Sportpsychologie im Langlauf: Immer noch in der dunklen Ecke

“Das Erlebnis hat mich zum Nachdenken gebracht”, gibt Erik Schneider zu. Der Thüringer, seit Frühjahr 2018 Disziplintrainer Ski-Langlauf der deutschen Frauen, spricht von der Junioren WM Anfang des Jahres im schweizerischen Goms. Als Außenseiterteam holte sich die deutsche Staffel mit Anna-Maria Dietze, Celine Meyer, Alexandra Danner und Lisa Lohmann Gold. Schneider, bei der WM noch Juniorinnentrainer: “Vom konditionellen Niveau und der Leistungsstärke war dieser Erfolg wirklich eine Überraschung. Aber wir haben als Team in dieser Woche viele spezielle Erlebnisse gesammelt, die in einer beeindruckenden Leistung mündeten.”

Zum Thema: Sportpsychologie im Langlauf

Schneider feierte mit dem WM-Titel den größten Erfolg im Juniorinnenbereich seit 1999. Offenkundig steht das Staffel-Gold mit weichen Faktoren wie Teamzusammenhalt, Atmosphäre und Erwartungsdruck in Verbindung. Alles Punkte, an denen Schneider mit seinem Peter Schlickenrieder, dem neuen Langlauf-Bundestrainer, arbeitet. Ihnen ist klar, welche Bedeutung – abseits der konditionellen Fähigkeiten – der Kopf im Ausdauersport spielt. Schneider: “Es ist wichtig, das antrainierte Konditionelle zu einem bestimmten Zeitpunkt auf die Strecke zu bringen. Hinzu kommt bei unserem Outdoor-Sport, dass mit einer Reihe von äußeren Einflüssen richtig umgegangen werden muss.”

Demgegenüber ist der Stellenwert der Sportpsychologie im Langlauf aber überraschend klein: Es wird zwar mit einer gut ausgebildeten Sportpsychologin zusammengearbeitet. Aber alles andere als häufig. Grundsätzlich haben die Athletinnen die Möglichkeit, bei “Problemen” oder bestimmten Fragen die vorhandenen Strukturen zu nutzen. Schneider: “Ich gehe davon aus, dass dieses Thema mehr Stellenwert gewinnen wird. Bislang wird es eher stiefmütterlich behandelt.”

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Sportpsychologie. Im Skilanglauf offenbar nicht mehr als ein Nebenkriegsschauplatz

Mut zur Veränderung

Im Langlauf weht ein neuer Wind. Hauptverantwortlich dafür ist Peter Schlickenrieder. Der Bundestrainer ist ein bunter Hund im Sport. Er war selbst 2002 Olympia-Medaillengewinner von Salt Lake City, Fernsehexperte, Unternehmer, Vortragsredner und Motivationsexperte. “Absolut, Peter gibt allen den Mut zur Veränderung. Und damit motiviert er das gesamte Gefüge,” so Schneider.

Seit der Saisonvorbereitung im Frühjahr wird bei den Skilangläufern intensiv mit Workshops gearbeitet. Die Themen sind in den Runden sehr unterschiedlich. Schneider erinnert sich besonders an den Social Media-Arbeitskreis, an dem viele für den Alltag von Trainern und Sportlern relevante Dinge zur Sprache kamen.

Besondere Herausforderungen

Vor besonderen Herausforderungen steht der Trainerstab in dieser Saison durch den Wechsel von Miriam Neureuther (früher Gössner) aus dem Biathlon in den Langlauf. Im Video erklärt er, welche Herausforderungen sich mit dem potentiellen Star im Team verbinden und weshalb die junge Mutter alles andere als ein PR-Gag ist:

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Miriam Neureuther – eine besondere Personalie im Skilanglaufnationalteam?

Mit Miriam Neureuther wird also eher mittelfristig geplant. Wie auch die gesamte Ausrichtung im Trainerstab auf die Heim-WM 2021 in Oberstdorf fokussiert ist. Und es scheint glaubhaft, wenn Schneider sagt, dass auf diesem Weg die Sportpsychologie an Bedeutung gewinnen wird. Der Thüringer: “Die Sportpsychologie hat im Langlauf durchaus noch das Image, dass dies nur jemand braucht, der es nicht hinbekommt. Da müssen wir es in Zukunft ein Stück wegnehmen. Denn es geht ja vielmehr darum, auch mit Hilfe der Sportpsychologie, im Kopf stark zu sein und meine Leistung abzurufen.”

Großes Ziel ist Oberstdorf 2021

Wunderdinge erwartet Schneider für die Saison 2018/2019 trotz der angestoßenen Veränderungen im Nationalmannschaftsbereich kurzfristig nicht: “Im vergangenen Jahr waren wir bei den Damen in der Teamwertung Achter. Und wir werden jetzt nicht über Nacht zur führenden Nationen aufsteigen. Aber wir wollen Entwicklungsschritte setzen.” Das große Ziel ist dann die Heim-WM im Jahr 2021 in Oberstdorf. Dort sollen alle deutschen Langläufer bei jedem Rennen den Zuschauern und sich Freude bereiten.

Auf diesem Weg setzen Schneider und seine Kollegen auf Verunsicherung, wie er es nennt. Schneider: “Ich meine damit, dass wir ganz bewusst nicht nach dem Schema F arbeiten. Wir beziehen die Sportler mit ein, bauen auf Feedback und richten uns in vielen Bereichen neu aus. Wir wollen eine echte Entwicklung anstoßen, um im Ergebnis wieder die Weltspitze zu erreichen.”

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Erik Schneider über die Anwendung der Sportpsychologie im Alltag.

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Mathias Liebing
Mathias Liebinghttps://www.torial.com/mathias.liebing
Redaktionsleiter bei Die Sportpsychologen und freier Journalist Leipzig Deutschland +49 (0)170 9615287 E-Mail-Anfrage an m.liebing@die-sportpsychologen.de