Teambuilding-Maßnahmen zur Stärkung des Mannschaftsgeistes? Nicht nur im Fußball haben sich gemeinsame Ausflüge zum Rafting, Laser Tag oder Floßbau bis in die unteren Spielklassen verbreitet. Solchen gemeinsamen Aktivitäten wird mittlerweile ein großer Zauber zugesprochen, obwohl sie meist nur einmalig in der Sommerpause stattfinden. Im Rahmen meiner Masterarbeit habe ich mich mit zentralen Fragen zum Thema Teambuilding beschäftigt: Mit welchen Interventionen lässt sich der Mannschaftszusammenhalt positiv beeinflussen? Reicht dazu eine eintägige Veranstaltung außerhalb der Trainingsstätte? Eine weiterführende Studie steht im zweiten Halbjahr 2020 vor der Veröffentlichung, erste Erkenntnisse veröffentlichen wir schon hier.
Zum Thema: Gruppen- bzw. Mannschaftskohäsion im Sport
Vorab ein bisschen Grundwissen: Der umgangssprachlich im Sport und in den Medien benutzte Begriff “Mannschaftsgeist” meint die Gruppen- bzw. Mannschaftskohäsion. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Konstrukt, dem Teamsportler, vor allem zu Saisonbeginn, besonders hinterher eifern?
Der Begriff Kohäsion stammt vom Lateinischen “cohaerere” und kann mit den Worten miteinander “verbunden sein” oder “zusammenhängen” übersetzt werden. Die Gruppenkohäsion wird allgemein als eine Eigenschaft für ein funktionierendes Gruppengefüge betrachtet (Stoll, Pfeffer, & Alfermann, 2010). Lau (2005) definiert den Kohäsionsbegriff als ein Gruppenmerkmal, das die subjektive Einschätzung der Gruppenmitglieder bezüglich ihrer empfundenen Geschlossenheit darstellt. Vereinfacht gesagt: Gruppen – bzw. Mannschaftskohäsion stellt den Zusammenhalt der Gruppe/Mannschaft dar.
Aufgabenbezogene und die sozialbezogene Kohäsion
Bei genauerer Betrachtung lässt sich die Gruppenkohäsion (u.a. West, 1994; Lau & Stoll, 2002, Schliermann & Hülß, 2016) untergliedern. Wir unterscheiden die aufgabenbezogene und die sozialbezogene Kohäsion. Letztere ist durch eine große Sympathie unter den einzelnen Gruppenmitgliedern sowie gemeinsame Erlebnisse und emotionale Bindungen gekennzeichnet (Carron, 1982). Trainer können die Ausprägung unter anderem daran festmachen, ob es in der Gruppe Freundschaften gibt und gemeinsame außersportliche Aktivitäten unternommen werden (Schliermann & Hülß, 2016).
Die aufgabenbezogene Kohäsion beschreibt den Zusammenhalt in Bezug auf das Erreichen eines gemeinsamen Ziels. Eine hohe Anstrengungsbereitschaft der Gruppenmitglieder zugunsten eines Gruppenziels stellt ein Merkmal einer hohen Aufgabenkohäsion dar (Carron, 1982). Zudem wird eine ausgeprägte aufgabenorientierte Kohäsion dadurch deutlich, dass sich die Mitglieder dem Gruppenziel unterordnen und individuelle Bedürfnisse hinten anstellen (Schliermann & Hülß, 2016). Gerade dieser Aspekt der Gruppenkohäsion wird in den berühmten Teambuilding-Maßnahmen aber oft vernachlässigt.
Können die Sozial- und Aufgabenkohäsion positiv beeinflusst werden?
Die aktuelle Arbeit der Forschungsgruppe Stoll, Lau und Lenz untersucht, ob sich eine sportpsychologische Teambuilding-Maßnahme positiv auf die Wahrnehmung des Mannschaftszusammenhaltes auswirkt. Dabei werden nicht nur kurzfristige, sondern auch langfristige Effekte einer Teambuilding-Intervention erhoben.
Anne Lenz
Sportarten: alle, inklusive E-Sports
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Die bereits vorliegenden Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die Teambuilding-Maßnahme der Studie kurzfristig positive Effekte auf die Sozial- und Aufgabenkohäsion hat. Langzeiteffekte konnte die Maßnahme jedoch nicht erzeugen. Alles in allem scheint auf Basis dieser Daten eine langfristige und kontinuierliche sportpsychologische Betreuung notwendig zu sein, um die positiven Effekte einer Teambuilding-Maßnahme hinsichtlich der Mannschaftskohäsion auch im Saisonverlauf aufrechterhalten zu können. Die Gesamtergebnisse der Studie werden noch in diesem Jahr veröffentlicht.
Feedback
Wenn Sie als Trainer ihre geplanten Teambuildingmaßnahmen einschätzen oder auch begleiten lassen wollen, nehmen Sie gern Kontakt auf. Meine Kollegen und Kolleginnen von Die Sportpsychologen (zur Übersicht) und ich (zum Profil von Anne Lenz) helfen Ihnen gern.
Literatur
Carron, A. V. (1982). Cohesiveness in sport groups: Interpretations and considerations. Journal of Sport Psychology, 4, 123-138.
Focus Online (2019, 04. Juni). Nationalmannschaft: Teambuilding auf dem Wasser. Zugriff unter https://www.focus.de/sport/fussball/fussball-nationalmannschaftnationalmannschaft-teambuilding-auf-dem-wasser_id_10791036.html
Lau, A. & Stoll, O. (2002). Validität und Reliabilität des Fragebogens zur Mannschaftskohäsion von Spielsportmannschaften (MAKO-02). In E. Van der Meer, H. B. Hagendorf, F. Krüger, A. Nuthmann, & S. Schulz, 43. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie an der Humboldt-Universität Berlin, 2002 (S. 374). Lengerich: Papst Science Publisher.
Lau, A. (2005). Die kollektive Leistung in den Sportspielen – eine interdisziplinäre Analyse. Habilitationsschrift, Institut für Sportwissenschaften: Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg.
Schliermann, R. & Hülß, H. (2016). Mentaltraining im Fußball – Ein Handbuch für Trainer, Übungsleiter und Sportlehrer. Hamburg: Feldhaus Verlag.
Stoll, O., Pfeffer, I. & Alfermann, D. (2010). Lehrbuch Sportpsychologie. Bern: Huber.
West, M. A. (1994). Effective teamwork. BPC Wheatons Ltd.: Exeter.
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