Ein verzweifelter Blick, abwinkende Gesten, Tritte in die Luft oder gar gegen den Pfosten, Hadern mit sich und der Welt – Ärgerreaktionen auf bestimmte Situationen können vielfältig sein und doch eint sie eines: Der Verlust von Konzentration auf die kommende Spielsituation. Welchen Einfluss haben negative Emotionen und insbesondere langwierige Ärgerreaktionen auf die Leistungsfähigkeit des Spielers? Mit dieser Fragestellung möchte ich mich im folgenden Beitrag beschäftigen.
Zum Thema: Emotionen im Fußball
Sowohl positive als auch negative Emotionen spielen im Fußball eine bedeutende Rolle. Positive Emotionen wie Freude entstehen meist, wenn ein bestimmtes Ziel erreicht wurde und die Ursache hierfür in den Fähigkeiten der eigenen Person gesehen wird. Angst als negative Emotion ist meist die Folge einer Geringschätzung der eigenen Fähigkeiten im Vergleich zu der Aufgabe, die es zu bewältigen gilt: Der Sportler glaubt nicht daran, mit seinen Qualitäten der Anforderung gerecht werden zu können. Ärger tritt meist auf, wenn aufgrund bestimmter Faktoren ein Ziel nicht erreicht werden konnte.
Emotionen sind und bleiben ein wichtiger Bestandteil eines Fußballspiels, doch entscheidend ist ein im Sinne der Leistungsfähigkeit funktionaler Umgang mit diesen. Insbesondere der Umgang mit Ärgerreaktionen soll in diesem Beitrag thematisiert werden.
Formen des Ärgerausdrucks
Für Außenstehende wird eine Ärgerreaktion am deutlichsten, wenn der Kicker sichtbare Zeichen der Frustration zu erkennen gibt. Über seinen Körper, seine Sprache, Gestik oder Mimik lässt der Fußballer die Außenwelt an seinem Gefühlsleben teilhaben. Dies können verbale Ausbrüche, abwinkende Gesten, Tritte in die Luft oder Ähnliches sein. Der Fußballer lässt seinem Ärger folglich freien Lauf. Diese Form des Ärgerausdrucks wird als „Anger out“ bezeichnet.
Manche Spieler dagegen neigen dazu, den Frust in sich „hineinzufressen“ („Anger in“). Die Gedanken kreisen nur noch um die ärgerauslösende Situation und die Konsequenzen. Der Fokus kann, wenn sich ein Spieler in einem solchen Modus befindet, nicht mehr auf das Wesentliche, nämlich die kommende Situation, gelenkt werden.
Beim „Anger control“ dagegen schafft es der Spieler, über Bewältigungsstrategien möglichst schnell wieder ein inneres Gleichgewicht herzustellen und somit wieder zur ursprünglichen Leistungsfähigkeit zurückzufinden.
Konsequenzen einer langwierigen Ärgerreaktion
Sowohl der Ärgerausdruck des „Anger in“ als auch der des „Anger out“ geht mit einigen unmittelbaren Folgen einher, die für den Fußballer nicht leistungsfördernd sind. Neben einer über ein gesundes Maß hinausgehende Aktivierung ergeben sich für den Spieler insbesondere kognitive Beeinträchtigungen: Oftmals belasten störende, meist negative Gedanken oder Selbstgespräche den Fußballer. Zudem geht die Konzentration auf die nächste Spielsituation verloren. Die Wahrnehmungsfähigkeit ist in solchen Momenten stark eingeschränkt. Der Spieler nimmt eine Art „Tunnelblick“ ein, der dazu führt, dass von außen eintreffende Reize nicht mehr funktional verarbeitet werden können. Eine Fähigkeit, die in der komplexen Spielsportart Fußball von enormer Bedeutung ist. Zudem führt eine zu lange Beschäftigung mit einer Ärgersituation zu Zeitverlusten, die insbesondere in Umschaltmomenten nicht zu verschmerzen sind. Ärgerreaktionen haben zumeist auch eine mangelhafte Körpersprache zur Folge. Dies wirkt einerseits negativ auf das eigene Gemüt, da Körper und Informationsverarbeitung in enger Wechselwirkung zueinander stehen. Andererseits hat eine negative Körpersprache auch immer eine aufbauende Wirkung auf den Gegner, der umso erfolgszuversichtlicher wird, je resignierter und frustrierter sich das gegnerische Team präsentiert.
