Thorsten Loch: Der fundamentale Attributionsfehler – wie Trainer und Trainerinnen diesen vermeiden können

In der Welt des Sports begegnen wir immer wieder außergewöhnlichen Leistungen von Athleten. Sei es ein spektakulärer Treffer im Fussball, ein Rekord im Sprint oder eine beeindruckende Akrobatik am Turngerät. Oft neigen wir dazu, diese Erfolge auf die individuellen Fähigkeiten und Eigenschaften der Sportler zurückzuführen. Doch was passiert, wenn wir uns dabei irren? Und hier kommt der fundamentale Attributionsfehler ins Spiel. In diesem Blogbeitrag werden wir uns den fundamentalen Attribitionsfehler genauer anschauen und Tipps ableiten, wie Trainer sich dieser unbewussten kognitiven Verzerrung begegnen können.

Zum Thema: Was ist der fundamentalste Attributionsfehler?

Der fundamentale Attriubutionsfehler beschreibt die Tendenz, das Verhalten anderer Menschen übermäßig auf deren Persönlichkeitseigenschaften zu beziehen und dabei die Einflüsse der Situation zu unterschätzen. Anders ausgedrückt: Wir neigen dazu, das Verhalten anderer Menschen auf ihre inneren Merkmale zurückzuführen, anstatt die äußeren Umstände angemessen zu berücksichtigen. 

Im Sport sind fundamentale Attributionsfehler allgegenwärtig. Wenn ein Spieler einen entscheidenden Fehler macht oder eine schlechte Leistung zeigt, sind wir schnell dabei, dies auf seine mangelnden Fähigkeiten oder Motivation zurückzuführen. Wir ignorieren dabei jedoch oft die vielen anderen Faktoren, die das Ergebnis beeinflussen könnten.

Versager vom Elfmeterpunkt

Ein Beispiel hierfür ist ein Fußballspieler, der einen Elfmeter verschossen hat. Anstatt in Betracht zu ziehen, dass er möglicherweise unter großem Druck stand oder von äußeren Einflüssen abgelenkt war, neigen wir dazu, seine Fähigkeiten in Frage zu stellen und ihn als „Versager“ abzustempeln. Dabei übersehen wir, dass selbst die besten Spieler gelegentlich Fehler machen können. Geschweige denn, dass ihnen die Fehler mit Absicht unterlaufen.

Zwischenfazit: Bei dem fundamentalen Attributionsfehler handelt es sich um einen kognitiven Bias, der dazu führt, dass wir das Verhalten anderer Menschen falsch interpretieren und möglicherweise falsche Schlussfolgerungen ziehen, ohne die Rolle der Situation oder die äußeren Umstände zu berücksichtigen. Dies kann fatale Folgen für den Sportler nach sich ziehen. Kehren wir zu dem Beispiel mit dem verschossenen Elfmeter zurück und skizzieren eine etwas komplexere Situation: Vielleicht stand der Spieler unter enormem Druck und war müde. Er kam aus einer Verletzung und hatte noch nicht seine volle Leistungsfähigkeit zurückerlangt. Dennoch wollte er als Kapitän Verantwortung für sein Team übernehmen und den Ausgleich erzielen. Das Resultat ist bekannt. Der Trainer ärgert sich wahnsinnig und bemängelt die Körperspannung und das zuvor gezeigte Zweikampfverhalten des Schützen. „Er hat es auf die leichte Schulter genommen und nicht die nötige Ernsthaftigkeit an den Tag gelegt. Diese „läppische“ Haltung zeigt er auch in den letzten Trainingseinheiten. Nicht mit mir! Seine Einstellung hilft uns im Abstiegskampf nicht weiter. Er bleibt demnächst draußen!“

Tipps für Trainer, um den fundamentalen Attributionsfehler zu vermeiden:

1: Bewusstsein schaffen:

Trainer sollten sich des fundamentalen Attributionsfehlers bewusst sein und verstehen, wie er ihr Urteilsvermögen beeinflussen kann. Indem sie sich dieses Bias bewusst machen, können sie ihre Entscheidungsfindung verbessern und gerechtere Bewertungen vornehmen.

2. Fakten überprüfen:

Anstatt vorschnell Schlussfolgerungen zu ziehen, sollten Trainer die Fakten überprüfen und alle relevanten Informationen sammeln, bevor sie eine Bewertung abgeben. Dies umfasst die Berücksichtigung von Umständen, zum Beispiel den Spielstand, die Spielzeit oder die individuellen Fähigkeiten der Sportler.

3. Feedback einholen:

Trainer sollten sich nicht nur auf ihre eigenen Einschätzungen verlassen, sondern auch Feedback von Spielern, Assistenten und anderen Trainern einholen. Durch den Austausch von Perspektiven können sie ein umfassenderes Bild der Situation erhalten und mögliche Fehler in der Attribuierung vermeiden.

4. Entwickeln sie eine lernorientierte Kultur:

Trainer sollten eine Kultur des Lernens und der Verbesserung fördern, in der Fehler als Teil des Lernprozesses betrachtet werden. Anstatt Spieler für ihre Fehler zu kritisieren, sollten Trainer sie ermutigen, aus ihnen zu lernen und sich weiterzuentwickeln. 

Fazit

Trainer können leicht in die Falle des fundamentalen Attriubtionsfelers tappen. Dieser Fehler bezieht sich auf die Tendenz, das Verhalten anderer Menschen übermäßig auf persönliche Merkmale oder Eigenschaften zu attribuieren, anstatt die Einflüsse der Situation oder der Umstände angemessen zu berücksichtigen. So wird schnell ein Sportler, der Verantwortung übernehmen will und einen Fehler macht als „faul“ oder „unfähig“ bezeichnet, ohne die Umstände zu berücksichtigen, die zu dem Fehler geführt haben (z.B. Elfmeter zum Ausgleich im Abstiegskampf; Müdigkeit—> Spieler kommt aus einer Verletzung). 

Trainer können jedoch dieser Falle entkommen, indem sie sich dieser Fehlinterpretation bewusst werden, Feedback einholen und eine lernfördernde Umgebung schaffen, in welcher Fehler als notwendige Entwicklungsschritte angesehen werden. Gerne unterstützen meine Kollegen (zur Übersicht) und ich (zum Profil von Thorsten Loch) sie bei ihrer eigenen Entwicklung. 

Mehr zum Thema:

Literatur:

Ross, L. (1977).: The intuitive psychologist and his shortcomings: Distortions in the Attributen process. In L. Berkowitz (Ed.), Advances in experimental social psychology (Vol. 10, pp. 173-220). Academic Press.

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Thorsten Loch
Thorsten Lochhttp://www.die-sportpsychologen.de/thorsten-loch/

Sportarten: Fußball, Badminton, Leichtathletik, Sportschießen, Karate, Skateboarding

Hennef, Deutschland

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