Prof. Dr. René Paasch: Zur Förderung der Selbstständigkeit im Jugendsport

Unsere Erwartungen an Trainer*innen sind hoch. Wir wollen unsere Kinder und Jugendliche nicht nur zu leistungsfähigen Sportlern*innen ausbilden, sondern sie bei ihrer Entwicklung zu charakterstarken und sozialkompetenten Heranwachsenden begleiten. Sie sollen in der Lage sein, sich um ihre eigenen Bedürfnisse zu kümmern und sich trotzdem auf die Zusammenkunft mit anderen einlassen. Wie können Sie dabei unterstützen? Indem wir uns auf das Wesentliche konzentrieren. Kinder und Jugendliche brauchen keinen Leistungsdruck, sondern aufrichtige Wertschätzung. Sie erfahren in diesem Artikel, warum wir dennoch aufhören sollten, unsere Kinder und Jugendliche zu loben. Wie Sie die individuelle Aufmerksamkeit verbessern können, warum Sie als Trainer*in einen respektvollen Umgang pflegen sollten, Freundschaften und Vertrauen fördern und warum es unseren Sprösslingen egal sein darf, ob Sie Ihr Trainer*in mag oder nicht.

Zum Thema: Kindern und Jugendlichen zur Selbstständigkeit verhelfen 

Was wollen wir mit Bildung im Sport erreichen? Dass unsere Kinder und Jugendlichen leistungsfähig und erfolgreich werden? Dass sie Taktikfüchse und angepasste Pflichterfüller werden, die stets systemkompatibel agieren? Die Frage ist natürlich rhetorisch gemeint und ein wenig spitzfindig von mir formuliert. Denn Bildung im Sport ist mehr als das. 

Für mich ist das oberste Ziel von Bildung, junge Menschen bei ihrer Entwicklung zu selbstständigen Erwachsenen zu unterstützen. Was genau meine ich damit? Zweierlei. 

  • Erstens glaube ich, dass alle Menschen von Natur aus nach Unabhängigkeit streben. Und es stimmt, dass wir unsere Hilflosigkeit schon als Babys überwinden wollen. Dieser unbedingte Wille treibt uns an, sich vielfältigen Reizen auszusetzen. Wir kommen mit einem unbändigen Freiheitsdrang und Entdeckertum zur Welt. 
  • Die zweite Qualität der Selbstständigkeit meint, dass wir uns auf die Erfüllung unserer eigenen Aufgaben konzentrieren. Adler (2022) unterscheidet dabei zwei Kategorien von Aufgaben „Ihre und die der anderen Menschen“. 

Sie sind nur für Ihre eigenen Bedürfnisse und Erwartungen verantwortlich. Was bedeutet das? Stellen Sie sich vor, Ihr(e) Trainer*in kann Sie nicht leiden. Dann ist es nicht Ihre Aufgabe, ihn oder sie umzustimmen. Dieser Fokus auf sich und andere Belange macht sie selbstständig. Als 6-facher Papa und leidenschaftlicher Sportpsychologe halte ich die Selbstständigkeit für den Schlüssel zu wahrer Lebensfreude. Aber Vorsicht! Selbstständig zu sein bedeutet nicht, sich vom Rest der Welt abzuschotten. Der selbstständige Mensch vereint beides: harmonische soziale Beziehungen und die Erfüllung der individuellen Bedürfnisse (Jean Piaget, 1983). So weit, so gut. Und was hat das nun mit Bildung im Sport zu tun?

Gemeinschaft und Selbstständigkeit als zwei Seiten einer Medaille  

Auf den ersten Blick hat die Pädagogik wenig Spielraum. Ist es nicht ein Widerspruch, dass sich das selbstständige Kind und der Jugendliche der Autorität der Trainer*innen unterordnet? Und widerspricht deren Verantwortung nicht der Logik, dass sich jeder nur um seine eigenen Belange kümmert? Nein. Bildung ist essentiell für die selbstständige Entwicklung. Wir sollten die Gemeinschaft und Selbstständigkeit als zwei Seiten einer Medaille sehen. Unsere Heranwachsenden entwickeln ihre Autonomie im Umgang mit anderen Personen, indem sie am kulturellen und sportlichen Wissen teilhaben. Hier lernen sie alles – von der menschlichen Interaktion bis zu den sportlichen Regeln. All das ist Teil von Bildung. 

