Prof. Dr. Oliver Stoll: Wenn die Lust nachlässt (Streakrunning-Serie, Teil 11)

Irgendwie fällt mir das heute schwer! Nein, nicht das Laufen, sondern darüber zu schreiben. Warum soll ich über etwas schreiben, dass so selbstverständlich ist, wie das Essen, das Trinken, das Schlafen, das Zähneputzen, das zur Arbeit gehen und das wieder nach Hause kommen? Und vor allen Dingen frage ich mich, ob das wichtig ist und ob man das überhaupt thematisieren muss? Ich könnte mich da ganz leicht rausreden und sagen, dass ich mir eben das tägliche Laufen zum 1.1.2018 vorgenommen habe, und das meinem Lieblings-Journalisten in einem Gespräch mal kurz angedeutet habe und er – und nach dem Gespräch darüber natürlich auch ich – also WIR beschlossen haben, diese Aktion im Rahmen eines Blogs einer breiteren Öffentlichkeit zum Besten zu geben.

Zum Thema: Streakrunning-Serie, Teil 11

Prof. Dr. Oliver Stoll
Zum Profil von Prof. Dr. Oliver Stoll: https://www.die-sportpsychologen.de/oliver-stoll/

Damit habe ich mich zu diesen monatlichen Beiträgen „verpflichtet“. Und so bin ich nun mal. Wenn ich etwas zugesagt habe, dann halte ich mich in der Regel auch dran. Es ist nicht so, das Mathias Liebing mir an dieser Stelle böse wäre, wenn ich ihm sagen würde: „Hör mal zu Mathias, diesen Monat mal nicht, mir fällt gerade nichts dazu ein. So wichtig ist es ja auch nun eigentlich auch nicht. Vielleicht dann wieder im November!“ Aber ich fühle mich mit meiner Zusage Anfang des Jahres schon irgendwie verpflichtet. Machen wir es also kurz diesen Monat – zumindest das Thema „Streakrunning“.

Wen es wirklich interessiert, wie viel, welche täglichen Distanzen ich in welcher Intensität gelaufen bin, der möge sich das hier anschauen: https://runalyze.com/athlete/OliverStoll

Neue Ziele?

Aber über Laufen im Großen und Ganzen zu schreiben, das macht mir natürlich nach wie vor – und auch immer wieder und wieder – sehr viel Spaß! Dabei haben mich im Oktober zwei Themen ganz besonders beschäftigt. Zum einen ist es das Thema „Laufen im Herbst“ und zum zweiten ist es das Thema „Gemeinsame Ziele für das kommende Jahr 2019“.

Das Laufen im Herbst hat etwas „Unwirkliches“. Um das nachzuvollziehen, muss man natürlich zu Zeiten laufen gehen, in denen man ansonsten eher am Frühstückstisch sitzt. Zwei Aspekte sind mir aus diesem Grund in ganz besonderer Erinnerung. Zum einen habe ich zu Beginn des Monats eine dreitägige „Trail Running-Ausbildung“ für Studierende der Universität, an der ich arbeite, im Harz durchgeführt, an der (zu meiner Überraschung) 15 Studierende Interesse hatten – ich dachte die spielen lieber Fuß-, Volley- oder Basketball oder gehen, wenn sie schon mal „nach draußen müssen“, bestenfalls mal Alpin Skifahren. Und zum anderen hatten wir ja die Umstellung zur Winterzeit, die mich – weil ich im Oktober ja auch wieder mit der Lehre an der Uni begonnen habe, dazu „zwang“, meine Lauferei so zwischen 8 und 9 Uhr vormittags zu absolvieren.

