In meiner 20-jährigen Tätigkeit als ETH-Dozent für Sportpsychologie komme ich täglich mit jungen, sportbegeisterten Menschen in Kontakt. Die allermeisten bleiben dem Sport auch nach Studienabschluss verbunden und starten in ihre berufliche Karrieren, die in unterschiedlichste Richtungen verlaufen. Besonders interessant sind für mich jene Begegnungen, wenn ich nach vielen Jahren wieder auf „Ehemalige“ treffe und sie mir berichten, wo sie heute stehen und was ihnen aus der Studienzeit geblieben ist. Ein solches Wiedersehen stand am Anfang zu meinem Jahres-Highlight 2019.
Zum Thema: Knowhow für den richtigen Moment
Corina war Spitzen-Triathletin, als sie Mitte der 1990er Jahre das damalige SportlehrerInnen-Diplomstudium an der ETH Zürich begann und vier Jahre später erfolgreich abschloss. Speziell in Erinnerung geblieben ist sie mir als motivierte und fachkundige Teilnehmerin meines Ergänzungsfachs „Swiss Alpine Marathon 2000“. Ziel dieses angewandten Seminars war es, eine Gruppe SportstudentInnen über die Dauer von knapp einem Jahr auf eine erfolgreiche Teilnahme am 78km langen alpinen Ultramarathon im Engadin vorzubereiten. Mit ihrem Trainingsknowhow aus dem Spitzensport leistete Corina damals ihren Beitrag zum Gelingen unseres Laufabenteuers bei. Kurz darauf verliess sie die ETH und startete – wie ich Jahre später erfuhr – eine äusserst erfolgreiche Karriere in der Wirtschaft.
Ende Oktober 2019 fand ich in meiner die-sportpsychologen-Mailbox eine Mitteilung von Corina: Hoi Hanspeter, wir haben uns aus den Augen verloren, aber du kannst dich sicher an mich erinnern (…) ich war die Studentin mit Potential, die aber nie aufs Maul sitzen konnte (…) Ich lauf immer noch viel und mit viel Freude, habe aber seit Jahren keinen Wettkampf mehr gemacht (…) Nun habe ich aber ein interessantes Projekt gefunden: ich werden im April 2020 den Marathon des Sables laufen! Hättest du Interesse daran, mit mir an der mentalen Komponente zu arbeiten?
Leuchtende Augen
Einige Wochen sind in der Zwischenzeit vergangen, wir halten elektronisch Kontakt und trafen uns zweimal zu Besprechungen an der ETH. Beim Erstkontakt frischten wir einige (interessante!) alte Geschichten auf und versuchten uns klar zu werden, ob eine Zusammenarbeit sinnvoll und zielführend sein könnte. In ihren sehr differenzierten Darstellungen erkannte ich sowohl „die Studentin mit Potential“ von damals, insbesondere aber auch die „zielstrebige und hoch motivierte Geschäftsfrau“ von heute. Ihre Augen weiteten sich und begannen hell zu leuchten, als sie mir von ihrem abenteuerlichen Laufprojekt in der Sahara zu erzählen begann.
Dr. Hanspeter Gubelmann
Sportarten: Ski nordisch, Ski alpin, Leichtathletik, Bob, Skeleton, Judo, Eiskunstlauf, Tennis, Short Track, Kanu, Eishockey, Mountainbike, Schwimmen, Triathlon, Rhythmische Sportgymnastik u.a.
Kontakt:
+41 (0)79 789 45 13
Für unsere zweite Sitzung nahmen wir erste konkrete Massnahmen ins Visier, die sie anlässlich ihres viertägigen Wüstenmarathons in Namibia Mitte Dezember anwenden sollte. Dabei ging es u.a. um die Erarbeitung eines „Rennplans“, verschiedene Formen der Aufmerksamkeitsregulation aber auch um motiviationale Aspekte. Ihre Herangehensweise umschrieb sie als „freudig-ambitioniert“. Der Lauf in Namibia diente als Testlauf und sollte wichtige Erkenntnisse hinsichtlich des Zielwettkampfs liefern. Entsprechend empfahl ich ihr auch das Führen eines Lauftagebuchs.
Mein Highlight 2019
Am 14. Dezember erreichte mich folgende Mitteilung: Hoi Hanspeter, wow, das war unglaublich und hat sehr viel Spass gemacht!!! 100 Sandkilometer in 10 Stunden, 4. Gesamtrang, 1. Rang bei den Frauen. ☺ Ich melde mich! Liebe Grüsse, C.
Und ich sage: wow – mein Highlight 2019!
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