Inhalte zum Thema Bildung finden Sie hier:

In den folgenden Abschnitten sehen wir uns an, wie meine Erfahrungen und Ideen Trainer*innen dabei helfen können, Kindern und Jugendlichen auf ihrem Weg zu selbstständigen und glücklichen Sportlern*innen zu unterstützen.   

Respektvolles Miteinander 

Stellen Sie sich einen Kunstrasen auf dem Sportplatz vor. Dort trainiert eine U11-Mannschaft montags, mittwochs und freitags und an den Wochenenden im Leistungsvergleich. Folgende Situation treffen Sie dort an: Der/die Trainer*in steht vor der Taktiktafel. Auf der Trainerbank liegt das sorgsam vorbereitete Arbeitsmaterial für die 90-minütige kreative und altersgerechte Trainingseinheit. Aber die Spieler*innen sind außer Rand und Band. Sie ignorieren den/die Trainer*in, stattdessen werfen sie mit Bällen durch die Gegend. Einige von Ihnen spielen fangen und andere wiederum ärgern sich gegenseitig! Was fehlt hier? Respekt. Aber für wen? Die meisten von uns würden intuitiv auf den Trainer bzw. auf die Trainerin tippen. Die Spieler*innen verhalten sich ihm/ihr gegenüber respektlos. Sie ahnen schon, was jetzt kommt. Ich würde genau das Gegenteil behaupten. „Viele Trainer*innen verwechseln Respekt mit Ehrfurcht“. Sie glauben, Ihre Schützlinge sollten die Autorität der Erwachsenen anerkennen. Ich bin da anderer Meinung. Ich verstehe Respekt als eine Begegnung auf Augenhöhe. Diese gegenseitige Wertschätzung ist für mich die Grundlage enger zwischenmenschlicher Bindungen und damit die Voraussetzung für die Bereitschaft, einander zuzuhören (Schmidt-Denter,  2005). Eine respektvolle Gleichberechtigung ist der Schlüssel zu dieser Art von Zugehörigkeit. Das führt uns zu einem weiteren wichtigen Aspekt. Die Vorstellung von Respekt meint nicht, dass wir einander für unsere Errungenschaften bewundern. Aufrichtiger Respekt bedeutet, dass wir einander so akzeptieren, wie wir sind ohne Erwartungen und Urteile. 

Weitere Gedanken dazu finden Sie hier: 

Was heißt das für den Trainer bzw. für die Trainerin in meinem Beispiel? Der Sinnhaftigkeit zufolge ginge es nicht darum, dass sie ihren Sportlern*innen „Respekt beibringen“. Im Gegenteil. Sie müssen ihnen mit Respekt begegnen. Sie sollten Sie so annehmen, wie sie sind: unreif, ungestüm, voller Taten- und Bewegungsdrang sowie die innige Erfüllung des Entdeckers und Forschertums. Würden unsere Sprösslinge diesen Respekt erwidern? Würden sie das Entgegenkommen mit konzentriertem Fleiß belohnen? Vielleicht ja, vielleicht nein. Denn Respekt für andere ist keine Garantie dafür, dass andere ihn erwidern. Aber er ist der wichtigste erste Schritt auf dem Weg zu gegenseitiger Wertschätzung. Wer Kinder und Jugendliche so nimmt, wie sie sind, lehrt sie, sich selbst zu lieben. Und Selbstliebe ist ein wichtiger Bestandteil von Selbstständigkeit (Adler, 2022). 

