Dr. René Paasch: Emotionen von Trainern

Schiedsrichterentscheidungen, Gegentreffer, gehaltene Elfmeter, Foulspiel – Fussball ist ein emotionales Spiel. Nun gibt es seit Saisonbeginn 2019/2020 die Regelung, dass der Trainer verwarnt und des Feldes verwiesen werden kann. Dabei sollten Emotionen am Spielfeldrand erlaubt sein. Denn das Verhalten und das Auftreten der Trainer hat offenbar einen Einfluss auf die Leistung der Spieler und der Mannschaft. Welchen? Dieser spannenden Frage möchte ich in dem nun folgenden Beitrag näher auf den Grund gehen und praktische Impulse für Ihren Alltag als Trainer liefern.  

Zum Thema: Emotionen von Trainern beeinflussen Leistung und soziale Teamprozesse

Ein niederländisches Forschungsteam hat in zwei Feldtests im Fussball (Van Kleef, Cheshin, Koning, Wolf, 2019) untersucht, ob Emotionen von Trainern entsprechende emotionale Empfindungen bei ihren Spielern hervorrufen. Sie konnten folgendes nachweisen: Ob einem Trainer seine Begeisterung oder sein Ärger ins Gesicht geschrieben steht, beeinflusst nicht nur die Stimmung der Mannschaft, sondern auch wie die Spieler sich fühlen, wie sie denken und handeln. Sind Sie  glücklich, wütend oder traurig, erleben Sie Ihre Gefühle nicht alleine. Ihr Team nimmt an ihrem emotionalen Erleben teil. Emotionen sind wichtige Informationsträger im menschlichen Zusammenleben. Über den Ausdruck Ihrer Gefühle senden Sie kontinuierlich Signale an Ihre Spieler (Van Kleef, 2016). 

Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie und der Goethe-Universität haben hingegen untersucht, welche Rolle emotionale Faktoren bei sportlichen Trendverläufen spielen (Honggyu, Hagen, Darko, 2018). Sie konnten feststellen, dass ein optimaler emotionaler Zustand beim Trainer, die sportliche Leistung der ganzen Mannschaft verbessert, während gegenteiliges Befinden diese verschlechtert. Folglich ist die emotionale Kompetenz eines Trainers, die Fähigkeit in den verschiedenen Phasen einer Saison mit den eigenen Gefühlen und denen der Spieler umzugehen beziehungsweise diese zu steuern, eine sehr wichtige Kompetenz. 

Dr. René Paasch

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Situation im Amateur- und Jugendbereich

In der anschließenden Trainerbefragung aus dem Amateur- und Jugendbereich konnten die Forscher Honggyu, Hagen und Darko (2018) nachweisen, dass sich deren Gemütsbewegungen in einem Kreislauf abspielen. Auslöser wie Siegen und Niederlagen sowie Stagnation in der Entwicklung der Spieler folgen emotionale Erfahrungen wie zum Beispiel Freude, Zorn, Angst oder Hilflosigkeit, die sich auf körperlicher, geistiger oder Verhaltensebene bemerkbar machen (bspw. wie Gänsehaut, steigenden Blutdruck, Grübeln, Gesten oder Gesichtsausdrücke). Die befragten Trainer nannten als nächsten Schritt unterschiedlichste Strategien, wie sie mit ihren Gefühlen umgingen. Beispielsweise Gespräche mit den Spielern oder der Familie, Spaziergänge mit dem Hund oder sportliche Betätigungen. 

Trainer, die gut in der Lage waren, ihre Gefühlswelt zu regulieren, fühlten sich hinterher ausgeglichener und selbstbewusster. Dies habe sich auch positiv auf ihre Tätigkeit ausgewirkt, indem sie zum Beispiel im Umgang mit ihren Spielern offener und auf dem Platz konzentrierter waren. Trainer mit stabilen Emotionen bewerten Situationen eher optimistisch, während sich Trainer, die wenig Selbstvertrauen haben, auf die Schwierigkeiten konzentrieren. Das kreisförmige Modell (siehe Abb. 1) kann somit erklären, warum es für Fußballtrainer sehr schwierig aber dennoch nicht aussichtlos ist, aus dem Teufelskreis negativer Emotionen herauszukommen.  

Abb. 1.: The cyclic model of emotional processes of soccer coaches.

Was aber bedeutet das für die soziale Interaktion im Fussball, wo Glückseligkeit und Ärger dicht beieinander liegen? 

