Höhenangst ist weder eine Seltenheit noch wird sie als besonders gravierend erachtet. Spätestens bei der Vierschanzentournee sorgte aber der norwegische Skispringer Daniel Andre Tande für echtes Aufsehen, dessen offenbar ausgeprägte Angst vor der Höhe die mediale Runde machte. Ein existentielles Problem für einen Athleten wie Tande, oder? Nein, viele Athletinnen und Athleten kämpfen in bestimmten (Wettkampf-)Situationen gegen Furcht an. Und zudem gibt es ausreichend Lösungen.
Zum Thema: Wie kann die Angst bewältigt werden?
Angst gehört, wie Freude, Wut oder Ärger, zu unseren grundlegenden Gefühlen. Sie tritt normalerweise als Reaktion auf ein bedrohliches oder unkontrollierbares Ereignis auf. Die Angst führt dazu, dass wir bedrohliche Situationen meiden. Somit erfüllt sie eine wichtige Funktion zum Überleben.
Verliert die Angst ihre Situationsadäquatheit kann sie schnell zum Hindernis werden. In extremen Fällen kann die Angst auch pathologische Ausmasse annehmen. Dabei wird die Angstreaktion als subjektiv unverhältnismässig oder unbegründet eingestuft. Wirft man einen Blick über den Zaun in die Klinische Psychologie, sind zwei Bereiche der phobischen Störungen für die Sportpsychologie relevant. Zum einen ist dies die spezifische Phobie. Diese richtet sich gegen bestimmte Stressoren wie zum Beispiel Gegenstände, Tiere, enge Räume oder auch Orte. In der Folge kommt es häufig zu Vermeidungsverhalten. Und zum Anderen stellt die soziale Phobie einen interessanten Gegenstand der Sportpsychologie dar. Das Kernmerkmal ist die übermässige Angst vor negativer Bewertung in leistungsbezogenen Situationen. Die Sporttreibenden, welche unweigerlich solchen Situationen ausgesetzt sind, werden deshalb andauernd mit dem daraus resultierenden Druck konfrontiert. Fehlen ihnen die entsprechenden Strategien, um damit umzugehen, kann sich der ausgelöste Stress in einer Wettkampfangst manifestieren.
Selbstverständlich ist es in vielen Situationen übertrieben von einer pathologischen phobischen Störung zu sprechen. Dennoch bewirken die Ängste, dass die Leistung negativ beeinträchtigt wird und das Wohlbefinden abnimmt. Grund genug, Massnahmen zur Bewältigung der Angst zu ergreifen.
Wie äussern sich Angstreaktionen?
Angstreaktionen äussern sich auf unterschiedliche Weise. Die Stärke und Häufigkeit sind dabei sehr verschieden. Angst kann auf der kognitiven, der somatischen und der Verhaltensebene betrachtet werden. Auf der kognitiven Ebene sind es vorwiegend negative Gedanken, die im Zusammenhang einer als bedrohlich wahrgenommenen Situation entstehen. Diese führen dazu, dass das Selbstbewusstsein abnimmt und die Vorstellung zu versagen aufkommt. Auch geht durch die störende Denkweise die Konzentration auf das Wesentliche verloren. Es fällt schlussendlich schwer, aus dem Strudel der negativen Gedanken zu entkommen.
Angst löst nicht nur auf der Gedankenebene spezifische Reaktionen aus. Ebenso können bei Furcht somatische Veränderungen festgestellt werden. Klassisches Beispiel dafür sind das plötzliche Ansteigen des Pulses und des Blutdrucks, das Aufkommen von schwitzenden Händen, der trockene Mund und das flaue Gefühl im Magen, bis hin zu Muskelverkrampfungen und Zittern. Der Körper reagiert auf die gefährliche Situation, indem er sich auf die Flucht oder den Kampf vorbereitet (fight-or-flight response).
Das Zusammenspiel der negativen Kognitionen mit den somatischen Reaktionen manifestieren sich letzten Endes auch im Verhalten. So werden beispielsweise bestimmte (Spiel-)Situationen bewusst gemieden, oder lediglich zaghaft angegangen. Auch die Körpersprache passt sich den vorherrschenden Gedanken und körperlichen Bedingungen an. Der Körper fällt etwa ein, der Augenkontakt wird vermieden oder an den Fingernägeln gekaut.
http://die-sportpsychologen.ch/2016/01/07/dr-hanspeter-gubelmann-wenn-angst-mitfliegt/
Welche Strategien zur Angstreaktion gibt es?
Wie bereits oben erwähnt, treten die Angstsymptome auf den drei Ebenen in unterschiedlichem Masse auf. Je nach deren Ausprägung lassen sich Anknüpfungspunkte zur Angstbewältigung festmachen. Um der Höhenangst zu entgegnen, setzt Daniel Andre Tande auf eine einfache Ablenkungstechnik: „Ich versuche dann aber einfach nur in die Ferne zu starren.“
Die Ablenkungstechnik kennzeichnet sich durch die Aufmerksamkeits- und Konzentrationslenkung in eine andere Richtung. Durch den Blick in die Ferne wird die Höhe nicht mehr derart bedrohlich wahrgenommen. Die Angstreaktion vermindert sich oder bleibt ganz aus.
Negative Denkmuster verdrängen
Nebst der Ablenkungstechnik gibt es noch weitere Möglichkeiten, die Angstzustände zu bewältigen. Mit positiven Selbstgesprächen kann auf der kognitiven Ebene, den negativen Gedanken entgegnet werden. Sie verfolgen das Ziel, durch Zureden die negativen Denkmuster zugunsten von Positiven zu verdrängen und so gleichzeitig das Selbstwertgefühl zu stärken.
Auch auf somatischer Ebene gibt es Möglichkeiten, den übermässigen Erregungszustand zu regulieren. Mittels dem bewussten Ein- und Ausatmen kann der Puls gesenkt und die Anspannung reduziert werden. Atmen Sie dazu tief ein, halten die Luft für eine Sekunde an und atmen anschliessend wieder entspannt aus.
Weitere Möglichkeiten
Ebenfalls sind Autogenes Training und Progressive Muskelrelaxation geeignete Mittel, ein entspannteres Aktivierungsniveau zu erreichen. Und zu guter Letzt gibt es Möglichkeiten, auf der Verhaltensebene anzusetzen. Eine positive Körperhaltung, diese äussert sich durch eine aufrechte Position mit gestärkter Brust, führt zu einem besserem Selbstbewusstsein und einer positiver Grundstimmung.
Literatur:
Perrez, M. & Baumann, U. (2005). Lehrbuch Klinische Psychologie – Psychotherapie (3., vollständig überarbeitete Auflage). Bern: Verlag Hans Huber.
Alfermann, D., & Stoll, O. (2010). Sportpsychologie: Ein Lehrbuch in 12 Lektionen (3., überarbeitete Auflage). Aachen: Meyer & Meyer.
Externer Hinweis:
Zum Thema engagiert sich eine spannende Plattform, schaut gern mal vorbei: https://starkauchohnemuckis.de/kind-hat-angst-vor-lauten-geraeuschen/
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