Ende Januar schließt das Transferfenster im internationalen Fußball. Da wir von einem – freundlich formuliert – etwas überhitzten Markt sprechen, sind in den nächsten Tagen noch einige Veränderungen in den Teams zu erwarten. Allerdings gelten allen voran Winter-Neuzugänge als schwieriges Thema, da kaum Zeit bleibt, die Akteure zu integrieren. Und richtig spannend wird es, wenn ein Verein einen Starspieler verpflichtet. Nicht selten misslingen solche Transfercoups, weil der vermeintliche Heilsbringer in Durchschnittsleistungen versinkt. In der Sportpsychologie ist dieses Phänomen bekannt und es gibt ein paar Werkzeuge.
Zum Thema: Das Hellpasche Nivellierungsphänomen
Mit einer Verpflichtung erhoffen sich alle Beteiligten eine Leistungssteigerung der Mannschaft. Doch dieser Wunsch wird nicht immer erfüllt. Nach einiger Zeit stellen sie fest, dass der so hochgelobte Spieler kaum noch in Erscheinung tritt, sprich: er ist im Mittelmaß der Mannschaft verschwunden. Woran könnte es liegen und welche Möglichkeiten bieten sich dem Trainer, diesem Phänomen entgegenzutreten?
Bereits Aristoteles hat davon gesprochen, dass der Zug zur Mitte Extreme auszugleichen sucht. Diese Tendenz ist auch bei Mannschaften und Gruppen zu beobachten. Die Angleichung an die Mannschaftsnorm kann ein Grund für die Nivellierung und die Ursache für das Verschwinden individueller Impulse sein, jene Impulse für welcher der Spieler eigentlich geholt wurde. Das betrifft sowohl den Außenseiter, den Extremisten als auch den Star. In Anbetracht dem aristotelischen „Zug zur Mitte“ sagt das Hellpachsche Nivellierungsphänomen aus, dass leistungsstarke Spieler schwächer werden und sich dem Mittelmaß der Mannschaft angleichen. Demgegenüber streben die Leistungsschwächeren ebenfalls zur Mitte, d.h. sie steigern sich in ihrer Leistung. Die Mannschaft versucht also, die Unterschiede innerhalb der Mitglieder möglichst gering zu halten und ein gemäßes Mittelmaß zu erreichen. Die zentrale Frage ist nun, wie kann man die Leistungsminderung des leistungsstärkeren Spielers verhindern bzw. wie gelingt es, die Leistungsfähigkeit der Mannschaft durch den „Starspieler“ anzuheben und dem Hellpachschen Phänomen entgegenwirken?
Belohnung oder überzeugende Argumente?
Im Wesentlichen stehen hierfür zwei Möglichkeiten zur Verfügung:
- Stachanoff-Methode
Diese Methode kam erstmals bei russischen Arbeitern zum Einsatz. Um zu verhindern, dass der Star sich nicht gemäß des Phänomens dem Mittelmaß angleicht, wurden seine Leistungen und die dadurch erreichten Vorteile gesondert hervorgehoben. Probate Mittel waren früher wie heute noch häufig im Profibereich anzutreffende Gesten wie Auszeichnungen, Geschenke oder finanzielle Sonderprämienen.
- Gemeinsamer Entschluss zur Hebung der Gemeinschaftsleistung
Günstiger ist es, wenn Trainer und Mannschaftsmitglieder gemeinsame Wege durch gemeinsame Diskussionen und gemeinsame Wege finden, auf welche Art und Weise der größtmögliche Vorteil für die Mannschaft durch die Integration des leistungsstarken Neuen zu erreichen ist. Die Betonung liegt hier auf gemeinsam! Ziel dieser Vorgehensweise muss es sein, dass die Teammitglieder erkennen, dass auch nur sie von der Leistungsstärke des neuen Spielers Benefit herausschlagen können, wenn sie diesen insoweit unterstützen, dass er seine Stärken mannschaftsdienlich einbringen kann. Mittels gemeinsamer Festlegung der Möglichkeiten dies zu realisieren, kann eine Anhebung des Mannschaftsniveaus erreicht werden. Aber: In diesem Zusammenhang müssen auch die „Erscheinungen“ der sozialen Faulheit und der so genannten Trittbrettfahrer berücksichtigt werden. Letztendlich sind Verhaltensänderung durch Mannschaftsgespräche der Stachanoffschen Belohnungsmethode vorzuziehen, da der gemeinsame Konsens zwangsläufig zu einer gemeinsamen Verantwortung führt.
Fazit
Wir dürfen gespannt sein, in welchem Ausmaß sich das Transferkarusell dreht und wie es den einzelnen Teams gelingt, ihre Neuen in das bestehende Mannschaftsgefüge zu integrieren, damit der gewünschte Effekt der Leistungssteigerung auch tatsächlich in Erscheinung tritt. Im Allgemeinen kann man sagen, dass durch eine klare Aufgaben- und Rollenverteilung innerhalb der Mannschaft, die von allen akzeptiert und gelebt wird, es möglich wird, das Hellpachsche Phänomen zu verhindern. An dieser und anderen Stellen könnte ein Sportpsychologe das Trainerteam als Berater/Moderater oder ähnliches zur Seite stehen und unterstützende Hilfestellungen geben. Leider sehen immer noch viele Trainer dies als reine Traineraufgabe und nehmen keine „Hilfe“ in Anspruch. Sollten sich bei ihnen durch diesen kleinen Beitrag eine neue Tür geöffnet haben, dann scheuen sie sich bitte nicht uns zu kontaktieren. Meine Kollegen (zu den Profilen) und ich (zur Profilseite von Thorsten Loch) helfen gern.
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