Der TSV Kropp ist im Sommer in die Fußball-Oberliga Schleswig-Holstein aufgestiegen. Dr. René Paasch (zum Profil) begleitet den Verein seit Jahren sportpsychologisch. In unserem Interview erklärt TSV-Chefcoach Dirk Asmussen, wie ihn die Zusammenarbeit besser gemacht hat, warum sich jeder Trainer und Spieler mit dem Thema befassen sollte und weshalb er sich wundert, dass es der Sportpsychologie im deutschen Fußball immer noch an Akzeptanz fehlt.
Dirk Asmussen, wie hast du eigentlich vor zehn Jahren über die Sportpsychologie gedacht?
2004 habe ich die DFB-A-Lizenz in Hennef gemacht, da war der Anteil der Sportpsychologie unter Werner Mickler noch sehr überschaubar. Trotzdem fand ich es damals schon super interessant. Ich war sofort überzeugt, dass es etwas ist, was den Spieler bzw. die Mannschaft voranbringen kann. Doch die Berührungspunkte und auch die Möglichkeiten im gehobenen Amateurbereich waren damals kaum vorhanden. Und natürlich war damals auch in unserem Umfeld das Thema „Sportpsychologie“ auch eher eine belächelte Randerscheinung.
Als ich dann vor zehn Jahren nach meiner Zeit bei Holstein Kiel beim TSV Kropp anfing, hatte sich diese Blickweise noch nicht wirklich geändert.
Inwiefern hat sich dein Bild von der Sportpsychologie geändert? Und was war der Grund dafür?
Seit ich im Herbst 2015 erstmals Kontakt mit Dr. René Paasch hatte und er uns unkompliziert seine Mitarbeit angeboten hatte, wollte ich unbedingt mehr darüber wissen. Wir hatten damals eine weit unter ihren Möglichkeiten spielende Mannschaft. Dabei hat René dem Team, vielen meiner Spieler individuell aber auch mir als Trainer eine ganz neue Herangehensweise an bestimmten Problemstellungen aufgezeigt. Grundsätzlich kann ich sagen, dass ich persönlich ein besserer Trainer durch den Einfluss der Sportpsychologie geworden bin. Dabei sehe ich kaum Unterschiede zwischen Amateurbereich und Profibereich, denn wir Trainer arbeiten in beiden Bereichen mit Menschen. Mit deren Gedanken und deren Verarbeitung mit Drucksituationen, die sich viele Fussballer auch ohne äußere Einflussfaktoren selber im Kopf aufbauen.
Sportpsychologie geht für mich jetzt viel weiter als der Besuch im „Kletterpark“ als Teambuildingmaßnahme. Es ist ein steter Prozess, der natürlich von der Akzeptanz der Spieler abhängt. Da habe ich aber bisher zu 95% gute Erfahrungen gemacht, was mich natürlich darin bestärkt, diesen Weg weiterzugehen. Unabhängig davon bringt mir es auch riesigen Spaß.
Wie profitierst du noch heute von der Zusammenarbeit mit Dr. René Paasch, schließlich ist er mittlerweile beim VfL Bochum aktiv?
Natürlich ist es jetzt schon etwas schwerer. Doch wir haben immer mal wieder regelmäßig Kontakt. U.a. ist er auch weiterhin in die teaminternen Abläufe und unsere Arbeit eingebunden und wenn es seine Zeit erlaubt, gibt es dann immer mal wieder kleine Hinweise und konstruktives Feedback. Gleichzeitig verfolge ich „Die Sportpsychologen“ mit großem Interesse und habe auch da schon viele Inputs für mein Team nutzen können.
Ihr seid als Aufsteiger sehr gut in die Oberliga-Saison in Schleswig-Holstein gestartet. Braucht ein Trainer eigentlich auch in Erfolgsphasen sportpsychologisches Handwerkszeug oder eher dann, wenn es nicht von allein läuft?
