Thorsten Loch: Was Handballtrainer der neuen Generation ausmacht

Vor der Handball-Europameisterschaft jubelte das ZDF, dass der neue deutsche Bundestrainer Christian Prokop der Julians Nagelsmann des Handballs sei. Während und vor allem nach dem enttäuschend verlaufenen Turniers wird nun anders über den jungen Cheftrainer diskutiert. Seine Zukunft im Amt, ein Jahr vor der Handball-WM im eigenen Land, ließen die Verantwortlichen wie Vizepräsident Bob Hanning zuletzt offen. Fest steht: Prokop ist ein Vertreter einer neuer Handball-Trainergeneration. Diese erfinden das Spiel zwar nicht neu, setzen aber individuelle Schwerpunkte und verhalten sich zum Teil anders. Mir sind ein paar Dinge aufgefallen, an denen erfahrene wie junge Trainer mit Verankerung in der Sportpsychologie arbeiten können.

Zum Thema: Coaching am Spielfeldrand – Grenzen der Einflussmöglichkeiten

Wie im Fußball sind die neuen Handballtrainer gut ausgebildet und verfügen über aktuelles und spezialisiertes Wissen. Aber: Ist das Spiel aber einmal im Gange, können Trainer nur noch in einem geringen Maße Einfluss auf das Spielgeschehen nehmen. In diesen Augenblicken ist der junge wie der erfahrene Trainer abhängig von seinen Spielern, denn schließlich ist es ihm nicht möglich „auf den Platz zu stürmen“ und das Tor selbst erzielen. Dies ist nicht immer ein schönes Gefühl, jedoch sollte sich dies jeder Trainer bewusst sein und Strategien entwickeln, diese erlebte Ohnmacht aushalten zu können. Diesen Themenkomplex werde ich einem späteren Beitrag einmal aufgreifen, schauen wir uns jetzt erst einmal ganz nüchtern die wesentlichen Aufgaben eines Trainers während des Wettkampfs an, die Lothar Linz (2004) zusammengetragen hat:

  • Verbale und emotionale Unterstützung des Teams.

  • (Fehler-)Analyse des Spiels aus taktischer und psychologischer Sicht.

  • Taktische Korrekturen und Beeinflussung der Einstellung.

  • Ein- und Auswechslung von Spielern.

  • Gezielt gesetzte Auszeiten.

Der Trainer als Unterstützer und wichtiger Signalgeber

Vornehmliche Aufgabe sollte es sein, dass sie ihr Team unterstützen. Dies geschieht vorwiegend über Rufe und Gesten am Spielfeldrand. Viele junge Trainer, wie Christian Prokop, wissen, dass die Spieler weitaus mehr registrieren als bislang gemeinhin angenommen wurde. Dies bezieht sich auch auf die Interaktion mit den Einwechselspielern.

Wie mag sich wohl der Einwechselspieler auf der Bank fühlen – welcher möglicherweise gleich ins Spiel kommt – wenn sie als Trainer das Handeln seiner Mitspieler runter macht? Die Antwort können sie sich denken. Wird jener den Mut aufbringen eine entscheidende Aktion zu riskieren oder wird dieser eher gehemmt auftreten um ja keinen Fehler zu begehen? Machen sie sich die Mühe und beobachten Trainer am Spielfeldrand. Sie werden erkennen, dass wenige Trainer mit den Reservespielern sprechen. Jedoch liegt hier ein großes Potential. Insbesondere beim Handball, wo der Spielerwechsel (Interchanging) keine große Sache ist, weil dem Trainer die Möglichkeit geboten wird freizügig mit den Auswechslungen umzugehen.

Coaching über die Bank

Machen sie sich klar, dass die Spieler auf dem Feld unter Stress stehen und manch einer ihre Anweisungen überhaupt nicht mitbekommt. Andere hingegen können die Anweisungen nicht handlungsdienlich umsetzen und weitere reagieren einfach nur mit Ärger auf Anmerkungen. Im Gegensatz dazu haben die Ergänzungsspieler mehr Ruhe und sie können mit diesen in einen direkten Dialog treten. Führen sie sich vor Augen, dass dies die Spieler sind, die gleich, wenn sie ins Spiel kommen, entscheidende Veränderungen in das Spiel bringen sollen. Vor allem in der zweiten Halbzeit, wenn das Spiel meist hektischer wird, empfiehlt es sich, vermehrt über die Bank zu coachen.

Tipp: Ich lade sie dazu ein und lassen sie sich von einem Bekannten während eines Spiels filmen. Möglicherweise werden sie erschrocken über sich selbst sein, wie sie sich am Spielfeldrand verhalten. Das Ergebnis kann jedoch sehr aufschlussreich sein und ggf. haben sie dann ein wenig mehr Verständnis für manche Reaktion ihrer Schützlinge. In Zusammenarbeit mit einem Sportpsychologen können sie ihr eigenes Coaching verbessern (Coach the coach – Ansatz), was sich zwangsläufig auch auf die Performance der Athleten auswirken wird. Gern stehe meine Kollegen (Profilseiten Die Sportpsychologen) und ich (zum Profil von Thorsten Loch) für alle Rückfragen bereit.

Klare Rollenzuweisung

Gerade für junge Trainer ist es wichtig, sich ihrer Rolle und deren Facetten klar zu sein. Im Fokus steht hier, dass Trainer im Spiel eine andere Rollen einnehmen sollten als im Trainingsalltag. Wie meine ich das konkret?

Unter der Woche im Training besteht ihre Aufgabe darin, die Spieler auszubilden. Dazu arbeiten sie an den Schwächen und Stärken der Mannschaft. Während des Spiels müssen sie die Rolle des Ausbilders ablegen. In diesem Moment sind sie nicht mehr der Trainer sondern Coach. Soll heißen: Nutzen sie ihre Position am Spielfeldrand, um dem Team Unterstützung und hilfreiche Hinweise zu geben und um die Mannschaft zu führen. Dies sind zwei völlig unterschiedliche Aufgaben. Machen sie sich dies bewusst. Umso besser es ihnen gelingt die jeweilige Rolle anzunehmen, umso leichter wird ihnen die Arbeit fallen und desto größer wird ihre positive Wirkung auf die Mannschaft sein.

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Thorsten Loch
Thorsten Lochhttp://www.die-sportpsychologen.de/thorsten-loch/

Sportarten: Fußball, Badminton, Leichtathletik, Sportschießen, Karate, Skateboarding

Hennef, Deutschland

E-Mail-Anfrage an t.loch@die-sportpsychologen.de

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