Abbildung: Vormittägliches Laufen im Oktober

Die Hoffnung kommt

Das Laufen im Herbst hat seinen ganz besonderen Reiz. Ich muss jetzt nicht über das Farbenspiel der bunten Blätter berichten, die nun alle von den Bäumen gefallen sind, denn dieses grandiose Schauspiel der Natur kann man auch bestaunen, wenn man später draußen unterwegs ist. Was mich besonders in „seinen Bann gezogen hat“ ist der Übergang zwischen Nacht und Tag. Also etwas, das wir eigentlich jeden Tag erleben können und dennoch viel zu wenig bewusst wahrnehmen. Die Nacht geht, der Tag kommt. Die Dunkelheit und somit das „Bedrohliche“ verschwindet und die Helligkeit, „die Hoffnung“, kommt. Wir alle leben in diesem zirkadianen Rhythmus, ohne uns über die psychischen Effekte genau dieses Rhythmus bewusst zu sein. Viele unserer körperlichen Funktionen und Organe haben sich seit vielen Jahren darauf eingestellt. Wir nehmen das einfach so hin und denken nicht weiter darüber nach. Auch unsere Psyche kennt dies natürlich. Nachts ziehen wir uns zurück (um zu schlafen), tagsüber öffnen wir uns, werden aktiv und gehen nach draußen. Es ist ein täglicher Kreislauf, den wir zumeist einfach so hinnehmen ohne darüber zu staunen. Ich habe in diesem oft gestaunt, am zumeist kühlen morgen, schon die Handschuhe überstreifend, um dann in die morgendliche Dämmerung loszulaufen, die frische Luft, tief in meine Lunge einatmend, den Wald um mich herum zu genießen, im Wettkampf mit der Natur den herabfallenden Eicheln auszuweichen, die mich dann doch manchmal trafen und dieser gedämpften Ruhe zuzuhören, dass das Laufen auf dem dicken Laubteppich und zumeist der tiefhängende Nebel ausstrahlt. Solcherlei Erfahrungen hatte ich auch mit meinen Studierenden rund um den Brocken und auch darauf viele, denn wir sind zumeist früh losgelaufen, um genau diese intensiven Erfahrungen erleben und genießen zu können. In der Reflektion dieser Erlebnisse mit den Studierenden habe ich erfahren, dass dies sehr eindrückliche und individuell sehr emotionale Spuren bei uns allen hinterlassen hat.

Abbildung: Auf dem Brockengipfel an einem Morgen im Oktober

Kommen wir nun zum Thema „Gemeinsame Ziele für das Jahr 2019“. Das ist vielleicht etwas, was in diesem Jahr zwischen meiner Frau und mir zu kurz gekommen ist. Ich habe zu Beginn des Jahres festgelegt, dass ich täglich laufen werde und dabei nicht wirklich Rücksicht auf die Bedürfnisse von Frauke gelegt (das habe ich ja auch in meinen vorigen Blog-Beiträge immer mal wieder thematisiert).  Das mache ich – nein, das machen wir – im kommenden Jahr besser. Aus diesem Grund haben wir uns dieses Jahr auch schon frühzeitig darüber unterhalten und wir haben ein wirklich tolles Saison-Highlight für uns gefunden, nämlich die Salomon 4-Trails (www.4trails.net). Diesen 4-Tage Lauf über Teile der Alpen habe ich alleine schon mal 2015 durchgezogen. Damals war Frauke an der letzten Etappe als Supporter an der Strecke mit dabei. Im kommenden Jahr werden wir das Ding gemeinsam laufen und darauf freue ich mich schon sehr. Im Vergleich zu 2015, an dem dieser Lauf auch bisher zum letzten Mal durchgeführt wurde, hat der Veranstalter einiges verändert. Zum einen sind die Distanzen mit 21 bis 26 Kilometer pro Tag bei zu überwindenden 2100 bis 2600 Höhenmetern nicht mehr ganz so hart wie 2015, aber einen Aspekt möchte an dieser Stelle noch einmal ganz besonders herausstellen. Der Veranstalter, also „Plan B“, hat in seiner Ausschreibung zwei Formen angeboten, nämlich „Trail-Running“ und „Hiking“ und damit geht Plan B in der Szene völlig neue Wege. Ich denke, das ist ein lohnenswertes Experiment!

Finish or No Finish

Was ist der Unterschied, bezogen auf diese 4-Trails-Ausschreibung“ zwischen Trail-Running und Hiking? Es gibt eigentlich nur einen einzigen Unterschied, nämlich die fehlende Altersklassen-Wertung. Alles andere bleibt gleich. Die Strecken, die Voraussetzungen, das mitzuführende Material, die Cut-Off-Zeiten, die Finisher-Urkunde, Finisher Medaille und Finisher-Shirt, wenn man das geschafft hat, die Melde-Gebühr und auch der Service unterwegs – alles bleibt gleich – es ist lediglich die AK-Wertung, die beim Hiking fehlt – also hier zählt nur „Finish or No Finish“.

