Das mentale Training nach Eberspächer (2007) stellt eine Möglichkeit dar, kognitive Fertigkeiten zu entwickeln, die das Erlernen, Verändern und Verbessern von Bewegungsvorstellungen unterstützen sollen. Neben diesem klassischen Ansatz gewinnt in der angewandten Sportpsychologie die PETTLEP-Methode, die in Teilen widersprüchlich zu Ebersprächers Methodik steht, an Verbreitung. Wenden wir uns beiden Denkweisen des Bewegungsvorstellungstrainings einmal genauer zu.
Zum Thema: Zwei Ansätze für das Bewegungsvorstellungstraining
Die drei Formen des klassischen Ansatzes des Mentalen Trainings nach Eberspächer sind das subvokale Training, das verdeckte Wahrnehmungstraining und das ideomotorische Training. Diese drei Formen bauen aufeinander auf und dienen unterschiedlichen Zwecken. Das subvokale Training wird häufig zum Einstieg in das Mentale Training genutzt, um eine erste Vorstellung der Bewegung zu erzeugen. Hierbei wird der zu trainierende Bewegungsablauf erst möglichst detailliert (zumeist schriftlich) dargestellt und anschließend im Selbstgespräch verinnerlicht und vergegenwärtigt. Darauf aufbauend kann das verdeckte Wahrnehmungstraining praktiziert werden. Es ist vergleichbar mit einer Videoaufzeichnung oder Beobachtung der eigenen Bewegung, die vor dem inneren Auge abgespielt wird. Nach Eberspächer sollte das ideomotorische Training immer als das „finale Ziel“ und somit als „die Krone des mentalen Trainings“ angestrebt werden. Der Athlet soll sich die Bewegung aus der Innenperspektive visuell und kinästhetisch so lebhaft wie möglich vorstellen.
Laut Definition kommt es beim mentalen Training darauf an, sich sportliche Handlungen planmäßig wiederholt und bewusst vorzustellen, ohne sie praktisch auszuführen. Eberspächer bestimmt vier Voraussetzungen für ein möglichst effektives mentales Training. Es sollte in einem entspannten Zustand stattfinden, damit die Konzentration oder der Fokus auf die Bewegung gelegt werden kann und es zu möglichst wenig ablenkenden Gedanken kommt. Es sind Eigenerfahrungen nötig, da man sich eine Bewegung nicht vorstellen kann, die man noch nie ausgeführt hat. Das mentale Training sollte an die Eigenperspektive anknüpfen. Damit ist gemeint, dass es sich an den eigenen Fähigkeiten orientieren sollte und es keinen Sinn macht, sich eine Bewegung in Perfektion vorzustellen, man selbst aber nicht die Fähigkeit besitzt, diese auszuführen.
Der PETTLEP-Ansatz
Schlussendlich sollte die Vorstellung so lebhaft wie möglich sein, da durch eine lebendige Vorstellung entsprechende körperliche Reaktionen ausgelöst werden können, die förderlich für die Effektivität wirken sollen. Eine Alternative zum mentalen Training nach Eberspächer ist der PETTLEP-Ansatz, der schon vor einigen Jahren von Holmes und Collins (2001) vorgestellt wurde. Dieser Ansatz postuliert, teils widersprüchlich zu Eberspächer, dass mentales Training in mindestens sieben Faktoren mit der tatsächlichen Bewegungsausführung übereinstimmen sollte, um dessen Wirkung zu optimieren. PETTLEP steht für die Begriffe „physical, environment, timing, task, learning, emotion und perspective“.
Physical ist zu verstehen als die körperliche Anspannung während der Ausführung des mentalen Trainings. Während Eberspächer für Entspannung plädiert, sind Holmes und Collins der Meinung, dass körperliche Anspannung oder sogar das Ausüben von Bewegungen oder Trockenübungen das mentale Training unterstützen. Environment bezieht sich darauf, dass man sich eine spezifische Bewegungsausführung in einer bestimmten Umgebung, einem definierten Kontext vorstellen soll. Timing erklärt sich durch die Geschwindigkeit, in der die Vorstellung abläuft, wie lang die Gesamtbewegung dauert und wie die Handlungsphasen relativ zueinander stehen. Task und Learning sind vergleichbar mit der Eigenperspektive nach Eberspächer. Die Vorstellung sollte sich auf eine bestimmte zu absolvierende Aufgabe beziehen und deren Inhalt ist dabei dem Lernfortschritt anzupassen. Der Einbezug von einem bestimmten emotionalen Tonus und Empfindungen in die Vorstellung hat zur Folge, dass diese mit mehr, komplexeren Informationen abgespeichert werden und dementsprechend auch stabiler gegen äußere Einflüsse sind. Und Perspective ist zu vergleichen mit Eberspächers Ideomotorischem Training. Die Vorstellung sollte der eigenen Wahrnehmung der Situation durch die Sinnesorgane der realen Situation möglichst nahe kommen.
Praxisrelevanter Fortschritt
Aus einer eher angewandten Perspektive kann der hier vorgestellte PETTLEP-Ansatz das Methodenspektrum des praktisch arbeitenden Sportpsychologen erweitern. In Ansätzen wird das in einigen Sportarten auch schon umgesetzt. Hierzu ein Videobeispiel des Kanu-Slalom-Athleten Leon Hanika, der den PETTLEP-Ansatz im Startbereich umsetzt:
Insbesondere eine sportartspezifische Anpassung (vor allen Dingen an technisch-kompositorische Sportarten) könnte einen Fortschritt im Bereich des sportpsychologischen Trainings darstellen.
Literatur
Eberspächer, H. (2007). Mentales Training: Das Handbuch für Trainer und Sportler. München: Copress Verlag.Holmes, P. S. & Collins, D. J. (2001). The PETTLEP Approach to Motor Imagery: A Functional EquivalenceModel for Sport Psychologists. Journal of Applied Sport Psychology, 13 (1), 60 – 83.
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