Wir sind tatsächlich gut gestartet, aber wir sind weit davon entfernt, sportpsychologisch in eine Ruhephase zu gleiten. Bei einem Kader von 26 Spielern gibt es trotz des Teamerfolges nicht nur freudige Gesichter. Es können eben nur maximal 14 Spieler am Wochenende Gas geben. Aber das Team wird auf Sicht einer langen Saison nur erfolgreich sein, wenn alle mitgenommen werden. Da müssen wir schon schauen, auch die Spieler im Rahmen unserer Möglichkeiten zu stärken, die aktuell im zweiten Glied stehen. Gleichzeitig sind wir bemüht, mit jedem Erfolgserlebnis die Überzeugung im Team zu stärken und diese Überzeugung in ein mutiges und offensiv ausgerichtetes Spiel zu übertragen.
Vor der Saison habt ihr euch mit fünf Neuzugängen verstärkt. Was habt ihr gemacht, um die Jungs zu integrieren?
Grundsätzlich sind sie schnell und gut aufgenommen worden. Wir konnten aber leider aufgrund von zahlreichen Ausfällen – auch von den Neuen – noch nicht so viel in diese Richtung tun.
Durch die bisherigen vielen englischen Wochen wurde unsere gemeinsame Trainingszeit zusätzlich eingegrenzt. Dass ist eben der Amateurbereich, wo man mit solchen Umständen dann auch umzugehen lernt. Wir forcieren das Thema in den Wochen bis zur Winterpause weiter in kleinen Schritten. So ist es z.B. schon Tradition, dass sich die Neuen ins Team „hinein singen“! Ein riesiger Spaß für alle. Ein gemeinsames Trainingslager in der Saisonvorbereitung, wo die Jungs genügend Möglichkeiten an die Hand bekommen, neben dem Fussballer auch den Menschen kennen zu lernen.
Aus einem fussballerischen „Opel“ kann auch die Sportpsychologie keinen „Porsche“ machen. Sie kann den Lack polieren, den Einspritzer optimieren, den Vergaser frei bekommen. Also die Leistungsfähigkeit maximieren.
Dirk Asmussen, Trainer TSV Kropp
Wann ist aus deiner Sicht ein Teambuilding-Prozess abgeschlossen? Was macht ihr diesbezüglich während der Saison?
Besonders im Bereich Selbstbild und Fremdbild sind wir bemüht, allen ein realistisch positives Selbstverständnis zu vermitteln. Worin bin ich gut, was macht mich auf dem Platz aus, welche Stärken von mir machen uns als Team besser? Dabei ist es ja immer wieder erstaunlich, dass dir fast jeder Spieler auf Schlag sagen kann, was nicht zu seinen Stärken zählt, aber wenn er sagen soll, wo er richtig gut ist, kommt er böse ins Grübeln. Es wird dann natürlich immer etwas schwerer, wenn der Spieler selber seine Stärken nicht kennt, somit oftmals auch nicht an diese glaubt und als logische Folge diese auch nicht mutig und mit Überzeugung einbringen kann. Ein sehr spannendes Feld.
Selbst in der Bundesliga ist die Sportpsychologie bei weitem noch nicht etabliert. Wieso können Fußballer, vielleicht auch vollkommen unabhängig vom Leistungslevel und der Liga, sportpsychologisches Grundwissen gebrauchen?
Erst einmal bin ich selber ja auch immer noch eine Art Novize, was das weite Feld der Sportpsychologie angeht. Was ich aber aus Erfahrung und echter Überzeugung sagen kann: Du kannst mit einer fundierten sportpsychologischen Trainingsunterstützung jeden Fussballer noch wertvoller für den gemeinsamen Teamerfolg machen. Es gibt so viele logische und nachvollziehbare unterstützende Übungen und Handlungsstrategien, die in kurzer Zeit jedem Team etwas Neues, stärkeres geben kann. Natürlich steht auch fest, dass das fussballerische Können auf dem jeweiligen Level auch vorhanden sein muss. Aus einem fussballerischen „Opel“ kann auch die Sportpsychologie keinen „Porsche“ machen. Sie kann den Lack polieren, den Einspritzer optimieren, den Vergaser frei bekommen. Also die Leistungsfähigkeit maximieren. Darum bin ich immer noch überrascht, dass sich gerade im deutschen Fussball immer noch vielerorts so viele Vorurteile halten können.
https://www.die-sportpsychologen.de/2015/08/25/dr-rene-paasch-selbstwirksamkeit-im-fussball/
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