Es kursieren seit einiger Zeit Hashtags wie bodypositivity, strongnotskinny, bodyappreciation, selbstliebe, aber auch bodyshaming und iwanttobeskinny durch die sozialen Medien. Die Bodypositivity-Bewegung, die sich momentan über alle Altersklassen und Bildungsschichten hinweg medial ausbreitet zeigt wie umfassend das Thema ist und wie viel Kommunikations- und Informationsbedarf es hier zu geben scheint. Im Leistungssport – und besonders beim Nachwuchs – ist der Umgang mit dem eigenen Körper schon lange ein Thema. Wie so häufig wird dieses Thema eher mit Frauen und jungen Mädchen in Verbindung gebracht. Auch wenn über den Nachwuchsleistungssport geredet wird, sind es oftmals die Sportlerinnen, die mit körperlichen Problemen (wie z. B. Gewichtsprobleme, körperliches Unwohlsein bis hin zu Essstörungen) kämpfen. Aber auch für die Jungs spielt der Körper im Leistungssport eine große Rolle, weil er für alle Nachwuchsathleten gleichermaßen das wichtigste Gut zur Leistungserbringung ist.
Welche Rolle spielt das körperliche Wohlbefinden für einen jugendlichen Nachwuchssportler?
Die Frage mag rhetorisch klingen, ist sie im Grunde auch. Ist doch logisch, dass das körperliche Wohlbefinden im Leistungssport eine große Rolle spielt. Ganz einfach, oder? Nein, so einfach ist es dann doch nicht. Es fängt mit der Frage an, was genau körperliches Wohlbefinden eigentlich ist und wodurch es sich auszeichnet.
In der sportpsychologischen Forschung wird die Beziehung zum eigenen Körper häufig unter dem physischen Selbstkonzept zusammengefasst. Dieses physische Selbstkonzept wirkt auf das Selbstwertgefühl. Besonders im Jugendalter unterliegt die Einstellung zum eigenen Körper einem Veränderungsprozess, weil hormonelle Prozesse zu einer emotionalen Achterbahnfahrt führen und sichtbare körperliche Veränderungen eintreten. Dies hat zum einen unmittelbare Auswirkungen auf die körperliche Leistungsfähigkeit der jungen Athleten und zum anderen bedarf es einer Auseinandersetzung und Akzeptanz mit dem neuen Erscheinungsbild. Das körperliche Wohlbefinden spielt also – mal mehr, mal weniger bewusst – eine große Rolle im sportlichen Leben der Nachwuchsathleten.
Die Verkörperung – ein philosophischer Diskurs
Der Mensch ist Körper und der Mensch hat Körper. Körper haben und Körper sein hängen unmittelbar miteinander zusammen und können dennoch getrennt voneinander betrachtet und erlebt werden. Es ist möglich, sich als denkender Mensch von seinem Körper getrennt zu erleben. Oftmals handelt es sich hierbei nicht um einen aktiven Prozess, sondern beispielsweise eine Vermeidungsstrategie, wenn z.B. Stresssymptome (wie Kopfschmerzen oder Tinitus) nicht wahrgenommen werden. In vielen alltäglichen Situationen hat der Mensch einen Körper, ohne sich diesem ständig bewusst zu sein.
Ein Sportler ist sich seines Körpers und dessen Möglichkeiten und Grenzen in höherem zeitlichen Umfang bewusst, weil es in der sportlichen Betätigung zu einer aktiven Auseinandersetzung mit ihm kommt. Dieses Bewusst-Sein bezieht sich auf diverse körperliche Aspekte, wie z.B. die sportartenspezifische Leistungsfähigkeit, Verletzungen und das Erscheinungsbild. Die Beziehung zum eigenen Körper ist für einen Leistungssportler in all ihren Facetten allgegenwärtig.
Können sportpsychologische Methoden zum Gleichgewicht von Körper und Psyche beitragen?
Es ist mittlerweile unumstritten, dass eine unmittelbare Beziehung von Körper und Geist besteht. Immer mehr Menschen – und Sportler – setzen sich mit mentaler Leistungssteigerung auseinander. Aber kann die mentale Ebene auch das körperliche Wohlbefinden beeinflussen? Was kann ein Sportler tun, wenn er mit seinem Körper, einzigen Körperteilen oder seinem körperlichen Erscheinungsbild unzufrieden ist?
Schon anhand der Fragen wird deutlich, wie facetten- und umfangreich dieses Thema ist. Im Rahmen eines sportpsychologischen Settings können Emotionen, die im Umgang mit dem eigenen Körper auftauchen, thematisiert werden. Schon allein dieses „Raum geben“ kann Erleichterung verschaffen. Darüber hinaus ist es besonders für Nachwuchsathleten wichtig, einen geschützten Rahmen zu haben, in dem ihre Emotionen, Ängste und Sorgen aufgehoben sind. Und gerade in der Phase der Pubertät ist das Körper-Thema ein sehr empfindliches. Sportpsychologische Methoden, wie z.B. die Möglichkeiten der Emotionsregulationen können dabei verhelfen Körper und Psyche wieder in Einklang zu bringen.
Literatur:
Alfermann, D., Stiller, Jeannine & Würth, Sabine (2003). Das physische Selbstkonzept bei sportlich aktiven Jugendlichen in Abhängigkeit von sportlicher Leistungsentwicklung und Geschlecht. Zeitschrift für Sportpsychologie, 35 (3), S. 135-143.
Shavelson, R.J., Hubner J.J. & Stanton, G.C. (1976). Self-Concept: Validation of Construct Interpretations. Review of Educational Research, 46 (3), S. 407-441.
Stiller, Jeannine & Alfermann, Dorothee (2005). Selbstkonzept im Sport. Zeitschrift für Sportpsychologie, 12 (4), S. 119-126.
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