„Das macht doch alles das Pferd, oder nicht?“ Diesen oder ähnliche Sätze haben viele Pferdesportler nicht nur einmal gehört. Doch was ist dran, am allgemeinen Glauben, dass das Pferd beim Reiten den Großteil der Arbeit übernimmt? Erstmals nicht viel, soviel sei gesagt! Denn von ReiterInnen wird allerhand Fingerspitzengefühl abverlangt, um mit den Lebewesen unter ihnen erst umgehen zu können. Natürlich dürfen den Pferden gewisse Grundvoraussetzungen wie ein gewisses Maß an Mut bei Springpferden oder ein schwungvoller Gang in der Dressur nicht abgesprochen werden, doch im Endeffekt führt das Zusammenspiel von zwei Athleten zum Erfolg.
Zum Thema: Über welche mentalen Qualitäten müssen Reiter also verfügen? Was macht den Sport zur Herausforderung und wo kann sportpsychologisch angesetzt werden, um die Leistungen im Sattel zu optimieren?
In kaum einer anderen Sportart ist die Kontrolle der eigenen Emotionen derartig wichtig. Und zwar nicht, weil sich AthletInnen anderer Disziplinen ungeniert ärgern und damit in ihrer Leistung hemmen dürfen, sondern weil Emotionen sich im Pferdesport direkt auf das Pferd auswirken! Die Kontrolle der eigenen (negativen) Emotionen ist daher eine mentale Grundvoraussetzung, um vor allem pferdegerechten Sport ausüben zu können!
Auf die-sportpsychologen.de habe ich mich bisher dem Umgang mit Sozialen Medien in der Sportpsychologie gewidmet und meine Blogs zum Thema „Generation digital native – was der moderne Sportpsychologe über soziale Medien und Nachrichtendienste wissen sollte“ verfasst (Link: http://www.die-sportpsychologen.de/2018/02/08/johanna-constantini-chancen-und-risiken-sozialer-medien-fuer-die-moderne-sportpsychologie/). Heute wage ich einen Exkurs und finde mich im Pferdesport wieder. Klar, auch hier spielt der Umgang mit sozialen Medien eine große Rolle. Vor allem aber gibt es viel mehr Bereiche, die sportpsychologisch von großer Relevanz sind!
Nicht nur die emotionale, sondern auch die körperliche Haltung ist für PferdsportlerInnen von besonders großer Bedeutung. Wer jemals einem rund 800 Kilo schweren Lebewesen gegenüber gestanden ist, der kann sich vielleicht auch vorstellen warum. Das Pferd zählt zu den Fluchttieren, weshalb es von seinem Reiter stets Sicherheit vermittelt bekommen muss. Mit einer aufrechten Körperhaltung, einem adäquaten Embodiment also, können SportlerInnen diese vermitteln.
Selbstgespräche und Angst
Sowohl mit der körperlichen Haltung, als auch mit deiner emotionalen Einstellung geht das Selbstgespräch einher und umgekehrt. Wie Eberspächer schon 2004 angedeutet hat, „kippt als erstes das Selbstgespräch“. Im Pferdesport ist dieses besonders wichtig, da es sich ebenfalls mit sofortiger Wirkung auf den Sportpartner Pferd auswirkt. Ins Positive wie ins Negative.
Ein Thema, dass mir in meiner praktischen Arbeit mit PferdesportlerInnen immer wieder unterkommt, ist die Angst im Sattel. Angefangen von sozialen Ängsten, dem Publikum, Trainer oder Sponsoren (die im Pferdesport eine wesentliche Rolle spielen) nicht zu genügen, bis hin zu schwerwiegenden Belastungen aufgrund von Unfällen, Stürzen und ähnlichem. Ängste mit auf´s Pferd zu nehmen ist schwierig, weil die Pferde auch darauf sensibel reagieren und auch hier das Gefühl einer sicheren Verbindung zwischen Reiter und Pferd verloren geht. Zu diesem Thema möchte ich betonen, dass Angst wie alle anderen Themen, die SportlerInnen beschäftigen, individuell betrachtet werden muss. Angefangen von einfachen Relativierungsstrategien über desensibilisierende Methoden gibt es in diesem Bereich sportpsychologisch zahlreiche Möglichkeiten.
Verschiedenartigkeit der Pferde
Im Pferdesport ist es üblich, dass – besonders auf höherem Turnierniveau – ein Reiter auf mehrere Pferde kommt. Daher beschäftigt sich ein Bereich der sportpsychologischen Arbeit im Pferdesport auch mit der Umstellung zwischen den verschiedenen Pferden. Keines dieser Lebewesen gleicht dem anderen und hat man die Verschiedenartigkeit der Pferde als Athlet erst begriffen, kann man sie zu seinem Vorteil nutzen.
Folgendes Zitat des US-amerikanischen Springreiters Mclain Ward fasst diesen Vorteil treffend zusammen: „Wenn ich an all meine Pferde denke, erinnere ich mich an welche, die braver und mutiger waren als andere. Doch sie alle waren gütig. Was wir von jedem Einzelnen lernen können ist wohl unser größtes Geschenk“.
Mit diesen und vielen anderen Geschenken, die der Pferdesport für uns bereit hält, beschäftige ich mich in meiner täglichen sportpsychologischen Arbeit. Für die Menschen und für die Pferde.
Weitere pferdesportspezifische Blogs verfasse ich alle 14 Tage auch für Österreichs größtes Pferdesportportal www.equestrian-worldwide.net unter dem Schlagwort „eqwo health“
Literatur
Gut sein, wenn´s drauf ankommt! Von Top-Leistern lernen. Eberspächer, H. Karl Hanser Verlag GmbH Co KG. 2011
http://nfstyle.com/what-mclain-ward-said-about-horses-is-a-lesson-for-all-of-us/
Bilder:
Als aktive Pferdesportlerin kann ich auf meine eigenen Erfahrungen, Höhen & Tiefen zurückgreifen. © Fotoagentur Dill
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