Die meisten Sportler können gar nicht mehr anders als sich und ihre Leistungen in den sozialen Medien zu präsentieren. Virtuelle Freunde „liken“, „sharen“ und kommentieren, bis sich die Tastaturen oder Touchpads biegen. Aber ist das nicht gefährlich, geht es nicht mehr denn je um das Feedback von „außen“? Und bleibt damit in der mehr und mehr gläsernen und fremdbestimmten Welt, in die uns Smartphones, Smart Watches und smarte Bordcomputer führen, nicht die intrinsische Motivation auf der Strecke? Was müssen wir Sportpsychologen wissen, um richtig auf die Entwicklungen zu reagieren und unseren Sportlern auf ihrem Weg zu Höchstleistungen weiter effektiv und angemessen helfen zu können?
Zum Thema: Hingabe vs. Selbstdarstellung: Das motivationale Ungleichgewicht einer neuen Zeit (Aus der Reihe: Was moderne Sportpsychologen über soziale Medien wissen sollten – Teil 3)
Auf der Suche nach eben dieser intrinsischen Motivation, die von uns selbst kommt und nicht durch externe Faktoren vorgegeben werden kann, frage ich mich, ob wir nicht generell in einer Zeit des motivationalen Ungleichgewichts leben? Bedingt durch die zunehmende Technologisierung unserer Schritte, gar unserer Leben, das wir ständig und vor allem mit virtuellen Freunden teilen wollen, sehe ich die Bedeutung an EIGENER Motivation wieder größer werden! Diese intrinsische Motivation ist es nämlich, die sich der Sache selbst annimmt und damit die Achtsamkeit auf den Moment fördert. Während die extrinsische und damit von außen vorgegebene Motivation immer auf die Erfüllung eines Zwecks, die Generierung von Macht und sonstige Zielen ausgerichtet ist. (Mc Reynolds, 1971)
So könnte man Dinge, die durch intrinsische Motivation erzielt werden, mit dem Erleben des FLOW Zustandes vergleichen (nach M. Csikszentmihalyi, 1993). Dieses Gefühl des vollkommenen Aufgehens in einer Tätigkeit ist es nämlich, das uns fehlt, während wir mit unserer Selbstdarstellung beschäftigt sind.
Doch für wen laufen wir, wenn nicht für uns selbst – oder unsere Running-App? Und für wen erklimmen wir die höchsten Berge, wenn nicht für unser eigenstes Seelenwohl – oder den Hashtag #instalive?
Zurück zur eigenen Motivation: Sportpsychologische Betreuung im Wandel der Zeit
Als Sportpsychologen einer technologisierten Zeit sehe ich uns daher in der Pflicht, Themen wie die extrinsisch geleitete Motivation aufzugreifen, um gemeinsam mit unseren Athleten an funktionaler Zielsetzung arbeiten zu können. In Balance zwischen dem für unsere Athleten so wichtigen „Außen” sollten wir es uns zur Aufgabe machen, Ihnen vor allem ihr eigenes und alleiniges “Innen” wieder vor Augen zu führen, zu spüren und schätzen zu lassen.
Weil unser smartes Selbst immer der größte Motivator bleiben wird, um UNSERE Ziele zu erreichen.
Tipps zur Auflösung des motivationalen Ungleichgewichts:
- Zielsetzung hinterfragen (für wen wollen unsere Sportler was erreichen?)
- Ziele überarbeiten und erarbeiten (wodurch lassen sich unsere Athleten wirklich motivieren?)
- Offline-Strategien erarbeiten (wann kann z.B.: das Smartphone auch mal ausgeschaltet werden?)
- Online-Strategien überarbeiten (Voraussetzung dafür sind Grundkenntnisse im Bereich der neuen Medien)
Johanna Constantini: Was moderne Sportpsychologen über soziale Medien wissen sollten
Johanna Constantini: Chancen und Risiken sozialer Medien für die moderne Sportpsychologie
Quellen:
The nature and assessment of intrinsic motivation. McReynolds, 1971.
in P. Reynolds (Ed.), Advances in psychological assessment. Palo Alto, CA: Science and Behavior Books.
Mihaly Csikszentmihalyi: Das Flow-Erlebnis – Jenseits von Angst und Langeweile: im Tun aufgehen. 1993, ISBN 3-608-95338-8, S. 69.
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