Vor und nach den sportlichen Höchstleistungen im Triumphjahr 2014 konnte sich das DFB-Team im „Campo Bahia“, dem WM-Quartier an der Ostküste Brasiliens, erholen und vor allem regenerieren. Deswegen wurde der Rückzugsort der deutschen Nationalmannschaft nicht von wenigen Sportpsychologen/innen und DFB-Angehörigen als ein Schlüssel auf dem Weg zum WM-Titel gesehen. Die Auswahl eines geeigneten Quartiers bei der WM 2018 in Russland fiel dem DFB nun alles andere als leicht. Zu groß waren die Entfernungen zwischen den einzelnen Spielorten. Der DFB brauchte also ein WM-Quartier, von welchem sich alle Spielorte möglichst schnell erreichen lassen. Die Entscheidung fiel funktional aus. Das DFB-Team bezieht während dem Turnier ihr WM-Quartier vor den Toren Moskaus. Auf das „Campo Bahia“ folgt also der Watutinki Hotel Spa Complex.
Zum Thema: Ist der Rückzugsort während einer WM wichtig, oder ist es das nicht?
Das WM-Quartier der DFB-Elf in Moskau kann aus meiner Sicht viele Vorteile haben, denen ich mich nähern möchte. Ganz allgemein betrachtet, kann unsere Mannschaft bei optimalen Trainingsbedingungen konzentriert arbeiten und findet in der Wellnessoase gute Möglichkeiten zur Regeneration. Unter anderem gehört ein ansehnliches Schwimmbad zur “Sportschule”, wie das Hotel unter der Woche schon einmal genannt wurde. Hinzukommt, dass die Spieler so wenig Aufmerksamkeit wie möglich bekommen und sich somit stärker mit dem Team und mit dem Einzelnen beschäftigen können. Des Weiteren ist die Identitätsannäherung des Gastgeberlands ein weiterer Vorteil für die Unterkunft der DFB-Elf. Dies möchte ich auch begründen:
Dazu ein passendes Beispiel. Die Lebensbedingungen im Russland haben viele Seiten. Auf der einen Seite viel Prunk und Glimmer und auf der anderen ärmliche Dörfer. Dort zu leben, ist ziemlich schwer, da sehr viele Aufgaben auf einen Dorfbewohner zukommen. Sie müssen das Vieh weiden, die Technik reparieren, Wasser- und Stromprobleme lösen und sich um das Essen kümmern. Fast alle Einwohner betreiben Landwirtschaft, darunter Ackerbau sowie Viehzucht. Trotzdem wollen viele Einwohner das Dorf nicht verlassen. Das Leben in einer Gemeinschaft ist für die meisten das wichtigste Kriterium, um dort zu bleiben. Sie schätzen es sehr, dass sich alle gegenseitig unterstützen und gute Beziehungen zueinander pflegen. Ähnliches oder im weitesten Sinne, kann ich mir für unser DFB-Team vorstellen. Gelebtes Russland mit allen Höhen und Tiefen, die Geschlossenheit, Respekt und Werte aufzeigen, trotz einiger Schwierigkeiten, wie mediale Auftritte und Nominierungen. Als das muss als Team verarbeitet werden. Diese Geschichte der Dorfbewohner würde als Träger für Identität sehr gut passen. Aus ihr sprechen dann Selbstbewusstsein, Stolz, Teamgeist, gute Beziehungen, Zugehörigkeitsgefühl – alles Werte, die die deutsche Fußballnationalmannschaft verkörpert. Unter diesen Trägern sind viele Spieler bereit, außergewöhnliches zu leisten. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, das gelebte Wir-Gefühl und dann spielt es auch keine Rolle, wo sie zusammen sind. Teamidentifizierung und gute Beziehungen lassen großes entstehen. Und wenn positive Stimmungen vorhanden sind, sind die Voraussetzungen für Leistungssteigerung und Erfolg gegeben. Näheres zum Thema Identität findet Ihr hier: http://www.die-sportpsychologen.de/2017/11/01/dr-rene-paasch-mia-san-mia-oder-wie-eine-gemeinsame-identitaet-im-fussball-funktioniert/
Fazit:
Die gemeinsame und gelebte Identität ist schon lange Standard vieler Mannschaften. Es beschreibt, wer man ist und/oder sein möchte, welche Werte man vertritt und wo man die eigenen Aufgaben und die eigenen Stärken sieht. Ein solches Leitbild ist auch bei der WM hilfreich, denn es erleichtert die Identifizierung des Einzelnen mit dem Gesamten.
Ich glaube also, dass die Wahl der Unterkunft auch eine tiefere Ebene hat. Und ich hoffe, dass der funktionale Charme von Watutinki dem Geist vom Campo Bahia, was die sportlichen Ergebnisse angeht, an Magie in nichts nachsteht.
Mehr von Dr. René Paasch:
http://www.die-sportpsychologen.de/author/rene-paasch/
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