Nicht nur die Krankenkassen haben sich auf die Fahnen geschrieben: „Sport ist gesund.“. Überall werden wir von der Botschaft bombardiert, wie gesund Bewegung für uns ist. Auch die mentale Gesundheit profitiert laut empirischer Befunde vom regelmäßigen Sporttreiben, weshalb Bewegungstherapie inzwischen ein fester und wichtiger Bestandteil in psychiatrischen Kliniken ist. Im Leistungssport hört man aber immer wieder Sätze wie: „Das kann doch nicht gesund sein.“ Oder: „Leistungssport ist eben kein Gesundheitssport.“
Mehr zum Thema: Mentale Gesundheit im Leistungssport
Tatsächlich können die starken Belastungen im Leistungssport sowohl die körperliche als auch die seelische Gesundheit belasten (z.B. Übertraining, muskuläre Dysbalancen oder psychischer Druck und Stress). Für die körperliche Gesundheit wurde das schon länger erkannt, weshalb hier Präventionsmaßnahmen, wie Belastungssteuerung, Regenerationsmaßnahmen, Körperstabilisationsübungen und Ausgleichsübungen genutzt werden, um die Athleten und Athletinnen trotz der hohen Belastungen gesund zu erhalten. Leider wird dieser vorbeugende Ansatz im mentalen Bereich noch zu wenig genutzt. Entweder wird nur auf die Leistungssteigerung durch Mentaltraining gesetzt oder es wird erst zum Sportpsychologen oder sogar zum Psychotherapeuten gegangen, wenn ein größeres Problem erkannt wird, oder sogar eine psychische Erkrankung vorliegt.
Wenn Trainer*innen und Vereine aber präventiv auch an der mentalen Gesundheit ihrer Athleten arbeiten wollen, lohnt es sich, die Kommunikation und Kultur im Verein oder auch nur im Team bewusst anzugehen. Hierzu kann ich die beiden Konzepte Psychologische Sicherheit (von Amy Edmondson) und Growth Mindset (von Carol Dweck) empfehlen, die praktische Kommunikationshinweise für Trainer*innen, Führungskräfte aber auch Athletinnen und Athleten liefern.
Zwei Konzepte nicht nur für mehr Wohlbefinden und eine stabile mentale Gesundheit, sondern auch für Wachstum und Innovation
Psychologische Sicherheit ist die Überzeugung, dass man in einem Team seine Meinung äußern, Fehler machen und Risiken eingehen kann, ohne negative Konsequenzen zu befürchten. Growth mindset ist die Haltung, dass man seine Fähigkeiten durch Anstrengung, Feedback und Lernen verbessern kann. Beide Konzepte kombinieren sich gegenseitig und sind hilfreich, um eine langfristige Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden von Sportler*innen und Trainer*innen zu erhalten.
Wie können Führungspersonen die psychologische Sicherheit und das growth mindset im Team fördern? Ein wichtiger Faktor ist die Art und Weise, wie sie kommunizieren.
Tipps für einen effektiven Kommunikationsstil
Kritik konstruktiv formulieren: Statt die Person oder das Ergebnis zu bewerten, sollten Trainer*innen das Verhalten oder den Prozess beschreiben, der zu verbessern ist. Dabei sollten konkrete Beispiele genannt, positive Aspekte hervorgehoben und Lösungsvorschläge gemacht werden. Zum Beispiel: “Du hast heute gut gekämpft, aber ich habe gesehen, dass du einige Chancen verpasst hast. Vielleicht könntest du mehr auf deine Positionierung achten und schneller reagieren.”
Lob authentisch aussprechen: Statt allgemeine oder übertriebene Komplimente zu machen, sollten Trainer*innen das Lob an konkrete Leistungen oder Fortschritte knüpfen. Dabei sollte man die Anstrengung, das Lernen oder die Verbesserung würdigen, statt die Begabung oder das Talent. Zum Beispiel: “Ich bin stolz auf dich, wie du dich in den letzten Wochen gesteigert hast. Du hast hart trainiert und viel gelernt. Deine Technik ist viel besser geworden.”
Dialog fördern: Statt nur Anweisungen zu geben oder Monologe zu halten, sollte man die Athlet*innen einbeziehen und ihre Meinungen, Gefühle und Bedürfnisse berücksichtigen. Dabei sollte man offene Fragen stellen, aktiv zuhören und Feedback einholen. Zum Beispiel: “Wie fühlst du dich nach dem Spiel? Was hat dir gut gefallen? Was möchtest du verbessern? Wie kann ich dich dabei unterstützen?”
Um eine Atmosphäre der psychologischen Sicherheit und des growth mindset zu schaffen, sollten Trainer*innen nicht nur auf ihre Worte achten, sondern auch auf ihre Körpersprache, ihren Tonfall und ihre Mimik. Sie sollten eine positive, wertschätzende und ermutigende Haltung ausstrahlen und Vertrauen in die Fähigkeiten ihrer Sportler*innen zeigen.
Keine Einbahnstraße
Ein guter Kommunikationsstil ist nicht nur für Trainer*innen, sondern auch für Sportler*innen selbst wichtig. Sie sollten sich selbst und ihre Teamkolleg*innen konstruktiv kritisieren, authentisch loben und einen offenen Dialog pflegen. So können sie gemeinsam lernen, wachsen und erfolgreich sein.
Zusätzlich zu der psychischen „Belastungssteuerung“ im Team durch eine gute Kommunikation und Kultur ist sicher auch eine individuelle kontinuierliche Arbeit am Umgang mit Stress und psychischem Druck sinnvoll. Ich bezeichne das als mentales Fitnesstraining. Wer sich weiter damit beschäftigen will, oder für sich oder seinen Verein Bedarf für ein mentales Präventionskonzept sieht, kann sich gerne bei meinen Kolleg*innen (zur Übersicht) oder bei mir persönlich (zum Profil von Markus Gretz) melden.
Quellen:
Dweck, C. S. (2009). Mindsets: Developing talent through a growth mindset. Olympic Coach, 21(1), 4-7. https://www.fizzixfun.com/s/USOC-MINDSETS-by-Carol-Dweck-209-1-1.pdf
Edmondson, A. C., & Bransby, D. P. (2023). Psychological safety comes of age: Observed themes in an established literature. Annual Review of Organizational Psychology and Organizational Behavior, 10, 55-78. https://www.annualreviews.org/doi/pdf/10.1146/annurev-orgpsych-120920-055217
Stewart A. Vella, Elizabeth Mayland, Matthew J. Schweickle, Jordan T. Sutcliffe, Desmond McEwan & Christian Swann (2022) Psychological safety in sport: a systematic review and concept analysis, International Review of Sport and Exercise Psychology, DOI: 10.1080/1750984X.2022.2028306
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