Weitere Anregungen finden Sie hier:

Lob wirksam einsetzen  

Schulterklopfen, gewonnene Wettkämpfe mit Eis belohnen und Punktesammlung mit Arbeitsvorteilen – Lob ist eines der wirksamsten Instrumente im pädagogischen Werkzeugkoffer. Die moderne Bildung betrachtet das Lob als eine Form der positiven Bestätigung, die Kinder zu vorbildlichem Verhalten motiviert. Für Carol Dweck (2007) funktioniert Lob ganz anders. Wenn wir ein Kind für seine gute Arbeit loben, wird das Lob zur Belohnung für die Arbeit, aber nicht für die einzelnen Fähigkeiten. Das mag uns heutzutage normal erscheinen, doch es geht noch zielgerichteter. Selbstständigkeit bedeutet, dass wir uns um unsere eigenen Aufgaben kümmern. Die Aufgabe von Heranwachsenden besteht somit in der Arbeit – und nicht darin, belohnt zu werden. Das Lob der Trainer bzw. Trainerinnen lenkt den Fokus nicht nur weg von der eigentlichen Aufgabe, sondern es konditioniert das Kind oder den Jugendlichen, das Glück im Lob zu suchen. Es verwehrt ihm die tiefere Befriedigung, die Dinge, um ihrer selbst willen zu tun. Das verträgt sich auch mit meiner Vorstellung von Respekt. Wahrer Respekt bedeutet, dass wir einander bedingungslos akzeptieren. Doch das Lob impliziert Bedingungen: „Ich respektiere dich nur, wenn du dich auf eine bestimmte Weise verhältst.“ Stellen Sie sich vor, Sie haben einen besonders unruhigen Jugendlichen, den Sie umso überschwänglicher loben, wenn er während der Trainingseinheit endlich einmal Ruhe bewahrt. Was passiert? Dieser bemüht sich künftig noch stärker um Ruhe. Sie zeigen ihm damit aber auch, dass Sie ihm mehr Aufmerksamkeit schenken, wenn er seinen wahren Charakter unterdrückt. Im Sport schafft Lob außerdem soziale Hierarchien. Kein Trainer bzw. Trainerin kann das Lob gleichmäßig auf alle Sportler*innen verteilen. Es würde durch die inflationäre Verwendung an Wert verlieren. Also werden manche häufiger gelobt als andere. Diese Hierarchie führt zu Konkurrenz und macht die Teamkameraden zu Rivalen. Aber ist es nicht eine unserer größten Aufgaben, unsere Kinder und Jugendliche schon im Sportverein für die erwachsene Ellenbogengesellschaft oder den Spitzensport zu trainieren? 

Für mich gibt es einen Unterschied zwischen Wettbewerb und Rivalität. Wettbewerb ist ein natürlicher Teil des Lebens. Rivalität nicht. Stellen Sie sich vor, Sie nehmen mit Ihrer Mannschaft an einem internationalen Jugend-Fußballturnier teil. Statt die gegnerischen Mannschaften als Rivalen zu sehen, wäre der Wettbewerbsgedanke eher zu favorisieren. Ist Ihre Mannschaft deswegen unmotiviert? Nein. Sie wollen trotzdem gut spielen und gewinnen! Ihr Team konkurriert, aber Ihr Erfolgsgefühl steht und fällt nicht mit Ihrer Platzierung. Das ist ein Wettbewerb ohne giftige Rivalität. Und genau diese Art von intrinsischem Sportsgeist sollten wir im Jugendfußball fördern. 

