In der Sportpsychologie reden wir viel über Ziele und Klarheit bei deren Formulierung. Sind Ziele eindeutig, sind sie vorstellbar, möglichst sehr konkret und erstrecken sich über viele Sinnesmodalitäten, sind sie außerdem attraktiv, ist das gut für die Motivation: Sie ist die Kraft, die uns in Bewegung bringt. Aber springen wir damit nicht nur manchmal zu kurz? Ich finde, dass es neben der Motivation einen unterschätzten weichen Faktor für sportliche Erfolge gibt.
Zum Thema: Motivation und Dranbleiben – Ist wirklich alles eine Frage des starken Willens?
Es wird viel über extrinsische und intrinsische Motivation gesprochen. Die Intrinsische soll besser sein als die Extrinsische, weil sie aus dem Sportler selbst kommt, anstatt durch äußere Anreize oder Druck entsteht. Ich bin nicht ganz dieser Meinung. Ich finde, jede Form der Motivation ist gut, die dabei hilft, ein Ziel zu erreichen, das man sich selbst wünscht. Und dann gibt es neben der Motivation noch einen anderen Faktor, der beim Erreichen großer Ziele hilft, in meinen Augen der wichtigste: Gute Gewohnheiten (und keine schlechten).
In seinem Buch „Atomic Habits“ (auf deutsch „Die 1%-Methode) zeigt James Clear auf, wie machtvoll Gewohnheiten sind, wenn es darum geht, wirklich große Ziele zu erreichen. Denn wenn es auf dem Weg zum Ziel holprig wird, helfen sie viel mehr als die klassische Motivation, die sich aus dem Gefühl speist, dem Ziel näher zu kommen. Anders gesagt: Gegen Panne, Rückschläge, große Zweifel, innere Schweinehunde und Blockaden ist ein starker Wille auf die Dauer nicht gewappnet. Gewohnheiten schon.
Bis alles gut läuft
Was bedeutet das konkret für den Sport? Solange alles gut läuft, ist es meistens kein Problem, die Trainingsmotivation hochzuhalten oder neben dem Training auf vieles zu verzichten, was der Performance schadet. Denn Erfolgserlebnisse, auch im Training, sorgen für regelmäßige Dopaminausschüttungen im Gehirn. Das macht glücklich, das Gehirn will mehr davon und schickt den Sportler ins Training, auch bei Regen.
Was aber ist, wenn es nicht rund läuft? Die Trainings mühsam sind, die anderen bei den Wettkämpfen einfach (noch) besser sind? Wenn es Kritik hagelt, die Umgebung enttäuscht ist, der Sponsor sein Angebot zurückzieht, und dann vielleicht noch eine Verletzung dazukommt? Dann ist mit Dopamin nicht mehr viel, und die intrinsische Motivation hat es schwer. Zweifel tauchen auf, und die Stimme des Schweinehunds wird lauter. Die Aufmerksamkeit wandert von der eigentlichen Aufgabe immer mehr in Randbereiche. Was denken die anderen? Was bedeutet das für meine Karriere? Habe ich überhaupt noch eine Chance, mein Ziel zu erreichen? Warum tue ich mir das eigentlich alles an?
Gewohnheiten als Fels in der Brandung
Wer klare, feste und unverrückbare Gewohnheiten hat, ist jetzt klar im Vorteil. Denn die sind im Gehirn fest verankert und steuern Verhalten im Autopilot-Modus. Anstatt morgens zu überlegen, länger liegen zu bleiben, stehe ich auf und mache mein Training oder die Übungen vom Physio. Ich folge meinem Ernährungsplan, wie ich das schon seit Jahren mache. Ich fahre täglich und jede Woche das immer gleiche Programm. Check mit dem Trainer, Dokumentation, Pflege von Social Media, Feedback an die Sponsoren, und natürlich Training, Training, Training. Alles, was dazugehört. Man kann es auch Disziplin nennen. Und die fällt eben nicht vom Himmel. Dann kommt nach und nach auch die gewünschte Leistung. Es ist eine Frage der Zeit. Denn Fleiß siegt. Immer.
Ein entscheidender Schlüssel im Sport ist also das Bilden guter Gewohnheiten (und das Ablegen schlechter). Wie das geht, beschreibe ich im nächsten Beitrag. Also, bleib dran! Mach aus dem Lesen von Die Sportpsychologen eine gute Gewohnheit!
Views: 105