Ich habe Plan B in der Vergangenheit auch schon hart kritisiert wegen der „Höher, schneller, weiter-Philosophie”, die ich jahrelang bei diesen Wettkämpfen beobachtet habe, was dazu geführt hat, dass sich viele, teilweise auch unerfahrene Läuferinnen und Läufer gnadenlos überschätzt und somit in gefährliche Situationen gebracht haben. Heute möchte an dieser Stelle Plan B mal ein Kompliment für dieses „Experiment“ aussprechen, denn es lädt auch eher unerfahrene Läufer ein und garantiert einen sicheren Lauf für jedermann und vielleicht führt ja auch dies zu einem Umdenken in der Trail-Runner-Szene. Seien wir doch mal ehrlich! Unter den gegebenen Bedingungen der Ausschreibung lohnt sich eine Anmeldung zu „Trail-Running“ bestenfalls für 50 bis 60 Athleten, die dann auch wirklich die gesamte Strecke durchlaufen und die um einen Platz auf dem „Treppchen“ wettkämpfen. Der Rest der Läuferinnen und Läufer könnte sich bequem bei den „Hikern“ anmelden, denn hier geht es nur um das Finish und es wird neben den Laufanteilen natürlich auch weite Strecken gewandert (eben Hiking). Ein Blick in die aktuelle Starterliste zeigt mir jedoch, dass wir in unseren Köpfen lange noch nicht soweit sind, denn von den 450 Startplätzen sind schon 220  weg, davon fallen 213 Meldungen auf Trail-Running und 7 auf Hiking.

Streak-Zukunft bleibt offen

Ich freue mich jedenfalls schon sehr auf die Saison 2019, und davon wieder auf viel mehr Kilometer mit meiner Frau. Und darüber hinaus auch auf eine Trail-Running Camp im Vorfeld der 4-Trails mit unserem befreundeten Paar Sven und Inge und auf mittlerweile schon zwei geplante Trail-Running-Ausbildungs-Camps mit meinen Sportstudierenden im Harz.

Was das tägliche Laufen in 2019 betrifft, dazu habe ich noch keine Entscheidung getroffen. Vielleicht mache ich das, vielleicht auch nicht. Es ist ja kein Zwang, sondern eine Leidenschaft. Das Laufen gehört eben einfach zu mir, wie so vieles andere auch. Nicht mehr – und auch nicht weniger.

Prof. Dr. Oliver Stoll kennenlernen?

Im Rahmen von “Die rote Couch – Das Sportpsychologie-Barcamp” am 3. und 4. November 2018 in Leipzig wird Prof. Dr. Oliver Stoll zusammen mit dem Ausdauerathleten Jens Nähler, der 2019 beim Spartathlon starten und vom Sportpsychologen Stoll darauf vorbereitet wird, eine Session halten.

Mehr Informationen und zur Anmeldung:

Die rote Couch – Das Sportpsychologie Barcamp (Thema Ausdauersport) – 03./04.11.2018 in Leipzig

Die komplette Serie:

Folge 1: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/01/19/prof-dr-oliver-stoll-streakrunning-ist-mentales-training/

Folge 2: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/02/07/prof-dr-oliver-stoll-grenzenlose-gelassenheit-streakrunning-serie-teil-2/

Folge 3: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/03/02/prof-dr-oliver-stoll-die-sinne-schaerfen-sich-streakrunning-serie-teil-3/

Folge 4: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/04/03/prof-dr-oliver-stoll-gefangen-zwischen-leistungsorientierung-und-bauchgefuehl-streakrunning-serie-teil-4/

Folge 5: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/05/02/prof-dr-oliver-stoll-april-der-monat-in-dem-sich-alles-veraendert-streakrunning-serie-teil-5/

Folge 6: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/06/05/prof-dr-oliver-stoll-laufen-im-mai-von-hitze-viel-gruebeln-und-mit-allen-sinnen-geniessen-streakrunning-serie-teil-6/

Folge 7: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/07/02/prof-dr-oliver-stoll-krisenmonat-juni-streakrunning-serie-teil-7/

Folge 8: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/07/30/prof-dr-oliver-stoll-das-ende-streakrunning-serie-teil-8/

Folge 9: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/09/03/prof-dr-oliver-stoll-tierische-instinkte-streakrunning-serie-teil-9/

Folge 10: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/10/02/prof-dr-oliver-stoll-die-rueckkehr-der-gelassenheit-streakrunning-serie-teil-10/

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Prof. Dr. Oliver Stoll
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Sportarten: Eishockey, Handball, Ultralang- und Langstreckenlauf, Triathlon, Biathlon, Wasserspringen, Boxen, Leichtathletik, Schwimmen, Floorball uvm.

Leipzig, Deutschland

+49 (0)173 4649267

E-Mail-Anfrage an o.stoll@die-sportpsychologen.de