Gefühle sind das Ergebnis einer subjektiven Bewertung eines Ereignisses oder einer Situation. Die Wissenschaft spricht von der Funktionalität von Emotionen für soziale Beziehungen und nennt drei mögliche Ausprägungen, wie unsere Gefühlsäußerungen auf andere Menschen wirken: 

  • Bei einer anderen Person beobachtete Gefühle sind gewissermaßen „ansteckend“. Nehmen wir bei unserem Gegenüber einen bestimmten Gefühlsausdruck war, kann das in uns die gleiche Emotion auslösen (Elfenbein, 2014) 
  • Diese Gefühlsansteckung tritt auch in Gruppen auf und wirkt als affektive Information auf die Stimmungslage der anderen (Tamminen et al., 2016).
  • Nachgewiesen ist auch, dass wir aus einer beobachteten Emotion ableiten, wie die Person die gegebene Situation beurteilt und bewertet und daraus Rückschlüsse über unser Verhalten ziehen (van Kleef, 2009). 
  • Und schließlich beeinflussen Gefühle der anderen unser Handeln (Van Kleef, 2016) 

Wie sich die Emotionen eines Einzelnen auf das soziale Zusammenspiel innerhalb einer Mannschaft auswirken, ist dagegen noch wenig erforscht. Vermutet wird, dass insbesondere die Gefühlsregungen von Trainern nachhaltige Auswirkungen auf die Spieler haben und ihren Gemütszustand, ihr Denken und ihre Leistung beeinflussen (Tamminen et al., 2016). Erste empirische Belege deuten darauf hin, dass nicht nur die (non-)verbale Kommunikation eines Trainers das Selbstvertrauen und die Motivation von Sportlern beeinflusst (Buning Thompson, 2015). Auch die positive oder negative Intensität, mit der ein Trainer vor einem Wettkampf oder in den Pausen Stimmungen wie Ruhe, Zuversicht oder Dominanz schafft, überträgt sich auf die Haltung der Spieler (Gonzales, Metzler, Newton, 2011). Wenig bekannt hingegen ist die Interaktionen innerhalb einer Mannschaft, die durch die Gefühlsäußerungen von Trainern ausgelöst wird (Stebbings, Taylor, Spray, 2016). 

Anregungen für die Praxis

Hier einige Anregungen für eine verbesserte Emotionskontrolle in der Praxis: 

Es gibt mittlerweile eine sehr umfangreiche Literatur, die zeigt, dass positive Emotionen wie Freude, Stolz oder das Gefühl, voll Energie zu sein, mit vielen positiven Konsequenzen für das eigene und fremde Wohlbefinden und die Leistung in Teams einhergehen. Daher kann es als wichtige Fähigkeit angesehen werden, sich selbst in positive Emotionen zu versetzen, um seine Arbeit als Trainer besser erfüllen zu können.

Fazit

Sie sollten sich bewusst machen, welche Auswirkungen Emotionen, die sie zeigen, auf die Spieler und die Leistung der Mannschaft haben. Erfolgreiche Trainer können ihre Emotionen steuern und so regulieren, dass sie die Leistung ihrer Mannschaft verbessern und den einzelnen Spieler effektiv beeinflussen. Ich empfehle daher, in der Trainerausbildung und in Ihrem Verein ein stärkeres Gewicht auf die Entwicklung der emotionalen Kompetenz zukünftiger Trainer zu legen.

Mehr zum Thema:

Literatur

Buning MM, Thompson MA (2015): Coaching behaviours and athlete motivation: Female softball athlete’s perspectives. Sport Science Review, 24: 345-370

Elfenbein HA (2014): The many faces of emotional contagion: An affective process theory of affective linkage. Organizational Psychology Review, 4: 326-362

Gonzales SP, Metzler JN, Newton M. (2011): The influence of a simulated „pep talk“ on athlete inspiration, situational motivation, and emotion. International Journal of Sports Science & Coaching, 6: 445-459

Honggyu Lee, Hagen W, Darko, J. (2018): Analyzing the Components of Emotional Competence of Football Coaches: A Qualitative Study from the Coaches’ Perspective https://www.mdpi.com/2075-4663/6/4/123

Van Kleef G A, Cheshin A, Koning L. F., Wolf S. A. (2019): Emotional games: How coaches’ emotional expressions shape players’ emotions, inferences, and team performance. Psychology of Sport and Exercise, 41, 1-11. 

Van Kleef GA (2016): The interpersonal dynamics of emotion: Toward an integrative theory of emotions as social information, Cambridge. 

Van Kleef GA (2009): How emotions regulate social life. The emotions as social information (EASI) model. Current Directions in Psychological Science: 18, 184-188

Stebbings J, Taylor IM, Spray CM (2016): Interpersonal mechanisms explaining the transfer of well-and ill-beeing in coach-athlete dyads. Journal of Sport & Excercise Psychology 2016, 38: 292-304

Tamminen KA et al. (2016): Exploring emotions as social phenomena among Canadian varsity athletes. Psychology of Sport and Exercise, 27: 28-38

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