Wie in meinem ersten Blog über die Nutzung sozialer Medien in der modernen Sportpsychologie angekündigt, widme ich mich in Teil II nun einem weiteren Kanal. Davon gibt es zahlreiche, denn vor allem die junge Generation verbringt ihre Tage mehr und mehr online. Auch zahlreiche Athleten* – wie ich aus meiner Arbeit als Sportpsychologin weiß – surfen ständig in den Sozialen Netzwerken, checken ihren Facebook Account mehrfach täglich, erwarten „Likes“ und „Follower“ für ihre bearbeiteten Bilder auf Instagram oder „snappen“ direkt vom Trainingsgelände.
Zum Thema: Was moderne Sportpsychologen über soziale Medien wissen sollten – Teil 2
Ein für mich aufgrund meiner Praxiserfahrung sehr bedeutendes soziales Medium, das genau genommen gar nicht zu den Social Media Kanälen, sondern zu den „Instant Messaging Diensten“ zählt, ist WhatsApp. Seit 2014 ebenfalls Teil des Imperiums der Facebook Inc. wächst der Nachrichtendienst unaufhaltsam. Wie der Name „Instant Messaging“ schon sagt, führt auch WhatsApp – genauso wie Instagram, der Facebook Messenger und Snapchat – nicht nur zu einer Zunahme, sondern auch zu einer enormen Beschleunigung unserer Kommunikation.
Der Online-Nachrichtendienst hat die herkömmlich SMS, ja sogar die etwas modernere MMS nicht nur bei Sportlern schon längst in den Schatten gestellt und – was ihn für mich so entscheidend macht – führte in den letzten Jahren zu einer immensen Zunahme unserer „Online Kommunikation“. Alleine 2017 wurden täglich rund 700 Millionen WhatsApp Nachrichten versendet (Focus, 2017), im Januar 2018 zählte das amerikanische Unternehmen bereits 1,5 Milliarden User (Statista, 2018). Dabei funktioniert WhatsApp wie eine Art „moderne SMS“, die es zulässt nicht nur Textnachrichten, sondern auch Bilder, Videos, Sprachnachrichten und Dokumente kostenfrei über eine WLAN Verbindung oder das Mobile Handynetz zu versenden.
Gratis oder doch auf Kosten UNSERER Zeit?
Ich selbst stehe mit beinahe allen meiner Sportler per WhatsApp in Kontakt. Einige verfügen sogar über WhatsApp-Gruppenchats, in denen Trainingszeiten, sonstige Termine und allgemeine Infos geteilt werden. Was mir in den letzten Monaten dabei besonders auffällt ist das unmittelbare Antwortverhalten meiner Athleten, sobald ich ihnen eine Nachricht sende. Und ich frage mich: Sollten sie nicht gerade offline sein?
Nicht nur einen, sondern gleich zwei “Häkchen” hat der Instant Messaging Dienst WhatsApp. Diese zeigen nämlich empfangene Nachrichten an und färben sich sogar blau ein, sobald der Empfänger ihren Inhalt gelesenen hat. Das bedeutet, wenn jemand ein WhatsApp empfängt und die Nachricht öffnet, wird unmittelbar ein sogenannter „Gelesen-Status“ angezeigt. Nur wehe, wenn die Antwort nicht auf die Sekunde folgt – Kein Wunder also, dass nicht nur meine Athleten ständig online sein wollen.
Offline Zeit als wichtig(st)er Trainingsfaktor!
Es liegt wohl in der Natur unserer Zeit, dass wir einander ständig gegenseitig Rückmeldung über unser Tun geben müssen. Ob anhand der blauen Häkchen einer gesendeten und gelesenen WhatsApp Nachricht, unseres Newsfeeds auf Facebook der vermeintlichen „Freunden“ zeigt, was uns gerade beschäftigt oder eines Instagram Bildes direkt aus unserem Leben gegriffen (und bearbeitet). Kein Wunder also, dass wir – und unsere Sportler – immer und zu jeder Zeit das Gefühl haben, Rede und Antwort stehen zu müssen. Dabei wäre die Konzentration auf uns selbst und unser Tun – besonders, wenn wir (sportliche) Höchstleistungen vollbringen wollen – doch wichtiger, oder nicht?
Johanna Constantini: Was moderne Sportpsychologen über soziale Medien wissen sollten
Offline geht kaum – was tun? Tipps, um Athleten auch mal „auszuloggen“!
—> Genauso wie die täglichen Trainingszeiten meiner Athleten gehört für mich der Programmpunkt „Offline“ ganz klar in die Tagesstruktur. Erfahrungsgemäß werden dabei vorab schriftlich festgelegte Zeiten und Vereinbarungen eher eingehalten, als die mündliche Ermahnung, das Handy auch mal wegzulegen.
—> Apropos Schrift: Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer weist in seinem Bestseller „Das unsoziale Gehirn“ eindrucksvoll daraufhin, dass handschriftlich Verfasstes unser Gehirn aktiv fordert, während Tippen „ohne Denken funktioniert“ (Spitzer, 2013). Dessen sollten wir uns bewusst sein und als Sportpsychologen mit unseren Athleten das gute alte Trainingstagebuch (re)aktivieren!
—> Konzentrationsübungen können ebenfalls helfen, Sportler von der Übermacht ihrer Smartphones fernzuhalten. Dabei ist es empfehlenswert, die gewünschten Offline-Zeiten in diverse Challenges zu integrieren. Schafft es der Sportler, die blauen Häkchen auch mal zu ignorieren um sich voll und ganz auf sein Training zu konzentrieren, ohne online zu gehen?
→ im konkreten Fallbeispiel: WhatsApp Einstellungen – Account – Datenschutz – Lesebestätigungen ausschalten (funktioniert übrigens auch für andere Messenger Dienste). Als erster Schritt von den blauen Häkchen weg sozusagen…
* Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichte ich in diesem Blog darauf zu gendern und spreche jeweils Männer und Frauen an.
Literatur
Prof. Dr. Dr. Spitzer, M. (2013): Das (un)soziale Gehirn; Taschenbuch.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/285230/umfrage/aktive-nutzer-von-whatsapp-weltweit/
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