Markus Gretz: Teamwork makes the dream work

Slowenien hat das Finale der Eurobasket 2017 gewonnen. Im dramatischen Endspiel gegen Serbien behielt das Team um NBA-Star Goran Dragic mit 93:85 die Oberhand. In einigen Medienberichten wird der Europameistertitel vorrangig der Performance des Topspielers Dragic zugeschrieben. Allerdings lieferten die Slowenen im gesamten Turnierverlauf eine grandiose Mannschaftsleistung. Zumal der NBA-Star in den Schlussminuten des Finales von Istanbul sogar zuschauen musste.    

Zum Thema: Psychologische Faktoren für das Zusammenspiel im Team

Das Stichwort für beide Finalteilnehmer war „Team“, denn sowohl Slowenien als auch Serbien konnten schon im Halbfinale ihre Gegner besonders durch eine geschlossene Mannschaftsleistung bezwingen. Beide Teams hatten in den Halbfinals deutlich mehr Assists (Vorlagen) als der Gegner. Während bei den Spaniern nur drei Spieler zweistellig punkteten, konnten sich bei den Slowenen fünf Spieler mit mindestens zehn Punkten in die Statistik eintragen. Auch bei Serbien punktete jeder Spieler, der mehr als eine Minute auf dem Spielfeld stand.

Das Zusammenspiel im Team war also in beiden Halbfinalspielen ausschlaggebend für den Erfolg. Als Sportpsychologen fragen wir uns deshalb oft, was sind die psychologischen Faktoren, die dieses Zusammenspiel beeinflussen und wie können wir diese steigern?

Kohäsion und Vertrauen

Zum einen gibt es in der Sportpsychologie die sozialpsychologischen Phänomene der Gruppen-Kohäsion. Damit ist der Zusammenhalt in Gruppen gemeint. Sportpsychologisch ist es besonders sinnvoll, zwischen aufgabenspezifischer und sozialer Kohäsion zu unterscheiden. Forscher konnten herausfinden, dass vor allem die aufgabenspezifische Kohäsion zu einer besseren Leistung führt. Allerdings hängen soziale und aufgabenspezifische Kohäsion auch stark zusammen und können sich gegenseitig beeinflussen. Die aufgabenspezifische Kohäsion wird vor allem davon beeinflusst, ob man ein gemeinsames Ziel hat und alle Gruppenmitglieder dieses gemeinsame Ziel auch im gleichen Maße verfolgen.

Ein zweiter Faktor, der das Zusammenspiel beeinflusst, ist Vertrauen. Oft hört man in Sportsendungen, dass ein Sportler vermutlich besonders gute Leistungen vollbringen konnte, weil er mit Selbstvertrauen aufgetreten ist. In einem Team ist sowohl das Selbstvertrauen der Einzelakteure von Bedeutung als auch das Vertrauen in die Fähigkeiten der Mitspieler. Die entscheidende Vorlage wird schließlich nur gespielt, wenn man dem Mitspieler auch vertraut, dass er sie verwerten kann. Dennis Schröder, der Anführer und Topscorer der deutschen Mannschaft, die im Viertelfinale am Turnierfavoriten Spanien scheiterte, sagte vor der EM in einem Interview mit dem Basketball-Medium BiG zum Beispiel, dass es für ihn am wichtigsten sei, dass ihm die Mitspieler vertrauten.

Zweifelhaftes Teambuilding

Für Mannschaften ist es demnach besonders wichtig, diese beiden Faktoren zu entwickeln und zu stärken, um im Spiel das Zusammenspiel zu verbessern. In der Vorbereitung auf ein Turnier oder die kommende Saison bietet es sich deshalb an, auch das Teambuilding aktiv voranzutreiben. Etwas abgenutzt sind Teamevents im Klettergarten oder im Raftingboot. Vor allem, wenn sie im Anschluss nicht gut ausgewertet werden, ist der Nutzen von solchen Veranstaltungen oft zweifelhaft.

Entsprechend halten der deutsche Bundestrainer Chris Flemming und Center Johannes Voigtmann laut einem Interview des Centers in der BiG nicht viel von solchen Maßnahmen. Viel wichtiger ist es, mit einer Mannschaft über das gemeinsame Ziel zu sprechen und zu überlegen, welchen Beitrag jeder Einzelne dafür leisten kann und leisten muss. Dadurch kann nämlich die aufgabenspezifische Kohäsion direkter beeinflusst werden. Wenn alle wissen, dass auch die Mitspieler dasselbe Ziel haben, ist es einfacher, Verantwortung aufzuteilen. Anstatt dem Spruch „Teamwork makes the dream work.“ könnte man also auch sagen „A dream makes the Teamwork”.

Auswertung wird oft vernachlässigt

Außerdem muss an dem Vertrauen der Spieler untereinander gearbeitet werden. Auch hierfür gibt es zahlreiche ausgelutschte Teambuilding-Übungen, bei denen man sich beispielsweise mit geschlossenen Augen in die Arme des Mitspielers fallen lassen muss. Wie auch beim Klettergarten ist dabei vor allem die Auswertung solcher Übungen ausschlaggebend. Viel direkter kann auf das spielspezifische Vertrauen eingegangen werden, wenn man die Spieler beispielsweise eine Liste über die Stärken der Mitspieler anfertigen lässt oder über die Stärken und Schwächen gemeinsam spricht. Diese und ähnliche Übungen schaffen oft eine deutlich bessere und schnellere Übertragbarkeit auf das Spiel als unspezifische Vertrauensspielchen.

Im EM-Finale war Dragic mit 35 Punkten zwar der beste Werfer bei den Slowenen, allerdings zeigte auch diese Partie, wie viel Wert das funktionierende Zusammenspiel im Team hat. Als der NBA-Star in den Schlussminuten am Ende seine Kräfte war, übernahmen andere Spieler die Verantwortung und brachten den historischen Sieg für Slowenien ins Ziel. Also doch: „Teamwork makes the dream work.“

Markus Gretz: Rituale im Basketball

 

Quellen:

Alfermann, D. & Stoll, O. (2007). Sportpsychologie. Ein Lehrbuch in 12 Lektionen (Sportwissenschaft studieren, 4) (2. Aufl). Aachen: Meyer & Meyer.

Baumann, S. (2002). Mannschaftspsychologie. Methoden und Techniken (2. Aufl.). Aachen: Meyer & Meyer.

BiG – Basketball in Germany – das Magazin #67

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Markus Gretz
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