Es sei kein “Jürgen-Walter-Verband”, sagt Jürgen Walter. Gemeint ist eine von dem Düsseldorfer gegründete Vereinigung, welche der angewandten Sportpsychologie auf die Sprünge helfen will. Nach vielen Personalwechseln im Vorstand in der Gründungsphase und etwas Verzug mit dem Start einer eigenen Homepage soll der Verband der praktischen Sportpsychologie nun erste Aktivitäten umsetzen. In den Kreisen der etablierten Sportpsychologen und Sportpsychologinnen wird der Verband noch eher wenig beachtet. Kritisch stößt demgegenüber auf, dass allein mit der Formulierung “Verband” eine Konkurrenzsituation zur asp, der Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie in Deutschland, vermutet werden kann. Wir haben Jürgen Walter, der bis zum Juni 2022 Profilinhaber von Die Sportpsychologen war, zu einem Interview gebeten.
Jürgen Walter, du hast vor etwa zwei Jahren einen Verband der praktischen Sportpsychologie gegründet. Was ist die Absicht dieser Gründung, was willst du erreichen und was sind konkrete Vorhaben?
Die Erkenntnis, dass sportpsychologische Aspekte im Sport von der 1. Bundesliga bis zur 3. Kreisklasse wichtig sind, hat in den letzten Jahren in Deutschland mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Dennoch findet sie nicht die Beachtung, die ihr zustehen müsste. Nach wie vor steigen auch im Profisport in Deutschland Mannschaften lieber ab, als sich sportpsychologische Unterstützung zu holen. Wir wollen dazu beitragen, dass das Image der Sportpsychologie weiter steigt und auch z.B. im Amateursport mehr zur Anwendung kommt. dies können aus unserer festen Überzeugung andere Verbände nicht leisten. Auch wenn z.B. die asp den praktischen Aspekten der Sportpsychologie zuletzt immer mehr Bedeutung beigemessen hat, steht bei ihr dennoch die wissenschaftliche Erforschung sportpsychologischer Fragestellungen im Vordergrund.
Zuletzt gab es etwas Wirbel um deinen Verband. Gerade weil die Bezeichnung Verband ja eine gewisse Konkurrenz zum Berufsverband asp, der Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie in Deutschland vermuten lässt. Ist der Wirbel einkalkuliert oder hast du die Absicht, die Wogen zu glätten?
Der neue Verband ist ja kein Jürgen-Walter-Verband, ich bin nur zufällig derzeit der 1. Vorsitzende. Der neue e.V. wird – so wie die asp – solange bestehen, bis 3/4 der Mitglieder die Auflösung beschließen. Zur Gründung haben sich ca. 20 Interessierte und engagierte Personen zusammengefunden, mit Heike Henkel und Christian Keller auch zwei früher international sehr erfolgreiche Athleten*Innen. Der Name der neuen Institution wurde mit dem Justiziar in unserem Berufsverband BDP e.V. sehr lange erörtert. Möglich wäre gewesen: Deutsche Gesellschaft für Sportpsychologie e.V. oder Sportpsychologische Gesellschaft e.V., aber das hätte erneut zu wissenschaftlich geklungen. Leider ist der Titelschutz für Psychologen nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs von 2018 sehr aufgeweicht, wir hätten uns daher sogar Verband der praktischen Sportpsychologen. e.V. nennen dürfen, auch wenn wir – wie die asp – auch Nicht-Psychologen aufnehmen. Das hat mich schon sehr gewundert bzw. irritiert! Wir verstehen uns nicht als Konkurrenz zu anderen Verbänden, sondern wollen eher die Möglichkeiten der praktischen Sportpsychologie bekannt machen und weiter entwickeln, wie z.B. die Erstellung von sportartspezifisichen Entspannungsmedien zur Verbesserung der mentalen Stärke und die Produktion weiterer Filme zu sportpsychologischen Themen, möglichst wieder in Fernsehqualität. Auch die Organisation eines “Tag der Sportpsychologie” einmal jährlich in jedem Bundesland haben wir uns auf die Fahne geschrieben.
Im Oktober planst du einen Tag der Sportpsychologie NRW. An wen richtet sich die Veranstaltung? Und wie wirst du das Event virtuell ausgestalten?
Am Freitag, 21. Oktober, soll der nächste “Tag der Sportpsychologie NRW” – der übrigens von unserem Berufsverband BDP unterstützt wird – zum Thema “Sportpsychologische Aspekte beim Coachen von Kindern und Jugendlichen” als Präsenz-Veranstaltung im Tischtenniszentrum Düsseldorf stattfinden. Dort fand diese Veranstaltung bereits vor Corona zweimal statt. Als Hauptredner konnten wir diesmal Jan Fitschen gewinnen, ehemaliger 10.000-m Europameister, der über vergleichende Förderung junger Athleten in Deutschland und Kenia berichten wird. Eine Teilnahme könnte insbesondere für Trainer interessant sein aber auch für alle Berufsgruppen, die Kindern und Jugendlichen im Sport fördern wollen.
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