Prof. Dr. René Paasch: Gesundheit beginnt in Ihrem Kopf

Das Gehirn enthält etwa 90 Milliarden Nervenzellen und ist die Denk- und Gefühlszentrale unseres Körpers: Das ist mit Abstand das spannendste und auch komplexeste Organ des menschlichen Körpers. Es steuert nahezu alle lebenswichtigen Körperfunktionen, verarbeitet Sinneseindrücke, ermöglicht das Denken und viele weitere Abläufe im Körper. Dennoch kann fast jeder etwas dazu sagen, wie es sich anfühlt, wenn dieses großartige System mental erschöpft ist. Dieses Phänomen ist sogar so weit verbreitet, dass sich Forscher dafür einen eigenen Begriff ausgedacht haben: „Ego Depletion“ (Baumeister et al. 1998). Im Deutschen bedeutet dies „Selbsterschöpfung“. Die Ressourcenerschöpfung hat ihren Namen verdient, weil in einer solchen Situation alle mentalen Energiereserven bis zur völligen Erschöpfung aufgebraucht sind. In einem solchen Zustand ist man nicht mehr in der Lage, konstruktiv voranzugehen. Im Zustand mentaler Erschöpfung können wir uns kaum noch aufraffen und stoßen sehr häufig an unsere Grenzen. Im folgenden Blogbeitrag gehe ich auf die Ursachen Ihrer mentalen Gesundheit ein und liefere dazu ein paar wirksame Herangehensweisen.  

Zum Thema: Wie Sie Ihre mentalen Akkus wieder aufladen können 

Schauen wir uns dazu das Frontalhirn näher an (Förstl, 2002): Dort sitzt unser  aktives Arbeitsgedächtnis. Um zu tun, was es am besten kann, sucht es stetig nach Lösungen für komplexe Aufgaben. Zu diesem Zweck hat es über ein weit verzweigtes Nervensystem direkten Zugriff auf alle möglichen Hirnregionen. Dazu gehört auch der Hippocampus, eine etwas weiter hinten im Hirn gelegene Struktur, deren gebogene Form an ein Seepferdchen erinnert. Diese Hirnregion ist zwar gerade einmal so groß wie ein menschlicher Daumen, dennoch unfassbar wichtig für uns Menschen. Der Hippocampus ist nämlich der Hüter unserer Erinnerungen (Dingmann, 2020). Von der frühesten Kindheit bis ins hohe Alter brennt sich jedes Erlebnis, jede Gefühlsregung und jede Unterhaltung detailgetreu in dessen Windungen ein. Dem Frontalhirn wird jede Menge mentales Futter für rationales Denken geliefert. Das Problem dabei ist die begrenzte Kapazität des Hippocampus. Innerhalb weniger Stunden gerät er an sein Limit und kann keine neuen Daten mehr speichern. Sobald der hippokampale Speicher voll ist, kann auch das Frontalhirn keine nennenswerten Denkleistungen mehr vollbringen. Was kann helfen? 

Im Tiefschlaf regeneriert sich der Hippocampus. Er entleert sich und schafft neue Kapazitäten. Das funktioniert in etwa so wie bei einem Handyspeicher, deren Videos und Bilder von der Speicherkarte auf eine externe Festplatte geladen werden. Im Fall des menschlichen Gehirns heißt diese Festplatte Neocortex und sie verfügt über riesige Mengen an Speicherplatz. Natürlich benötigen auch diese Daten Platz und im Laufe eines ereignisreichen Lebens kann es im hippokampalen Zwischenspeicher schon mal eng werden. Doch zum Glück hat sich die Natur auch dafür etwas Geniales einfallen lassen und den Hippocampus mit der Fähigkeit zu lebenslangem Wachstum ausgestattet. So kann der Hippocampus bis zu ihrem letzten Atemzug neue Nervenzellen bilden. Auf die Art entsteht theoretisch immer neuer Platz für neue Erfahrungen und Erkenntnisse. Dieses Wunder der ständigen Erneuerung heißt in der Fachsprache Neurogenese (Moreno-Jiménenz et al., 2019). Was Sie tun können, damit Ihr Gehirn wieder neue Nervenzellen bildet, erfahren Sie im nächsten Abschnitt. 

