Bewegungsvorstellungstraining sollte längst in aller Munde oder besser Sportlerköpfen sein. Ist es aber noch nicht, zumindest nicht flächendeckend. Dabei bietet die recht einfache Anwendung sowohl für Individual- als auch für Teamsportler grosses Potential.
Zum Thema: Das Potential vom Bewegungsvorstellungstraining
Unter dem Bewegungsvorstellungstraining, kurz: BVT, verstehen wir eine kognitiv akzentuierte Trainingsmethode, welche auf einer planmässigen internen Bewegungsrealisation ohne aktiven Mitvollzug beruht. Es zielt auf das Erlernen, Stabilisieren und Verbessern einer sensomotorischen Fertigkeit ab (Gubelmann, 1998). Dabei geht es nicht nur um Bewegungsabfolgen, sondern auch um strategische Abläufe, sodass nachher automatische Handlungen und programmierte Reaktionen möglich sind. Dies hat im sportlichen Bereich Auswirkungen auf unsere Lernerfolge und Wettkampfleistungen. Das Potential liegt darin, dass die Leistungen gesteigert werden können, indem wir unserer Vorstellung das Endprodukt vorwegnehmen und eine Handlung innerlich simulieren (Gubelmann & Stoll, 2019).
Das Bewegungsvorstellungstraining wirkt sich sogar auf gleich zwei Achsen positiv aus: zum einen auf das Fertigkeitstraining (Bewegungsablauf lernen, Leistungstabilisation und -optimierung) und zum anderen auf das Selbstkontrolltraining (Emotionsregulation, Aktivierungsregulation, Beeinflussung motivationaler Zustände).
Wettkampfnahe Erweiterung
Hinzu kommt, dass sich das Bewegungsvorstellungstraining zum Beispiel mit dem PETTLEP-Ansatz nach Holmes & Collins (2001) sehr gezielt erweitern lässt. Bei dieser Erweiterung steht im Fokus, Emotionen und Umfeld sowie alle Sinne einzubeziehen. Damit wird die Methode nicht zuletzt für die unmittelbare Wettkampfvorbereitung sehr relevant.
An der 11. Jahrestagung der Sportwissenschaftlichen Gesellschaft der Schweiz (SGS) in Fribourg durfte ich das Thema gemeinsam mit Cristina Baldasarre vorstellen. Das Besondere: An unserer Seite hatten wir mit Matthias Hofbauer einen der erfolgreichsten Schweizer Teamsportler, eine lebende Legende des Unihockeys. Mit ihm zeigten wir, hoffentlich recht eindrücklich, die Praxisrelevanz der Methode auf. In folgendem Insiderbericht gewährt uns “Matthü” sehr exklusive und auch von ihm für diese Publikation explizit autorisierte Einblicke auf die Anwendung der Methode an der Unihockey-Weltmeisterschaft 2018 in Prag:
https://www.die-sportpsychologen.de/2019/03/01/matthias-hofbauer-volle-kontrolle-beim-penalty/
Link zum Insiderbericht: https://www.die-sportpsychologen.de/2019/03/01/matthias-hofbauer-volle-kontrolle-beim-penalty/
Lea Fürer
Ich bin im letzten Semester meines Bachelorstudiums für Angewandte Psychologie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Seit Oktober 2018 darf ich bei Dr. Hanspeter Gubelmann ein sehr vielseitiges Praktikum machen, bei dem ich u.a. einen Athleten betreuen, ein sportpsychologisches Multimedia-Projekt lancieren, ein Netzwerk zu Sportpsychologen/innen aufbauen, viel Fachliteratur und vor allem Fachwissen aufsaugen darf. Ich arbeite seit rund zehn Jahren auch fürs Schweizer Radio und Fernsehen, davon fünf Jahre beim sportradio SRF und komme nicht nur dort mit der Sportwelt in Kontakt: Ich war 2017 Schweizer Meisterin im Thaiboxen und arbeite zudem nebenbei als Trainerin.
Literatur:
Gubelmann, H. (1998). Geistiges Probehandeln motorischer Fertigkeiten: Eine quasi-experimentelle Felduntersuchung zum Mentalen Training mit Jugendlichen im Schulturnen. GFS-Schrift Nr. 18, ETH: Zürich.
Gubelmann, H. & Stoll, O. (im Druck). Optimierung der Bewegungsvorstellung und der Aufmerksamkeitsregulation. In: K. Staufenbiel, M. Liesenfeld & B. Lobinger (Hrsg.). Angewandte Sportpsychologie im Leistungssport. 204-220. Göttingen: Hogrefe.
Holmes, P.S., & Collins, D.J. (2001) The PETTLEP Approach to Motor Imagery: A Functional Equivalence Model for Sport
Psychologists. Journal of Applied Sport Psychology, 13 (1), 60-83.
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