Der Wunsch nach Aufmerksamkeit 

Stellen Sie sich vor, ein kleiner Junge bekommt zu seinem 8. Geburtstag einen Tennisschläger und Ball geschenkt. Stundenlang spielt er mit seinem Ball gegen die Wand. Später entdeckt er durch Zufall, dass er mit seinem Schläger und Ball auch andere Ziele anvisieren und treffen kann. Er richtet seinen Schläger und Ball in Richtung Kellerfenster, holt aus und trifft! Es gibt einen lauten Knall und das Fenster ist kaputt! Ist der Junge deshalb schlecht erzogen? Nein. Er handelt aus purer und unschuldiger Neugier. Er weiß noch nicht, was das für Konsequenzen mit sich bringen kann. In vielen Fällen ist genau dieses Unwissen am Werk, wenn wir Erwachsenen von „Problemverhalten“ sprechen. Ob Kinder und Jugendliche sich ungestüm verhalten, während der Sportstunde spielen oder sich nicht an Regeln von Erwachsenen halten – sie sind sich der Konsequenzen ihres Handelns nicht bewusst. Darum bringt es auch nichts, deswegen mit ihnen zu schimpfen. Es ist konstruktiver, auf ihr Unwissen einzugehen. Wir sollten dem Jungen oder dem Mädchen erklären, dass jedes Hab und Gut anderer kostbar ist. Wir sollten ihn nicht für etwas tadeln, das er noch nicht wissen kann. Das klingt nach wertvollem Rat – aber gewiss nur bis zu einem bestimmten Alter, oder? 

Kindergartenkinder können noch nicht alle Regeln des Miteinanders kennen. Aber was ist mit einem Zehnjährigen im Sportverein, der sie kennt und trotzdem bricht? Selbst in diesem Fall würde dies nur bedingt helfen. Hierfür müssen wir uns näher mit den Ursachen des auffälligen Verhaltens beschäftigen. Dazu zerlege ich das Verhalten in zwei Phasen: 

  • Die erste Phase ist der Wunsch nach Anerkennung. Ein Heranwachsender, der für sein gutes Verhalten gelobt wird, will die Erwartungen seines Umfelds weiter erfüllen. Problematisch wird es nur, wenn dieses Lob ausbleibt. 
  • Das führt zur zweiten Phase: dem Erregen von Aufmerksamkeit. Das Kind meint, sich gut zu verhalten, wartet aber vergeblich auf das ersehnte Lob. Es geht dazu über, durch störendes Verhalten mehr Aufmerksamkeit zu erhalten. Dafür nimmt es auch den Tadel seiner Bezugspersonen in Kauf. Es erhält lieber negative Aufmerksamkeit, als gar nicht beachtet zu werden. Ein Kind und Jugendlicher ist immer auf Aufmerksamkeit aus, egal ob es die Erwartungen seiner Umwelt erfüllt oder enttäuscht. Darum bringt es nichts, wenn wir Erwachsenen sie durch Lob oder Tadel unter Druck setzen. 

Freundschaften im Sport 

Bildung ist ein Geschenk. Gute Trainer*innen schenken ihren Schützlingen Aufmerksamkeit, Zeit und Wissen. Und dann gibt es außergewöhnliche Trainer*innen, die Kinder und Jugendliche ein noch größeres Geschenk bereiten: Sie schenken ihnen Freude. Und zwar nicht nur einen heiteren Moment, sondern die Fähigkeit, die Freude aus dem Sport hinaus und in ihr Leben zu tragen (Grossmann & Grossmann, 2001). Um dieses Geschenk näher zu beschreiben, widmen wir uns zunächst einer weiteren Idee, der zufolge alle Probleme des Lebens durch zwischenmenschliche Beziehungen entstehen. Moment – heißt das, dass zwischenmenschliche Beziehungen schlecht sind? Und was haben Probleme mit Freude zu tun? Im Laufe dieses Abschnittes werden wir dies klären.