Anregungen für ein leistungsfähiges Frontalhirn

Kommen wir nun zu den Maßnahmen, die Sie noch ergreifen können, um Ihre komplexestes Organ zu pflegen. Fische und Meeresfrüchte standen in unserer vergangenen Geschichte regelmäßig auf dem Speiseplan. Diese Leckerbissen enthielten jede Menge wertvoller Omega-3-Fettsäuren, die das Hirnwachstum ankurbeln. Dank dieser Ernährungsumstellung entwickelten unsere Vorfahren in dieser Zeit deutlich größere Gehirne und potente Frontalhirn-Akkus. In geringen Mengen stecken die Omega-3-Fettsäuren zwar auch in Leinöl oder Walnüssen, aber in dieser Form sind sie für unseren Organismus nur sehr schwer verwertbar. Optimal wären daher täglich etwa hundertfünfzig Gramm fetter Seefisch. Doch genau da liegt das Problem: Wegen starker Überfischung der Weltmeere gehen unsere Fischbestände langsam aber sicher zur Neige. Außerdem sind die meisten Fischereiprodukte ohnehin so schadstoffbelastet, dass sie aus gesundheitlicher Sicht kaum zu empfehlen sind. Glücklicherweise gibt es eine vielversprechende Alternative namens Algenöl. Setzen Sie auf Algenöl als unverzichtbares Grundnahrungsmittel und versorgen Sie Ihr Hirn so mit den dringend benötigten aquatischen Fettsäuren. Meiden Sie außerdem unnötige Giftstoffe, indem Sie Alkohol und Co. reduzieren und beim Einkaufen auf pestizidfreie Bioqualität achten. Darüber hinaus sollten Sie Ihren Blutzuckerspiegel auf einem konstant niedrigen Niveau halten, indem Sie nur wenig Süßes essen und am besten ein paar Stunden vor dem Schlafengehen ganz auf Nahrung verzichten. Eine ausgedehnte Nachtruhe – wir sprechen hier von mindestens acht bis neun Stunden – ist unbedingt empfehlenswert. Im Schlaf wird nämlich das Stresshormon Cortisol heruntergeregelt. Wie bereits erwähnt, hemmt Cortisol die Neurogenese – vermutlich, weil der Organismus in gefährlichen Situationen Energie sparen will und deshalb den Überlebenskampf über das Hirnwachstum stellt. 

Auch Bewegung hilft beim Stressabbau und ist neben gesunder Ernährung und ausreichend Schlaf ein weiteres Kernelement für die Gesunderhaltung Ihres Gehirns. Schon ein zügiger Spaziergang oder lockeres Joggen reichen aus. Dabei wird eine ganze Armada an Hormonen und Botenstoffen freigesetzt, die die hippokampale Neurogenese anregen: darunter Serotonin, Dopamin, Zytokin, Irisin und das sogenannte Wachstumshormon HGH. Durch Sport kommen Sie in den Genuss eines perfekt dosierten körpereigenen Hormoncocktails, der Ihr Hirn wachsen lässt. Und noch ein weiteres Hormon spielt für das Wachstum neuer Hirnzellen eine besondere Rolle: Oxytocin, das bei Körperkontakt freigesetzt wird. Doch nicht nur Berührungen, sondern jede als angenehm empfundene soziale Interaktion erhöht nachweislich den Oxytocin-Spiegel im Blut. Ein gesundes Leben bedeutet deshalb auch, Zeit in Freundschaften und Familie zu investieren. 

Fazit

Mit den oben genannten Anregungen sollten Sie Ihre Akkus wieder aufladen können. Ab in den nächsten Biomarkt und eine Flasche leckeres Algenöl kaufen, sich regelmäßig bewegen, entspannen und kuscheln mit Ihren Liebsten.  

Mehr zum Thema:

Literatur 

Baumeister, R.F., Bratslavsky, E., Muraven, M., & Tice, D.M. (1998). Ego depletion: Is the active self a limited resource? Journal of Personality and Social Psychology, 74, 1252-1265. (Stangl, 2022).

Verwendete Literatur
Stangl, W. (2022, 9. März). Ego-Depletion . Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.
https://lexikon.stangl.eu/6506/ego-depletion-theori.

Förstl, H. (2002): Frontalhirn: Funktionen und Erkrankungen Gebundene Ausgabe – 7.

Dingmann, M. (2020) Das Gehirn: Neueste Erkenntnisse der Neurowissenschaften über unser wichtigstes Organ und seine Macken

Eriksen, K. et. al (2013): Physical activity and brain plasticity in late adulthood Studie lesen: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3622473/

Kauhanen J. (2016): European journal of clinical nutrition. Association between serum long-chain omega-3 polyunsaturated fatty acids and cognitive performance in elderly men and women: The Kuopio Ischaemic Heart Disease Risk Factor Study.  

Moreno Jiménenz et al. (2019): Adult hippocampal neurogenesis is abundant in neurologically healthy subjects and drops sharply in patients with Alzheimer’s disease

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