Wie andere Menschen auch sind Sportler nicht vor kleineren und größeren Lebenskrisen gefeit. Die Ursachen für solche Krisen können sehr unterschiedlich sein. Denn neben der Art, wie ein Trainer führt (Lesetipp siehe unten), spielen z.B. das Umfeld des Sportlers, die genetische Veranlagung, gemachte Erfahrungen und Persönlichkeitseigenschaften eine zentrale Rolle, wie mit einem Akutauslöser umgegangen wird. Für einen verantwortungsbewussten Umgang mit psychischen Belastungen in Krisenzeiten empfiehlt sich für den Trainer ein Vorgehen in drei Schritten. Das Gute ist, dass dieser dabei in seiner Rolle bleiben kann, ohne beispielsweise in die des besten Freundes oder Therapeuten schlüpfen zu müssen.
Zum Thema: Tipps für Trainer im Umgang mit Sportlern in Krisensituationen
Schritt 1: Wachsame Beobachtung
Schon eine wachsame Beobachtung kann helfen, um potenzielle gesundheitliche Risiken frühzeitig zu erkennen. Das Augenmerk sollte dabei auf folgenden Veränderungen liegen:
- Neigt der Sportler zu einer Hyperaktivität oder ist er besonders häufig krank?
- Reagiert der Sportler auf mich als Trainer und auf andere mit Klagen, Resignation oder Rückzug?
- Zeigt der Sportler deutliche Veränderungen in seinem Trainingsverhalten? Kommuniziert er beispielsweise sarkastischer, aggressiver oder destruktiver als sonst? Hat sich seine Stimmungslage verändert, z.B. in Form von Gereiztheit?
- Lässt die Disziplin (z.B. Pünktlichkeit) des Sportlers oder auch seine Qualität der sportlichen Leistung zu wünschen übrig?
Schritt 2: Ansprechen
In einem zweiten Schritt liegt es nahe, den Sportler auf die wahrgenommenen Anzeichen in einem vertrauensvollen Rahmen anzusprechen. Doch damit dieser bereit ist, sich seinem Trainer in diesem Gespräch gegenüber zu öffnen, braucht es eine stabile Beziehungsebene. Und an dieser Stelle schließt sich der Kreis zur Kernaussage eines vorigen Artikels zum Führungsverhalten von Trainern (Link siehe unten): Wenn ein Verhältnis zwischen Trainer und Sportler besteht, das auf gegenseitigem Vertrauen und Respekt basiert, wenn der Sportler seinen Coach als empathisch wahrnimmt und das Gefühl hat, dass das Zeigen von Schwäche und das Machen von Fehlern völlig in Ordnung ist, so – aber auch nur dann – ist die Wahrscheinlichkeit für ein gelingendes Gespräch groß.
Sollte der Coach die im ersten Schritt beschriebenen Warnzeichen beobachtet haben, empfiehlt es sich,
- diese Auffälligkeiten zeitnah anzusprechen und dabei auf eine ungestörte Umgebung zu achten,
- sich möglichst auf konkretes Verhalten und konkrete Wahrnehmungen zu beziehen,
- aufmerksam zuzuhören und das Gehörte in eigenen Worten zusammenzufassen,
- zu versuchen zu verstehen, z.B. durch das Stellen von einfachen, offenen und nicht-wertenden Fragen,
- auch zu akzeptieren, dass der Sportler möglicherweise nicht bereit ist, sich dem Trainer gegenüber zu öffnen und dass der Sportler die Situation ggf. anders einschätzt als der Trainer.
No-Gos in dieser Phase bestehen darin,
- Annahmen über mögliche Ursachen des Problems zu äußern und dieses zu erklären versuchen,
- sofort in die Rolle des Ratschlaggebers zu rutschen.
Schritt 3: Intervenieren & Lösen
Sofern sich der Sportler dem Trainer gegenüber geöffnet hat, sich die Vermutung eines Problems bestätigt hat und der Sportler in dieser Phase bereits bereit ist, gemeinsam mit dem Trainer in einen Lösungsmodus zu schalten, kann zum einen im eigenen Verantwortungsbereich nach Lösungen gesucht werden. So kann z.B. im Hinblick auf den Sportkontext gemeinsam überlegt werden, welche – zwischenzeitlichen – Erleichterungen zur Wiederherstellung des Wohlbefindens des Sportlers herbeigeführt werden können. Bei komplexeren Sachverhalten kann gemeinsam nach geeigneten Ansprechpartnern gesucht werden – sei es durch sportpsychologische Unterstützung oder über alternative Lösungsmöglichkeiten.
Tipps für den Umgang mit Sportlern in Krisensituationen
Abschließend möchte ich euch Lesern gern einige zusammenfassende Tipps für den Umgang mit Sportlern in Krisensituationen an die Hand geben. Menschen reagieren sehr unterschiedlich in solchen Situationen: von totaler Verleugnung bis hin zu Panikreaktionen. Umso wichtiger ist es, als Trainer, sachlich und ruhig zu kommunizieren, Anteilnahme zu zeigen und dem Sportler das Gefühl zu geben, ihn zu verstehen. Zudem ist es wichtig, über mögliche Hilfsangebote Bescheid zu wissen, um – falls in der Situation passend – auf diese verweisen zu können.
In vielen Sportvereinen gibt es Unterstützungsangebote wie z.B. eine sportpsychologische Beratung oder einen Mannschaftsmediziner. Zudem: Es gilt, unbedingt auf sich selbst zu achten. Nur wer als Trainer selbst mental gesund ist, kann seinen Sportlern – gerade denjenigen, die sich in Krisensituationen befinden – eine wahre Stütze sein.
Nutzt dafür gern unser Netzwerk (zur Übersicht) oder nehmt gern zu mir persönlichen Kontakt auf (zum Profil von Janosch Daul).
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