Wer sich insbesondere im Profi-Fußball bewegt, der weiß um die Allgegenwärtigkeit von Prämien. Seit einigen Jahrzehnten gehören sie dazu und wir reden hier nicht nur von Punkt-, Sieg- oder Auflaufprämien. Es wird prämiert, was auf A4-Papier passt. Aber ist das gut? Und für die sportliche Leistung hilfreich? Macht eine Aufstiegsprämie vielleicht am Ende einer Saison sogar schwere Beine, wenn den Spielern nicht nur die Spiele verloren gehen sondern auch viele Scheine durch die Finger zu rinnen drohen? Wenn sie also konkret etwas zu verlieren haben? Wir wollten wissen, wo der Zauber liegt, den Trainer und Trainerinnen zwischen Champions League und Babini-Funino-Turnier beherrschen sollten.
Zum Thema: Die Bedeutung der intrinsischen und extrinsischen Motivation für die Praxis
Welche Motivationsart ist in Mannschaftssportarten wichtiger, die intrinsische oder die extrinsische Motivation? Und warum?
Janosch Daul (zur Profilseite):
Im Leistungssport generell, auch in den Mannschaftssportarten, ist die intrinsische Motivation von enormer Bedeutung. Diese ist dann gegeben, wenn die Tätigkeit an sich (z.B. das Basketballspielen) als extrem belohnend und erfüllend wahrgenommen wird, da man schlichtweg das tun kann, was man liebt. Insbesondere im so harten Trainingsalltag ist die intrinsische Motivation bedeutender; denn ohne diese könnte sich der Leistungssportler im harten Trainingsprozess nicht tagtäglich quälen und all die Trainingsstunden “abbrennen”, die es zur Performanceentwicklung braucht. Jedoch kann ab und zu, gerade in schwierigen Phasen, wenn es mal nicht so läuft und der Weg z.B. in die Halle nicht so leicht fällt, ein Blick auf die Belohnung, die der Sportler bei entsprechendem Erfolg erhalten kann (z.B. die Prämie im Falle der Meisterschaft) antreibend wirken. Der Sportler wird dann extrinsisch motiviert.
Prof. Dr. René Paasch (zur Profilseite):
Im Gegensatz zu den extrinsischen Motiven liegen die Möglichkeiten für intrinsisch motivierte Sportler*innen in der positiv empfundenen Erlebnisqualität, die unmittelbar mit dem Handlungsvollzug verbunden ist. Dieser belohnende Effekt stellt sich während der Tätigkeitsausführung ein und ist sehr maßgeblich für eine kontinuierlichen Entwicklung. Des Weiteren ist diese durch Handlungsmotive wie die wertbezogenen und gefühlsbezogenen Valenzen charakterisiert. Die wertbezogene Valenz meint, dass ein(e) Sportler*in der Ausführung eine hohe persönliche Bedeutung zuschreibt. Dies führt dazu, dass sie das Bedürfnis verspüren, diese Tätigkeit kontinuierlich und intensiver auszuführen. Die gefühlsbezogene Valenz ist hingegen von positiven Emotionen wie Freude und Lust begleitet. Die Belohnung tritt also während der Tätigkeit auf und endet auch mit dieser. Zur gefühlsbezogenen Valenz zählen auch das Erleben eigener Kompetenz und sozialer Eingebundenheit. Was wiederum der Teamkohäsion zugute kommt. Die oben genannten Trigger sind somit der extrinsischen Motivation in vielerlei Hinsicht überlegen.
These: Allen voran im Profi-Fußball wird die extrinsische Motivation in Form von Sieg-, Aufstiegs- oder Nichtabstiegsprämien überschätzt. Unter welchen Bedingungen können extrinsische Anreize sich sogar negativ auswirken, unter welchen funktionieren sie in der Regel?
