In sportlichen Krisen die Ruhe und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu bewahren, ist deutlich leichter gesagt als getan. Denn der Umgang mit aufeinanderfolgenden Negativerlebnissen ist oft ein sehr persönlicher und wird zudem stark vom Umfeld (Verein, sportliche Leitung, Medien und Fans u.a.) sowie durch parallel laufende Prozessen beeinflusst. Neuerdings taucht in diesem Zusammenhang immer häufiger das Modewort Resilienz auf. Ich nehme diesen Ball auf und zeige anhand von etablierten Resilienzfaktoren im Fussball, wie Amateure und Profimannschaften mit dem Abstiegskampf und einer Misere umgehen können.
Zum Thema: Die Widerstandsfähigkeit in sportlichen Krisen entfachen und weiterentwickeln
„Wenn man alles, was einem begegnet, als Möglichkeit zu innerem Wachstum ansieht, gewinnt man innere Stärke.“
Milarepa, Tibetischer Meditationsmeister (1052 – 1135)
Der Begriff Resilienz stammt ursprünglich aus der Physik und bezeichnet in der Werkstoffkunde die Fähigkeit eines Werkstoffes, sich verformen zu lassen und dennoch in die ursprüngliche Form zurückzufinden (engl. resilience = Elastizität, Spannkraft, lat. resilire = zurückspringen, abprallen, deutsch = Widerstandskraft/Widerstandsfähigkeit). Sie ist die Fähigkeit, Krisen durch einen Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen zu meistern und als Anlass für Entwicklungen zu nutzen. Untersucht wurde das Phänomen der Resilienz beispielsweise an hunderten Kindern, die unter widrigsten Umständen aufwuchsen, an KZ-Überlebenden und anderen Gruppen. All jene Menschen, die trotz schlimmster Umstände und Erlebnisse wieder in ein gesundes Leben zurückfinden, scheinen ganz bestimmte seelische Eigenschaften zu verbinden.
Diese Eigenschaften haben in doppelter Hinsicht auch etwas mit sportlicher Widerstandsfähigkeit zu tun. Die Wirksamkeit von Resilienz-Trainings im Fussball zu beurteilen, stellt angesichts der Vielfalt und Menge eine echte Herausforderung dar. Hinzu kommt, dass bislang kein wissenschaftlicher Konsens über die Definition eines Resilienz-Trainings existiert. Dennoch möchte Ihnen einige Anregungen für innere und äußere Schutzfaktoren anbieten, die bei resilienten Spielern und Mannschaften in schwierigen Zeiten immer wieder ersichtlich sind.
Fehlerkultur im Fussball: | Fehleranalyse im Profifussball und Unternehmen: | Resilienzfaktoren (inkl. Selbsttest): |
https://www.die-sportpsychologen.de/2017/11/dr-rene-paasch-joachim-loews-neue-fehlerkultur-wie-fehler-positive-wirkung-entfalten-koennen/ | https://www.die-sportpsychologen.de/2018/08/dr-rene-paasch-fehleranalyse-im-profifussball-und-unternehmen/ | https://www.die-sportpsychologen.de/2017/07/dr-rene-paasch-resilienz-im-fussball/ |
Sind meine inneren Schutzfaktoren im Fussball aktiv?
Resiliente Haltungen und Einstellungen:
- Ich bin optimistisch, dass diese Krise auch wieder vorbei geht.
- Ich akzeptiere meine Leistungsgrenzen und mache mir realistische Zielvorgaben.
- Ich sehe die Probleme und handle zugleich lösungsorientiert.
- Ich sorge gut für mich und nehme mir meine Ruhezeiten.
- Ich warte nicht ab, sondern übernehme Selbstverantwortung.
- Ich hole mir Hilfe und Unterstützung von Teamkollegen und dem Funktionsteam.
- Ich trainiere zielgerichtet und gestalte aktiv meine Zukunft.
- Fehler dürfen sein und gehören zu meinem Lern- und Entwicklungsprozess dazu.
Bietet die Mannschaft äußere Schutzfaktoren?
Resiliente Mannschafts- und Führungskultur:
- Pflegen wir einen wertschätzenden und freundlichen Umgangston?
- Trainieren wir mit realistischen Ziel- und Leistungsvorgaben?
- Geben wir dem Trainer und den Teamkollegen für eigene Ideen und Kreativität den notwendigen Raum?
- Sorgen wir ausreichend für Pausen und Regenerationsphasen?
- Besitzen unsere Spieler genügend Entscheidungsfreiheit?
- Achtet der Trainer & das Funktionsteam auf ihre Vorbildfunktion?
- Sorgen wir für eine nachhaltige Weiterbildung aller innerhalb einer Mannschaft?
- Bieten wir eine konstruktive Fehler- und Lernkultur?
Dr. René Paasch
Sportarten: Fußball, Segeln, Schwimmen, Handball, Hockey, Eishockey, Tennis
Kontakt
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Zum Profil: https://www.die-sportpsychologen.de/rene-paasch/
Fazit
Die wesentlichen Faktoren, die Resilienz beeinflussen, sind personale Faktoren, Umwelteinflüsse und Prozessfaktoren. Zu den Umweltfaktoren gehören die Unterstützung durch die Familie oder die Mannschaft. Zu den personalen Faktoren gehören kognitive wie auch emotionale. Unter Prozessfaktoren sind u.a. die wahrgenommenen Perspektiven, die Akzeptanz des gegenwärtigen Moments und die Konzentration aller Energien auf die zu bewältigenden und entwickelten Strategien (z.B. Klassenerhalt, Rehabilitationszeit, Misere als Herausforderung sehen) zu verstehen. Gern helfen meine Kollegen (zur Übersicht) und ich (zum Profil von Dr. René Paasch) bei der Umsetzung in Ihrem Verein.
Aus wissenschaftlicher Sicht lässt sich sagen, dass die Mehrzahl der Resilienz-Trainings nicht auf wissenschaftlichen Resilienz-Konzepten basierte, sondern mehr oder weniger ohne theoretische Fundierung auskam. Dies geht aus einer Meta-Analyse der Psychologen Sarah Forbes & Deniz Fikretoglu (2018) hervor, für die sie 92 wissenschaftliche Studien ausgewertet haben, in denen Resilienz-Trainings beschrieben wurden. Die Psychologen fanden außerdem heraus, dass es zwischen bereits bestehenden Trainings (Achtsamkeitstraining) und vielen neu entwickelten Resilienz-Trainings inhaltlich kaum Unterschiede gab. Drei Viertel der Resilienz-Trainings waren für die Normalbevölkerung konzeptioniert, jedoch nicht für vulnerable Personen oder Sportteams. In den meisten Trainings wurden Verfahren der kognitiven Verhaltenstherapie eingesetzt. Trotz solcher noch nicht befriedigend gelösten Aufgabenfelder gibt es zahlreiche Forschungsaktivitäten und praktische Erfahrungen im Bereich der Resilienz.
Literatur
Fröhlich-Gildhoff, K./Rönnau-Böse, M. (2014): Resilienz. 3. Auflage. München
Newman (2009): Resilient Cities: Responding to Peak Oil and Climate Change, Washington.
Scharnhorst, J. (2012): Burnout. Präventionsstrategien und Handlungsoptionen für Unternehmen. 1. Auflage. Freiburg
Forbes, S, Fikretoglu, D. (2018): December 1, 2018; Issue published: December 1, 2018. Volume: 22 issue: 4, page(s): 452-468. Online: https://doi.org/10.1037/gpr0000152
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