Widmen wir uns zunächst den zwischenmenschlichen Problemen. Wenn Sie der einzige Mensch auf dem Planeten wären, gäbe es weder Rivalität noch Neid. Sie würden sich vermutlich nicht einmal einsam fühlen, weil Sie die Gemeinschaft nicht vermissen würden. Sie sind aber nicht der einzige Mensch auf dem Planeten. Darum müssen wir zwangsläufig mit den Problemen umgehen, die zwischenmenschliche Beziehungen mit sich bringen. Verdeutlichen möchte ich dies wie folgt: Die Gemeinschaft ist eine fundamentale Tatsache des Lebens. Wir sind von Geburt an mit anderen Menschen verbunden. Womit wir bei den schönen Seiten der Gemeinschaft wären.  Zwischenmenschliche Beziehungen sind nicht nur die Wurzel aller Probleme. Sie sind auch die Wurzel aller Freude. Die Freude ist ein Produkt des Gemeinschaftsgefühls, also dem Gefühl der sozialen Zugehörigkeit (Alisch & Wagner, 2006). Wir tragen dieses Gefühl von Geburt an wie eine Passung in uns, müssen es aber aktivieren. Diese muss durch positive Reize zum Vertrauen heranreifen. Die wichtigsten positiven Reize sind unsere Freundschaftsbeziehungen. Ich meine nicht nur die Pflege der engen Freundschaft, sondern die Bereitschaft, allen Menschen in Freundschaft zu begegnen. Und wo machen Kinder und Jugendliche ihre ersten und weiteren großen Erfahrungen mit Freundschaft? Genau, in der Kita, Schule und im Sportverein. Hier kommen wieder unsere Trainer*innen ins Spiel. Ein guter Trainer bzw. Trainerin prägt die Freundschaftsbeziehungen ihrer Sportler*innen. Nicht, indem sie sich wie eine Freundin oder ein Freund verhält, sondern indem sie ihnen die Wärme und Empathie entgegenbringt, die man mit wahren Freunden teilt. Ihr Verhalten dient den Kindern und Jugendlichen als Vorbild. Sie hilft ihnen, enge Freundschaftsbeziehungen aufzubauen und anderen Menschen in Freundschaft zu begegnen. Und das ist doch die beste Voraussetzung für wahre Freude. 

Weiterführende Inhalte zu diesem Abschnitt finden Sie hier:

Selbstwirksamkeit und Vertrauen entwickeln

„Es ist gut, viele Dinge zu lieben, denn darin liegt die wahre Kraft, und wer viel liebt, bringt viel Leistung und kann viel erreichen, und was man aus Liebe tut, tut man gut.“  

VINCENT VAN GOGH

Diese Überzeugung bezüglich der eigenen Fähigkeiten setzt die Erfahrung voraus, in der Vergangenheit Herausforderungen angenommen und erfolgreich bewältigt zu haben. Die Erfahrungen führen dann zu einer Steigerung des Selbstwertgefühls. Das bestärkt die Einstellung, die wiederum die Motivation erhöht, sich weiteren „schwierigen“ Aufgaben und Problemen zu stellen – die sogenannte Wirksamkeit im Tun! Gerade der Sport bietet vielfältige Möglichkeiten, Sportler*innen in ihrer Selbstwirksamkeit zu fördern. Bund (2001, S. 20ff) zeigt, wie das Selbstvertrauen von Kindern und Jugendlichen im Sport gestärkt werden kann:

  1. Sport muss von Kindern und Jugendlichen als ein Handlungsfeld erlebt werden, in dem sie – wenn sie sich anstrengen – erfolgreich sind!
  2. Erfolgserlebnisse im Sport müssen von Kindern und Jugendlichen als persönliche Erfolge wahrgenommen werden!
  3. Mit Kindern und Jugendlichen positiv kommunizieren!
  4. Kinder und Jugendliche den Sport mitgestalten lassen!
  5. Sport als Gruppenerlebnis inszenieren!
  6. Kindern und Jugendlichen geeignete Vorbilder (Modelle) geben!
  7. Kinder und Jugendliche beim Sport den eigenen Körper und die Emotionen spüren lassen!

Wenn unsere Schützlinge ihre eigenen Lernfortschritte als persönliche Erfolgserlebnisse vermittelt bekommen und erfolgversprechende Rückmeldungen erhalten, steigt mit der Zeit Vertrauen in ihre Fähigkeiten. Entscheidende Voraussetzungen für die Funktionstüchtigkeit unserer Motivationssysteme sind die soziale Anerkennung und die persönliche Wertschätzung anderer. Woher Kinder und Jugendliche, die für die Motivation so wichtige Anerkennung und Wertschätzung erhalten, liegt auf der Hand: Sie erhalten sie im Rahmen zuverlässiger persönlicher Beziehungen zu anderen Personen, in der Regel also zu Eltern, engen Angehörigen und sehr wohl auch zu Trainer*innen. 