Prof. Dr. René Paasch (zur Profilseite):
Belohnungen im Profi-Fußball haben nur eine kurzfristige Wirkung. Sie müssen regelmäßig erneuert oder verändert werden, um weiterhin für Treibstoff zu sorgen. Das kann speziell Trainern*innen viel Kraft und Energie kosten (bspw. im Abstiegskampf, bei Leistungsschwäche oder fehlenden Spielzeiten). Zudem können regelmäßige finanzielle Anreize dazu führen, dass die Erwartungen der Spieler*innen in Bezug auf die nächsten Verträge zunimmt. Des Weiteren kann die extrinsische Motivation bewirken, dass die intrinsische Motivation der Spieler*innen auf Dauer nachlässt: Leistungen, die von Ihnen zuvor freiwillig und um ihrer selbst willen getätigt wurden, werden nun als Mittel zum Zweck angesehen (bspw. das Erlangen von Leistungsprämie im DFB-Pokal). Während manche Spieler*innen im Zuge der extrinsischen Motivation eine zunehmende Abhängigkeit entwickeln, empfinden andere diese als rein ziel- und zweckgerichtete Fremdsteuerung. Auch wenn es heldenhafter wirkt für alle Fußballfans, wenn man seinen Sport aus echtem Interesse und Spaß an der Sache erledigt, anstatt nur unter prämierte Leistung, dürfen wir die extrinsische Motivation nicht von vornherein verteufeln. Sie hat eine wichtige kurzfristige Funktion und ein breites Anwendungsgebiet im Leistungsfußball.
Die ExpertInnen:
Wie kann die Sportpsychologie helfen, um Teams, SpielerInnen oder TrainerInnen optimal internal zu motivieren?
Janosch Daul (zur Profilseite):
Letztlich muss sich jedes Team, jede/r Spieler/in und jede/r Trainer/in selbst motivieren können, denn sonst wird es schwierig, sich tagtäglich im Training so aufzuopfern, dass eine kontinuierliche Leistungsentwicklung möglich ist (s. oben). Deshalb liegt es auch nicht im Verantwortungsbereichs des Trainers, seine Spieler/innen zu motivieren. Jedoch ist es seine Aufgabe, Rahmenbedingungen und Anreize so zu setzen, dass es seinen/ihren Spieler/innen gelingt, sich selbst zu motivieren. Hierbei kann auch der Sportpsychologe ins Spiel kommen: Dieser kann dem Trainer/der Trainerin beispielsweise aufzeigen, wie diese(r) beispielsweise durch eine entsprechende Trainingsgestaltung die Motive der Spieler/innen befriedigen kann, so dass Motivation entsteht. Zudem ist bekannt, dass der individuelle Handlungsantrieb durch die drei universellen Grundbedürfnisse nach Kompetenz, Autonomie und sozialer Eingebundenheit ergänzt wird. Spieler/innen sind oft dann motiviert (Leistung zu bringen), wenn sie durch ihren Sport positive Gefühle erleben und diese drei Grundbedürfnisse durch den Sport befriedigt werden. Das Aufzeigen von Möglichkeiten, wie genau diese drei Bedürfnisse befriedigt werden können, stellt ein weiterer Ansatzpunkt dar.
Johanna Constantini (zur Profilseite):
Auch die Nutzungsweise sozialer Medien sollte beim Thema extrinsische bzw. intrinsische Motivation nicht vergessen werden. Social Media kann sowohl dazu führen, dass SportlerInnen “von außen”, also extrinsisch motiviert werden, jedoch können eigene Fancommunitys und die Resonanz über Social Media auch die ganz eigene, intrinsische Motivation fördern. Letztere gilt es, wie bereits verdeutlicht, stets in den Fokus zu stellen. Aufgrund des hohen und mehrfach nachgewiesenen Einflusses von Social Media auf die Motivation sollte die Analyse des Nutzungsverhaltens von Sportlerinnen und Sportlern heute genauso wie trainingsspezifische Aspekte zu einer ganzheitlichen Betreuung von AthletInnen zählen dürfen.
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