Frage und Antwort: Druck als Torhüterin

Der Umgang mit Druck ist thematisch ein absoluter Klassiker. Und egal wie gut oder wie intuitiv wir mit Leistungsdruck umgehen, wir kennen ihn alle. Dennoch fühlt sich die konkrete Situation für die meisten Sportler und Sportlerinnen sehr individuell an. Und individuell sind auch die Handwerkszeuge, die wir aus der Sportpsychologie mitgeben können.

Zum Thema: Umgang mit Druck im Fußball

In der Rubrik “Du fragst, wir antworten” hat uns eine Anfrage einer jungen Torhüterin aus dem Bereich des Bundesliga-Nachwuchsfußballs erreicht. Sie steht seit Jahren zwischen den Pfosten, konnte aufgrund sportlicher Leistungen sehr auf sich aufmerksam machen und ist auf ihrem Karriereweg entsprechend gut vorangekommen. In den höheren Jahrgängen und in den jeweiligen Top-Ligen angekommen, spürt sie aber einen zunehmenden Druck. “Das macht mir Sorgen, möchte ich doch gerade im Tor selbstbewusst wirken und auch sein.”

Andreas Meyer (zum Profil) aus Köln, der Leipziger Klaus-Dieter Lübke Naberhaus (zum Profil) und Jan van der Koelen (zum Profil) aus Duisburg versuchen, zu helfen.

Die Frage: Wie kann ich als Torhüterin mit Druck besser umgehen? 

Andreas Meyer

Antwort von: Andreas Meyer (zum Profil)
Vermehrten Druck zu verspüren, wenn man der Sport leistungsorientierter wird, ist völlig normal und noch nicht einmal grundsätzlich schlecht, sondern es gibt auch einige positive Eigenschaften. Ein Sprichwort sagt „Druck formt Diamanten“ oder die Musikband Incubus singt in einem ihrer Texte „even diamonds start as coal“.

Es gibt zahlreiche Methoden, um dem wachsenden Druck gerecht zu werden, entgegenzuwirken oder ihn richtig zu nutzen. Hierzu gehört für mich am Anfang die Aufklärung über Druck: Was bedeutet er, woher kommt er und welche Gefahr geht von ihm aus? Aber auch, welche Chancen habe ich und wie bewerte ich die Situationen? Die Analyse und Bewertung des Faktors Druck ist sehr entscheidend, damit richtig damit umgegangen werden kann und ich nicht davon überwältigt werde. Nur wenn ich weiß, warum ich diesen Druck verspüre, kann ich auch daran arbeiten.

Das Selbstvertrauen sinkt mit der zunehmenden Angst zu versagen. Genau diese Thematik habe ich vor ein paar Jahren in einer Diplomarbeit an der Sporthochschule in Köln behandelt.

Druck kann Ängste hervorrufen – Ängste beeinflussen das Selbstvertrauen – ein niedriges Selbstvertrauen macht mir möglicherweise noch mehr Druck, weil ich mich unsicher fühle oder meine Leistung nicht bringe. 

Meine KollegenInnen und ich können mit dir in die Detailarbeit gehen. Nimm gern Kontakt auf.

Klaus-Dieter Lübke Naberhaus

Antwort von: Klaus-Dieter Lübke Naberhaus (zum Profil)

Der Druck bzw. das, was dahinter steht, das kann vielfache Ursachen haben. Offensichtlich ist, dass die Leistungsanforderungen steigen und die Frage aufkommt, bin ich diesen Erwartungen entsprechend von meinem Können, meiner körperlich-psychischen Fähigkeiten ausreichend gewappnet, um dieser Herausforderung zu begegnen?

Somit ist es sehr gut und gesund, sich darüber Gedanken zu machen und sozusagen selbst zu reflektieren. Dazu gehören auch offene Gesprächen mit dem Trainer, den Eltern und weiteren Personen des Vertrauens. Und wenn die Antwort “Ja” lautet, ich bin dazu in der Lage, dann hilft nur eins, mit vollen Mut und Kraft hinein in das neue Abenteuer, mit dem Selbstbewusstsein gut vorbereitet zu sein. An sich zu arbeiten, sein Bestes zu geben und zu versuchen, die Herausforderung zu meistern.

Sportpsychologische Begleitung und einige Techniken können bei solchen Übergängen in neuen Leistungsstufen hilfreich sein, wie z.B. mit Zielearbeit, der Frage nach den grundlegenden Motivationen, der Einschätzung des eigenen Leistungsstandes oder auch die Arbeit mit Imaginationen.

Jan van der Koelen

Antwort von: Jan van der Koelen (zum Profil)

Im Fußball, wie auch in anderen Mannschaftssportarten, ist der Torwart und die Torhüterin einer besonderen Anforderung ausgesetzt. Im Vergleich zu den Feldspieler- und spielerinnen besteht in weniger Fällen die Möglichkeit, die eigenen Fehler „wiedergutzumachen“. Misslungene und verpasste Momente gibt es zuhauf im Sport – ob ein verlorenes Laufduell, ein Fehlpass, ein Stellungsfehler etc.

Gleichsam gibt es zuhauf die Gelegenheiten, den nächsten Pass, den nächsten Zweikampf oder den nächsten Abschluss wieder erfolgreich zu gestalten. Auf der Position der Torhüterin kann es vorkommen, dass hier lange auf den nächsten Moment, die nächste Gelegenheit und die nächste Spielszene gewartet werden muss, da verhältnismäßig weniger Möglichkeiten bestehen, über die Zweikämpfe und Laufwege selbstbewusst ins Spiel zu kommen.

Das kann den empfundenen Druck erhöhen und bringt viel Zeit zum Nachdenken mit sich. Diese Selbstgespräche können dann, je nach eigener Gestaltung, hinderlich oder sehr förderlich sein. Optimalerweise ist diese Zeit des Nachdenkens ein Vorteil und bietet die Möglichkeit, sich als Torhüterin mental stark einzustellen, um im nächsten Moment gut vorbereitet zu sein.

Die vergangenen sieben Jahre als Torhüterin ist ein Fundus an guten Erfahrungen und so manchen Erfolgserlebnissen. In den Phasen, in denen verschiedene zweifelnde Gedanken aufkommen, ist diese Erfahrung nutzbar, um das eigene Selbstbewusstsein zu stärken und konkrete und glaubhafte innere Bilder mit erfolgreichen Momenten zu erzeugen.

Der empfundene Druck darf dann als Hinweisgeber verstanden werden, der „Für Dich“ da ist und keineswegs schaden möchte. Beispielsweise im Sinne von aufmerksam zu bleiben, Entwicklungspotentiale zu erkennen und Ziele zu verfolgen. Gern begleiten meine Kollegen und Kolleginnen aus dem Netzwerk oder ich dich persönlich auf deinem Weg.

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    Mathias Liebing
    Mathias Liebinghttps://www.torial.com/mathias.liebing
    Redaktionsleiter bei Die Sportpsychologen und freier Journalist Leipzig Deutschland +49 (0)170 9615287 E-Mail-Anfrage an m.liebing@die-sportpsychologen.de