Diese Bilder bleiben. Wie Christian Eriksen am frühen Samstagabend leblos in sich zusammen sackt. Dann am Boden liegt. Und die umstehenden Spieler verstehen, dass der Star des dänischen Fußball-Nationalteams mit dem Tod ringt. Das Gruppenspiel gegen Finnland, die ganze Europameisterschaft – alles wertlos, so fühlten es wohl der Großteil der Beobachter und auch der Beteiligten. Die Logik des modernen Fußballs forderte aber, dass das Spiel nach einer langen Unterbrechung fortgesetzt wird. Richtig oder moralisch verwerflich? Und vor allem: Wie weiter? Wie weiter für das dänische Team und wie können TrainerInnen, SpielerInnen und ZuschauerInnen besser auf solche Extremsituationen vorbereitet werden?
Zum Thema: Teamgeist und Extremsituationen
Am Sonntagabend fand Dr. René Paasch (zum Profil) aus Gelsenkirchen als Sky-Experte klare Worte. Aus seiner Sicht und mit dem Blick auf die Menschlichkeit im Fußball hätte das Spiel nicht fortgesetzt werden dürfen. Hier der Auszug aus dem Sky-Interview (das Interview in voller Länge gibt es hier):
Spannend ist hierbei auch die Frage, inwieweit SportpsychologInnen auf solche Extremsituationen vorbereitet sein können. Klaus-Dieter Lübke Naberhaus (zum Profil), der seit vielen Jahren diverse Handball-Nationalmannschaften und Club-Teams vorrangig als Sportmediziner begleitet hat, setzt zwar eine gewisse Grundqualifikation voraus, weiß aber, dass in solchen Momenten Notfallpsychologen das Mittel der Wahl sein sollten. Und er macht deutlich, dass es am Samstagabend nicht nur um die beteiligten Spieler ging:
Werkzeuge der Sportpsychologie für Extremsituationen
Wie kann es nun aber für die dänische Mannschaft im Turnier weitergehen? Hierzu haben wir die ExpertInnen aus unserem Netzwerk gefragt und können an den Antworten ablesen, dass die sportliche Lage, in der sich das Nationalteams Dänemark befindet, keine einfache ist, die Sportpsychologie aber durchaus Werkzeuge bietet.
Lisa König (zum Profil) aus Halle an der Saale sieht gleich mehrere Ansätze, welche die Dänen zurück ins Turnier bringen könnten: “Da der schlimmste Fall (zum Glück) nicht eingetreten ist, können sich Spieler und Staff an diesem kleinen Wunder festhalten. Abesehen von der notfallpsychologischen Versorgung nach so einem Schock, kann hier sicherlich die ganze Bandbreite der Sportpsychologie Anwendung finden. Angefangen von der Refokussierung auf das sportliche Ziel, über Selbstinstruktionen zur Kontrolle des Fokus und der emotionalen Reaktionen, bis hin zur Aktivierungsregulation und Entspannung… eine solche extreme Erfahrung erfordert bei jedem Spieler eine andere Strategie und Herangehensweise.”
Maria Senz (zum Profil), die als sportpsychologische Expertin auf der Insel Rügen lebt, geht noch einmal einen Schritt zurück und betont, bezogen auf die sportlichen Ziele im Turnier, wie positiv sich die langfristige Etablierung eines Sportpsychologen auswirken könnte. Und zudem entwickelt sie eine Idee, wie das dänische Team aus der schwierigen Situation Kraft schöpfen kann:
Individueller Umgang
Einig sind sich unsere SportpsychologInnen, dass der Umgang mit der Situation mindestens für alle beteiligten Spieler ein hoch individueller ist. Dies betrifft sowohl die Leistung in den verbleibenden Spielen der dänischen Mannschaft als auch die Frage, ob sich jeder Akteur der Situation individuell gewachsen sieht:
“Wenn die Leistung und Psyche nach kurzer Zeit nicht wieder auf dem normalen Niveau sind, dann ist das sehr menschlich und irgendwie auch normal. Und es sollte erlaubt sein, aus eigener Verantwortung ein Spiel nicht anzutreten”, unterstreicht Lisa König (zum Profil). Und Klaus-Dieter Lübke Naberhaus (zum Profil) ergänzt:
Prävention geht uns alle an
Im Interview mit dem Sportradio Deutschland, welches Dr. René Paasch (zum Profil) am Sonntag, also ein Tag nach dem EM-Spiel in Kopenhagen gegeben hat, wird noch ein weiterer Umstand deutlich: Wir alle sollten und können uns viel besser auf solche Extremsituationen vorbereiten, egal ob als TrainerIn, SpielerIn oder Fan. Mehr dazu im Live-Mitschnitt vom Sportradio Deutschland:
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