Weiterführende Inhalte zu Thema Selbstwirksamkeit finden Sie hier:

Fazit

Bildung im Sport sollte mehr wollen, als Ausbildungsinhalte oder Standards zu vermitteln. Sie sollte Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit unterstützen. Für mich bedeutet Selbstständigkeit die Fähigkeit, sich um seine eigenen Bedürfnisse zu kümmern. Wer mit sich selbst im Reinen ist, kann anderen Menschen respektvoll und freundschaftlich begegnen. Er macht sich frei von fremder Bestätigung und überwindet sein Ego, um ehrliche und gesunde zwischenmenschliche Beziehungen zu führen.

Take Home Message

Verzichten Sie auf das Loben und stärken Sie die Empathie. Zum Beispiel indem Sie den Fokus von ihnen auf andere Menschen lenken. Stellen Sie sich vor, Ihr(e) Spieler*in hat es geschafft, bei einer fehlerhaften Schiedsrichterentscheidung den Vorteil nicht anzunehmen und somit Fairness zu zeigen! Dann können Sie statt „Du hast das großartig gemacht“ folgendes sagen: „Die gegnerische Mannschaft und die Zuschauer*innen haben dein faires Verhalten genau beobachtet und waren beeindruckt. Ich habe wahrgenommen, wie du für dich richtig Auftrieb bekommen hast und wie selbstsicher deine Körperhaltung war.“ 

Was denken Sie über meine Sichtweise zum Thema Selbstständigkeit im Jugendsport?  Waren diese Inhalte inspirierend für Sie und können Sie aus eigenen Erfahrungen dies bestätigen oder eher nicht? Haben Sie Anregungen, Wünsche oder Kritik? Ich freue mich über Feedback! 

Mehr zum Thema:

Literatur 

Adler, A. (2022): Schriften zur Erziehung und Erziehungsberatung (1913–1937), Verlag Vandenhoeck & Ruprecht

Alisch, L.-M./ Wagner, J. (2006): Freundschaften unter Kindern und Jugendlichen. Interdisziplinäre Perspektiven und Befunde. Weinheim und München: Juventa Verlag Bachmann, H.I. (1996): Kinderfreundschaften – Start ins Leben. Freiburg, Basel, Wien: Herder Verlag

Bund, A. (2003): Kinder stark machen – Selbstvertrauen fördern. In: Sportpraxis, Heft 4

Cimpian, A., Arce, H.M. C., Markman, E. M., & Dweck, C. S. (2007): Subtle linguistic cues affect children’s motivation. Psychological Science, 18(4), 314–316. https://doi.org/10.1111/j.1467-9280.2007.01896.x

Dweck, C. S. (2007a). Boosting achievement with messages that motivate. Education Canada, 47(2), 6–10.

Grossmann, K.E./ Grossmann, K.E. (2001): Bindungsqualität und Bindungsrepräsentation über den Lebenslauf. In: Röper, G./ von Hagen, C./ Noam, G. (Hrsg.): Entwicklung und Risiko. Perspektiven einer Klinischen Entwicklungspsychologie. Stuttgart: W: Kohlhammer GmbH (S. 143-168)

Piaget, J. (1983): Das moralische Urteil beim Kinde. Stuttgart: Klett-Cotta

Schmidt-Denter, U. (2005): Soziale Beziehungen im Lebenslauf. 4. vollständig überarbeitete Auflage. Weinheim, Basel: Beltz Verlag

Henry-Huthmacher, Ch., Hoffmann, E., Keller, H., Oelkers, J. Schneider, N.F., Wiesner, R. (2015): Das selbstständige Kind. Das Kinderbild in Erziehung und Bildung:  Link: https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=3539d2c7-fb36-8acc-5570-6de9f89cacde&groupId=252038 

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Prof. Dr. René Paasch
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