Tunnel erleben, ist ein Flow- Zustand. Sie befinden sich dabei in einem leichten Trancezustand, in dem sie nicht nur von der Umgebung und allen Gedanken abgeschottet sind, sondern sich vollständig verbunden fühlen, mit ihrer Aufgabe, mit sich selbst, und sich überhaupt keine Gedanken mehr darüber machen, ob die Leistung stimmt, ob sie gut genug sind, was sie eventuell verändern müssen, und so weiter. Sie verschmelzen mit dem, was sie tun, und alles scheint wie von alleine zu gehen.

Diese ganz besonderen Zustände werden nicht gemacht. Sie entstehen. Das heißt, sie sind mit dem bewussten Verstand nicht steuerbar. Das macht sie so begehrenswert – und für viele auch so schwer zu erreichen.

Flow-Zustände abrufbar machen

Was kann die Sportpsychologie tun, um Flow-Zustände abrufbar zu machen? 

  • Zuerst einmal muss sie diese Zustände identifizieren. Soll heißen: genau zuhören, wenn Sportler und Sportlerinnen von einer Top-Performance sprechen. Abfragen: Waren die Kriterien für einen solchen Flow in diesem Zustand gegeben? Das sind zum Beispiel: die Zeitverzerrung, also ein Zeitgefühl, das sich von der Zeit auf der Uhr deutlich unterscheidet. Ein besonderes Gefühl für die eigene Energie. Ein Fokus, der nicht mehr zwischen innen und außen unterscheidet, sondern sich in beidem gleichzeitig befindet. Vielleicht eine ganz konkrete Situation, die wie von selbst im Hintergrund abläuft. Vielleicht eine bestimmte und faktische Wahrnehmung.
  • Im zweiten Schritt werden diese Wahrnehmungen im Flow-Zustand inhaltlich spezifiziert und genau definiert, so dass sie eindeutig identifiziert werden können.
  • Im dritten Schritt können Sie mithilfe von Embodiment-Techniken bewusst im Körper installiert werden. Dann braucht es viel Training. 
  • Viertens werden konkrete Träger und Anker gesetzt, um nach und nach den Flow-Zustand bewusst aktivieren zu können.
  • Zum Schluss wird der gesamte Prozess so eingeschmolzen, dass er vor einem Rennen oder einem Wettkampf in Sekunden schneller aktiviert werden kann.

Natürlich ist das ein Prozess, der nach und nach verfeinert wird und in der Regel einige Monate in Anspruch nimmt. Es geht also nicht von heute auf morgen. Zu bedenken geben will ich auch, dass bestehende Flow-Zustände immer noch verbessert und verfeinert werden können, wenn das notwendig ist.

Die Dont´s

So viel zu den Do“s. Es gibt auch ein paar Dont“s. Die haben einerseits mit der Athletin oder dem Athleten zu tun, zweitens mit der Umgebung. Kommen wir zuerst zum Athleten oder der Athleten:

Bewusstes Nachdenken oder Grübeln. Vor einem Wettkampf ist dies der Tod jedes Tunnels. Sobald der Kopf, der rationale Verstand, das lineare Denken übernimmt, kann ein Flow-Zustand nicht mehr existieren. Es gibt in diesem Fall kein sowohl als auch. Viel wichtiger, als vor einem Wettkampf noch einmal konkrete Spielzüge, taktische Überlegungen, konkrete Streckenverläufe, einen technischen Skill in den Fokus zu holen, ist es, ein Ritual zu finden, in dessen Rahmen es gelingt, die Umgebung soweit ausblenden, dass das hineinfinden in den Flow-Zustand und das Aktivieren der vorher definierten Anker- und Trigger-Punkte möglichst einfach gelingt. Ist die Sportpsychologin vor Ort, kann sie genau dabei unterstützen.

Flow-Vorbereitung

Zur Vorbereitung des Flow-Zustandes sollte eine Umgebung gefunden werden, die  dem Sportler oder der Sportlerin maximalen Frieden bietet. Das heißt, keine gut gemeinten Ermutigungen mehr, kein Anfeuern, kein “Du schaffst das“ oder etwas Ähnliches. In Umgebungen, in denen viele Störungen vorhanden sind, gilt es, den Sportler oder die Sportlerin optimal zu isolieren und vor Ablenkungen zu schützen. Wer sich unsicher ist, wie er sich in einer solchen Situation verhalten soll, spreche sich am besten ein paar Tage vorher mit dem Athleten oder der Athletin ab. Denn die wissen es wirklich am besten.

Wichtig: Flow ist ein Modethema. Leider wird im Umfeld des Sports wie wild mit der Begrifflichkeit um sich geworfen. Hier und da ist die Begriffsverwendung sachlich falsch, was vielleicht nicht schlimm ist, bei manchen Sportarten kann ein falsches Verständnis aber sogar gefährlich werden. Vertraut insofern gern auf uns. Auch wenn ihr schon einmal schlechte Erfahrungen am Markt gemacht habt. Aber dazu dann im 1:1 Gespräch mit einem meiner Kollegen oder Kolleginnen aus dem Netzwerk (zur Übersicht) oder mit mir (zum Profil von Anke Precht). 

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Anke Precht
Anke Prechthttp://www.ankeprecht.de

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