Ärgerauslösende Situationen
Im Training wie im Spiel gibt es eine große Bandbreite an möglichen Szenarien, die Ärgerreaktionen eines Spielers provozieren. Zunächst einmal sind zahlreiche Verhaltensweisen von Akteuren zu nennen, die direkt oder indirekt am Training oder Spiel beteiligt sind. Das Trainerteam als unmittelbare sportliche Bezugspersonen für den Spieler hat einen großen Einfluss auf den Spieler. Kritik oder Beschimpfungen des Co-Trainers oder Trainers als Reaktion auf subjektiv wahrgenommene Fehlleistungen des Kickers im laufenden Training oder Spiel rufen oftmals Ärger- und Stressreaktionen im Fußballer hervor. Insbesondere dann, wenn sich dieser ungerecht behandelt fühlt und die Situation anders einschätzt. Weitere Störelemente können provozierende Verhaltensweisen gegnerischer Eltern oder des gegnerischen Trainers sein, der durch Kommentare und Gesten von außen versucht, die Spieler des anderen Teams zu verunsichern. Auch Gegenspieler, die den Fußballer durch Fouls daran hindern, eine Aktion zu initiieren, fortzusetzen oder zu beenden, werden oftmals zur Ursache sichtbaren Ärgers.
Eine meist noch bedeutsamere Quelle für die Entstehung entsprechend negativer Reaktionen sind eigene Fehlleistungen oder solche der Mitspieler. Dies können vergebene Torchancen, verlorene Zweikämpfe, Stellungsfehler, verpasste Abspielmöglichkeiten und große Patzer sein, die mitunter sogar ein Gegentor zur Folge haben können. Auch Schiedsrichterentscheidungen, die gegen das eigene Team getroffen werden, sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Die Ärgerreaktionen des Spielers sind in der Regel umso gravierender, je bedeutsamer sich eine Entscheidung aus Sicht des Fußballers darstellt. So führen Elfmeterentscheidungen zumeist zu größeren emotionalen Ausbrüchen als vergleichsweise unbedeutende Foulentscheidungen in torungefährlichen Zonen des Spielfelds. Die äußeren Bedingungen stellen einen weiteren potentiellen Auslöser für Ärgerreaktionen dar. Egal, ob ein unebener Rasen, der die Bälle verspringen lässt oder heftig aufkommender Wind – die äußeren Bedingungen selbst entziehen sich der Kontrolle des Spielers und können ihn gegebenenfalls an seiner Zielerreichung hindern.
Konkrete Tipps für die Praxis
Doch wie können Trainer in Zusammenarbeit mit einem Sportpsychologen an einer funktionalen Ärgerbewältigung ihrer Schützlinge arbeiten? Dieser Fragestellung werde ich im folgenden Blogbeitrag nachgehen. Wenn Sie noch Fragen bezüglich des Artikels haben, stehen Ihnen meine Kollegen (https://www.die-sportpsychologen.de/sportpsychologen-nach-sportarten/) oder ich (https://www.die-sportpsychologen.de/janosch-daul/ ) gern zur Verfügung.
Direkt zu den Tipps:
Literatur:
Alfermann, D. & Stoll, O. (2007). SPORTPSYCHOLOGIE-Ein Lehrbuch in 12 Lektionen (2. Aufl.). Aachen: Meyer & Meyer.Croos-Müller, C. (2011). Kopf hoch- das kleine Überlebensbuch. Kösel: München.
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