Was passiert, wenn sich ein Mentalcoach mit einem Olympiasieger, einem Sportpsychologen, sowie Vertretern aus der Sport-Verwaltung und der Wirtschaft trifft? Man philosophiert darüber, was denn für Athletinnen und Athleten, für Trainerinnen und Trainer, für Eltern, für Verbands- und Vereinsverantwortliche wichtig ist, um im Sport erfolgreich sein zu können.
Zum Thema: Werkschau – Wie in einer österreichischen Region eine Sportkultur erarbeitet wird (Teil 1)
So geschehen im Olympiazentrum Vorarlberg. Und was daraus entstanden ist, sind so genannte fünf Erfolgsvoraussetzungen für den Vorarlberger Spitzensport: „Begeisterung“, „Mut“, „Wille“, „Eigenverantwortung“ und „Gespür“. Hinter diesen Erfolgsvoraussetzungen verbirgt sich eine bestimmte Haltung, ein bestimmtes „Mindset“, wenn man so will, eine bestimmte Kultur des Umganges und des Strebens nach Erfolg. Und genau daran wollen wir gemeinsam arbeiten: An einer neuen Sportkultur im Land Vorarlberg.
Aber hier lag auch schon die große Schwierigkeit: Wie gestaltet man einen Prozess, bei dem es um „Kulturentwicklung“ geht? Wir wissen, dass eine starke und identitätsstiftende Kultur in einem Unternehmen ganz entscheidend für den Unternehmenserfolg ist. Beispiele hierfür kennen wir zur Genüge, denken wir dabei nur an Unternehmen wie beispielsweise „Apple“ oder „Hewlett-Packard“. Aber wie lässt sich eine neue Kultur im Sport entwickeln?
Das „magische Dreieck des Sports“
Wir einigten uns darauf, klein anzufangen. Um damit einen ersten Impuls zu setzen und vor allem Erfahrungen zu sammeln. Wir setzten uns gemeinsam mit dem Vorarlberger Skiverband, einem Verband mit anerkanntem Leistungszentrum zusammen und überlegten uns, wie wir einen solchen Prozess starten könnten? Uns war schnell klar, dass wir an mehreren, unmittelbar an der Sportart beteiligten Personengruppen ansetzen müssen. Da kam uns das „magische Dreieck des Sports“ in den Sinn:
Wir entschieden uns, in einem ersten Schritt mit den Trainerinnen und Trainern des Vorarlberger Skiverbandes zu arbeiten, da diese in unmittelbarer Betreuung der Athletinnen und Athleten stehen und sie diese durch ihre Haltung und Trainingsphilosophie in ihrer Entwicklung ganz wesentlich beeinflussen. Insgesamt beteiligten sich 16 Trainerinnen und Trainer an diesem Prozess.
Erfolgsvoraussetzungen im Fokus
Mir ging es darum, eine Lernplattform zu schaffen und insbesondere eine Reflexion in Gang zu setzen, mit dem Ziel, abschließend Trainings- und Messmodelle an der Hand zu haben, die es uns ermöglichen, die fünf Erfolgsvoraussetzungen zu entwickeln und deren Ausprägung zu messen.
Möchte man einen solchen Prozess starten, dann können bei den Trainerinnen und Trainern gewisse „Ängste“ entstehen: „Nun wird die eigene Arbeit oder der eigenen Coaching-Stil in Frage gestellt“, „Jetzt müssen Kompetenzen abgegeben werden“ oder „Jetzt kommt noch mehr Arbeit auf uns zu“.
Logische Ängste und Bedenken
Diese Ängste und Bedenken wahr- und auch ernst zu nehmen und diesen Raum zu geben, halte ich in diesem Zusammenhang für ganz entscheidend. Das ganze kann mit einem Veränderungsprozess verglichen werden. Dabei sollte folgendes berücksichtigt werden:
- Die Führungskräfte des Fachverbandes müssen für dieses Projekt begeistert werden
- Transparenz bei den Beteiligten durch Kommunikation schaffen
- Die betroffenen Trainerinnen und Trainer ganz stark beteiligen
- Nicht alle Lösungen bereits vorgeben
- Eine Vision schaffen
Sensibilisieren für das Thema
Im Rahmen unseres Prozesses starteten wir mit einem sogenannten „Inspirations-Workshop“. Zu diesem Zweck luden wir vier Personen aus dem Sport, der Wirtschaft und der Kirche (!) ein, die eingeladen waren, ihre persönliche Sicht der fünf Erfolgsvoraussetzungen zu schildern. Dieser Schritt eignete sich aus meiner Sicht hervorragend, auf das Thema einzustimmen, zu sensibilisieren und Appetit auf den gemeinsamen Prozess zu machen.
Die erste Phase des Projektes ist mittlerweile abgeschlossen. Es liegen für alle fünf Erfolgsvoraussetzungen Mess- und Trainingsmodelle vor. Diese werden von den Trainerinnen und Trainern gegenwärtig auf Praxistauglichkeit getestet. Die Ergebnisse werden im Frühling gemeinsam zusammengetragen und wo notwendig Adaptierungen vorgenommen.
Das Projekt startet in die zweite Phase
Im Rahmen der 2. Phase des Projektes wird gegenwärtig für die Eltern der Athletinnen und Athleten ein Workshop-Design ausgearbeitet. Parallel dazu sind für die Weiterentwicklung der Coaching-Philosophie der Trainerinnen und Trainer mehrere Module geplant, die sich mit Themen wie bspw. „Teambuilding in Einzelsportarten“ sowie „Führen von sich selbst und Athletinnen und Athleten“ befassen werden.
Es bleibt also spannend! ☺ Und ich werde weiterhin berichten.
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