Seit Anfang dieses Jahres stehe ich aus unerfreulichen Gründen wieder regelmäßig auf dem Tennisplatz und gebe Training. Mehr dazu unten. Das mit dem Training habe ich früher beruflich gemacht und auch heute macht es mir wieder viel Spaß. Besonders spannend empfinde ich heute die zusätzliche (sport-)psychologische Perspektive, die ich im Vergleich zu meinen früheren Jahren als Tennislehrer einbringen kann. Im Folgenden geht es nun um ein Verhalten, das viele Tennisspieler und -spielerinnen kennen.
Zum Thema: Umgang mit Fehlern
In den verschiedenen Gruppen habe ich zwei SpielerInnen in einer hochinteressanten Situation. Beide haben eigentlich eine solide Grundtechnik. Leider sind sie verunsichert und fühlen sich gerade sehr unwohl mit ihren Grundschlägen. Selbst wenn wir wenige zentrale Knotenpunkte der Bewegung fokussieren, isoliert einüben und die Schläge wieder gut gelingen, dann ist das Selbstvertrauen und das notwendige Selbstverständnis für die Ausführung der Schläge in Spielformen ganz schnell wieder dahin. Und dann kommt es oft ganz unwillkürlich zu einem Vermeidungsverhalten und bestimmte Schläge werden gar nicht mehr gespielt.
Wie jeder Tennisspieler weiß, ist Tennis ein Arschloch. Bis auf einen einzigen Spieler bzw. einer einzigen Spielerin gehen in einem Turnier alle mit einer Niederlage nach Hause. Und auch in einem Match enden zumindest die meisten Ballwechsel mit einem Fehler. Diese Konstellation hat viel Potenzial für Enttäuschung, Frustration und Ärger. Frustration und Ärger sind nun aber leider nicht die Emotionen, die ein Spieler beim Neu- oder Umlernen gut gebrauchen kann.
Spirale aus Ärger, Frust und Stress
Was ist zu tun, um die frustrierende Abwärtsspirale aus Ärger, vermehrter Anspannung, Frust, Stress und weiteren Fehlern oder Vermeidungsverhalten zu durchbrechen?
Zunächst versuche ich, meine Spieler für einen Perspektivwechsel zu gewinnen. Wohin geht dein Fokus? Auf den abschließenden Fehler, oder kannst du auch die gelungenen Schläge davor wertschätzen? Jede erfolgreiche Schlagausführung wird markiert und gilt als Erfolg. Das ist so wichtig, weil sonst oft der letzte Schlag, der vielleicht nicht mehr ganz so sauber war, im Gedächtnis haften bleibt. Und für spätere Spielformen gilt es eine Einstellung zu finden, die es erlaubt, die neue Technik mutig anzuwenden und nicht auf Fehlervermeidung zu fokussieren.
Training ist Training
Im Tennis begegnet uns häufig ein weiteres Phänomen: Häufig wollen Spieler die Ballwechsel und das Spiel für ihre Trainingspartner nicht kaputt machen. Hier ist es oft hilfreich, deutlich zu machen, dass wir hier im Training sind und damit genau in dem Kontext, in dem Fehler problemlos erlaubt sind, insbesondere wenn sie der Entwicklung dienen. Im Fall der einen Spielerin war es auch gut, ihr die Perspektive der Trainingsgruppe anzubieten. Denn sie wird mindestens mittelfristig sehr davon profitieren, wenn sie ihre Technikprobleme in den Griff bekommt. Der geschützte Raum der Trainingssituation ist dafür genau richtig.
Mein Rat: Habt Spaß beim Training und beim Spiel! Fehler sind wichtige Lehrmeister. Wenn ich aber nur auf die Fehler gucke und versuche diese zu vermeiden, dann geht es nicht weiter. Und das wäre doch sehr schade. Nutzt die Fehler als Feedback, um stets die Technikausführung neu zu justieren. Und fokussiert auf die Muster des Gelingens. Speichert ab, was funktioniert. Mit allen Sinnen. Jeder meiner Spieler hat eine mentale Digitalkamera mit auf dem Platz, um gelungene Schläge und Sequenzen so detailliert wie möglich und aus allen Perspektiven aufzunehmen und später bei Bedarf abzurufen.
Persönliche Worte
Halten wir fest: Tennis ist manchmal ein Arschloch. Wie im Leben, so auch auf dem Tennisplatz, darf ich damit gut umgehen lernen.
Mein Comeback als Tennistrainer hat leider unerfreuliche Gründe – von Herzen gute Besserung, Klaus. Auch ich mache jetzt das Beste daraus und versuche jede Trainingszeit zu nutzen, um nicht zuletzt sportpsychologisch zu wirken. Wenn euch das interessiert und ihr mehr wissen wollt, gebt gern ein Feedback. Meine Kollegen und Kolleginnen im Netzwerk (zur Übersicht) und ich (zum Profil von Stephan Brauner) freuen uns über konkrete Themenwünsche.
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