Diese Frage wird mir sehr oft gestellt, denn auch ich gehöre ja zu den zahlreichen Autoren, die Bücher über Sportpsychologie, sowohl im akademischen, als auch in der praktischen Anwendung geschrieben und veröffentlicht haben. Ob dieses Vorgehen „Wirksamkeit“ nach sich zieht oder eben nicht, sei zunächst mal dahin gestellt. Klar ist jedenfalls, dass „Wissen“ immer vor „Anwendung“ stehen sollte. Somit breche ich schon mal eine Lanze für das Schreiben und Veröffentlichen von Fachbüchern. Und dennoch gilt es hier zu unterscheiden, denn die Qualität solcher „Ratgeber-Bücher“ ist höchst unterschiedlich. Aber dies soll jetzt nicht die Ausrichtung meines Blog-Beitrags sein.
Zum Thema: Der Transfer von der Theorie in die Praxis
Ich bin ja bekannt dafür, dass ich sowohl Filme, als auch Bücher über sportpsychologische Anwendung sammle. Ich kann mich übrigens noch an letztes Jahr erinnern, als wir bei „die-sportpsychologen“ einen „Adventskalender“ hatten, bei der man täglich eine „Film-Empfehlung“ aus unserem Netzwerk lesen konnte, die in irgendeiner Art und Weise etwas mit „Sportpsychologie“ zu tun hatte. Dazu haben viele der Profilinhaber auf ihrer individuellen Profilseite ihre Lieblingsfilme angegeben – ein Blick lohnt sich bestimmt (zu den Profilseiten).
Zu Weihnachten bekam ich von meiner Frau unter anderem ein bemerkenswertes Buch geschenkt, nämlich die neue Veröffentlichung von Waldemar Cierpinksi: „42,195 – auf den Spuren zweier Marathon-Olympiasiege“, gerade erst erschienen bei Acasa Werbung und Verlag. Wenn schon das Vorwort von Waldemar Cierpinski überschrieben ist mit „Der Kopf läuft immer mit“, dann wird ein Sportpsychologe sofort hellwach. Im Buch enthalten – neben einigen weiteren Kurzbeiträgen von Heinz Florian Oertel und Klaus Weidt, der Waldemar Cierpinski zu seinem Leben interviewt hat – ein echtes „Insight“ zu seinen beiden Marathon-Olympiasiegen in Montreal und Moskau.
Fundgrube für alle, die wissen wollen, „wie man es macht“
Mit echtem „Insight“ meine ich nicht nur eine Beschreibung dessen, was damals passiert ist (denn das ist ja ohnehin bekannt und wurde schon tausend Mal erzählt), sondern eben Cierpinski`s Gedanken und Emotionen, die er vor, während und nach den beiden Läufen erlebte; insbesondere in den kritischen Phasen der Vorbereitung sowie während des Rennens. Deutlich wird eben auch die stresspuffernde Wirkung des sozialen Unterstützungs-Systems (und damit meine ich nicht das DDR-Sportsystem! – aber lest selbst). Diese Berichte von Cierpinski sind eine echte Fundgrube für alle, die wissen wollen, „wie man es macht“.
Er erklärt zwar keine psychologischen Grundlagen (also z.B. Stress- oder Volitionstheorien, und auch keine sozialpsychologischen Modelle), aber er füllt, das was wir aus der Theorie und Forschung kennen „mit Leben“. Er berichtet sehr authentisch, welche Gedanken und Selbstinstruktionen ihm geholfen haben, diese unglaublichen Trainingsumfänge umzusetzen. Er beschreibt die entscheidenden Rennsituationen und seinen Weg zur (offensichtlich) richtigen Entscheidungsfindung. Dazu lässt er uns an seinen Gefühlen teilhaben, die ihn ständig begleitet haben. Und genau das macht dieses Buch so einzigartig. Nur ein einziges Mal bekam ich ähnliches zu lesen, nämlich im Buch von Dieter Baumann („Ich laufe keinem hinterher“), in dem er in einem Kapitel seinen 5000-Meter Olympiasieg rekapituliert. Auch dieses Werk kann ich sehr empfehlen.
“Was” und “Wie”
Kommen wir also zurück zu meinem „Blog-Titel“: Kann man sich sportpsychologisches Wissen durch Bücher aneignen? Ja, das kann man sicherlich – aber eben nicht nur Fachbücher, die das „Was“ erklären, sondern eben nur in Kombination mit solchen Büchern, wie von Waldemar Cierpinski, die eben auch etwas zum „Wie“ sagen können – beides in Kombination ist perfekt! Für unseren Blog sind solche Veröffentlichungen echte Inspiration – schließlich geht es uns um den Transfer aus der Theorie in die Praxis.
Übrigens, sehr gefreut hat mich auch die Widmung, die in meinem Exemplar zu lesen war: „Lieber Oliver, mit besten Wünschen – dein Freund Waldemar Cierpinski“ – danke lieber Waldi!
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